Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

nita viel grösser, als diese Proceß-Ordnung. Dahero gehet mein votum dahin / daß diese Ordnung noch nicht reiff seye, sondern daß ein des Processes erfahrner Mann sie dergestalt einrichten müsse, daß die bishero vorgekommene dubia und controversiae mit kurtzen Worten darinnen deutlich exprimiret und gehoben werden.

§. V. Nachdem ich nun diese vota beysammen und mit attentionDas Responsum selbst / nebst dessen summarischen Inhalt in margine. durchlesen hatte, trug ich hernach in pleno die Sache nochmahls distincte von Artickel zu Artickel der neuen Proceß-Ordnung vor, referirte, was bey ieden derselben von meinen Herren Collegen erinnert worden, truge auch dabey vor / was ich etwan noch über dieses für mich angemercket hatte, (welches man in der Ausarbeitung des responsi gar leicht wird finden können,) und wurde darauf nicht per pluralitatem votorum, sondern einmüthig geschlossen, daß das responsum von mir, wie es nun folget, aufgesetzet werden solte, (welches auch noch im Februario 1717. geschahe) dessen summarischen Inhalt ich um mehrerer Annehmlichkeit willen ietzo in margine beygefüget.

Als dieselben uns das Concept einer Verordnung von Abkürtzung der Proceße zugeschickt, und gebeten, dieselbe mit Fleiß durchzugehen, und nicht alleine, was darinnen zu ändern und zu verbessern seyn möchte, zu erinnern, sondern auch, wie etwa eine andere und bessere Verordnung aufzusetzen, an die Hand zu geben; demnach haben wir Ordinarius &c. nach vorhergegangener fleißiger Durchlesung des zu geschickten Concepts, so von einen jeden unter uns insbesondre geschehen, uns zusammen gethan, und nach gebührender Uberlegung, so viel der Sachen Wichtigkeit erfordert, uns einmüthig nach folgender Antwort verglichen.

Es ist freylich an dem, daß unerachtet die langwierige administrationLob der guten Intention. der Justitz und Verzögerung derselben dem gemeinen Wesen höchstschädlich ist, auch viele rechtschaffene gelehrte Männer bißher fast in die 200. Jahr in öffentlichen Schrifften, auch die gesamte Reichs- u. eines ieden Reichs-Stands Land-Stände auf Reichs-und Land-Tägen vielfältig drüber geklagt, und wie diesem Ubel zu helffen wäre, so wohl gerathen, als auch durch allerhand neue Gesetze, Decisiones, Constitutiones und Proceß-Ordnungen in der That selbst zu verbessern getrachtet, dennoch zeithero, an statt, daß dieses alles den erwünschten Zweck erreichen sollen, vielmehr dem allen zuwieder das Ubel immer mehr und mehr zugenommen, es

nita viel grösser, als diese Proceß-Ordnung. Dahero gehet mein votum dahin / daß diese Ordnung noch nicht reiff seye, sondern daß ein des Processes erfahrner Mann sie dergestalt einrichten müsse, daß die bishero vorgekommene dubia und controversiae mit kurtzen Worten darinnen deutlich exprimiret und gehoben werden.

§. V. Nachdem ich nun diese vota beysammen und mit attentionDas Responsum selbst / nebst dessen summarischen Inhalt in marginè. durchlesen hatte, trug ich hernach in pleno die Sache nochmahls distincte von Artickel zu Artickel der neuen Proceß-Ordnung vor, referirte, was bey ieden derselben von meinen Herren Collegen erinnert worden, truge auch dabey vor / was ich etwan noch über dieses für mich angemercket hatte, (welches man in der Ausarbeitung des responsi gar leicht wird finden können,) und wurde darauf nicht per pluralitatem votorum, sondern einmüthig geschlossen, daß das responsum von mir, wie es nun folget, aufgesetzet werden solte, (welches auch noch im Februario 1717. geschahe) dessen summarischen Inhalt ich um mehrerer Annehmlichkeit willen ietzo in margine beygefüget.

Als dieselben uns das Concept einer Verordnung von Abkürtzung der Proceße zugeschickt, und gebeten, dieselbe mit Fleiß durchzugehen, und nicht alleine, was darinnen zu ändern und zu verbessern seyn möchte, zu erinnern, sondern auch, wie etwa eine andere und bessere Verordnung aufzusetzen, an die Hand zu geben; demnach haben wir Ordinarius &c. nach vorhergegangener fleißiger Durchlesung des zu geschickten Concepts, so von einen jeden unter uns insbesondre geschehen, uns zusam̃en gethan, und nach gebührender Uberlegung, so viel der Sachen Wichtigkeit erfordert, uns einmüthig nach folgender Antwort verglichen.

Es ist freylich an dem, daß unerachtet die langwierige administrationLob der guten Intention. der Justitz und Verzögerung derselben dem gemeinen Wesen höchstschädlich ist, auch viele rechtschaffene gelehrte Männer bißher fast in die 200. Jahr in öffentlichen Schrifften, auch die gesamte Reichs- u. eines ieden Reichs-Stands Land-Stände auf Reichs-und Land-Tägen vielfältig drüber geklagt, und wie diesem Ubel zu helffen wäre, so wohl gerathen, als auch durch allerhand neue Gesetze, Decisiones, Constitutiones und Proceß-Ordnungen in der That selbst zu verbessern getrachtet, dennoch zeithero, an statt, daß dieses alles den erwünschten Zweck erreichen sollen, vielmehr dem allen zuwieder das Ubel immer mehr und mehr zugenommen, es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0157" n="149"/>
nita viel grösser, als diese                      Proceß-Ordnung. Dahero gehet mein votum dahin / daß diese Ordnung noch nicht                      reiff seye, sondern daß ein des Processes erfahrner Mann sie dergestalt                      einrichten müsse, daß die bishero vorgekommene dubia und controversiae mit                      kurtzen Worten darinnen deutlich exprimiret und gehoben werden.</p>
        <p>§. V. Nachdem ich nun diese vota beysammen und mit attention<note place="right">Das <hi rendition="#i">Responsum</hi> selbst / nebst                          dessen summarischen Inhalt <hi rendition="#i">in marginè</hi>.</note>                      durchlesen hatte, trug ich hernach in pleno die Sache nochmahls distincte von                      Artickel zu Artickel der neuen Proceß-Ordnung vor, referirte, was bey ieden                      derselben von meinen Herren Collegen erinnert worden, truge auch dabey vor / was                      ich etwan noch über dieses für mich angemercket hatte, (welches man in der                      Ausarbeitung des responsi gar leicht wird finden können,) und wurde darauf nicht                      per pluralitatem votorum, sondern einmüthig geschlossen, daß das responsum von                      mir, wie es nun folget, aufgesetzet werden solte, (welches auch noch im                      Februario 1717. geschahe) dessen summarischen Inhalt ich um mehrerer                      Annehmlichkeit willen ietzo in margine beygefüget.</p>
        <p>Als dieselben uns das Concept einer Verordnung von Abkürtzung der Proceße                      zugeschickt, und gebeten, dieselbe mit Fleiß durchzugehen, und nicht alleine,                      was darinnen zu ändern und zu verbessern seyn möchte, zu erinnern, sondern auch,                      wie etwa eine andere und bessere Verordnung aufzusetzen, an die Hand zu geben;                      demnach haben wir Ordinarius &amp;c. nach vorhergegangener fleißiger                      Durchlesung des zu geschickten Concepts, so von einen jeden unter uns                      insbesondre geschehen, uns zusam&#x0303;en gethan, und nach gebührender                      Uberlegung, so viel der Sachen Wichtigkeit erfordert, uns einmüthig nach                      folgender Antwort verglichen.</p>
        <p>Es ist freylich an dem, daß unerachtet die langwierige administration<note place="right">Lob der guten <hi rendition="#i">Intention</hi>.</note> der Justitz und Verzögerung derselben dem gemeinen Wesen höchstschädlich ist, auch viele rechtschaffene gelehrte Männer bißher fast in die 200. Jahr in öffentlichen Schrifften, auch die gesamte Reichs- u. eines ieden Reichs-Stands Land-Stände auf Reichs-und Land-Tägen vielfältig drüber geklagt, und wie diesem Ubel zu helffen wäre, so wohl gerathen, als auch durch allerhand neue Gesetze, Decisiones, Constitutiones und Proceß-Ordnungen in der That selbst zu verbessern getrachtet, dennoch zeithero, an statt, daß dieses alles den erwünschten Zweck erreichen sollen, vielmehr dem allen zuwieder das Ubel immer mehr und mehr zugenommen, es
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0157] nita viel grösser, als diese Proceß-Ordnung. Dahero gehet mein votum dahin / daß diese Ordnung noch nicht reiff seye, sondern daß ein des Processes erfahrner Mann sie dergestalt einrichten müsse, daß die bishero vorgekommene dubia und controversiae mit kurtzen Worten darinnen deutlich exprimiret und gehoben werden. §. V. Nachdem ich nun diese vota beysammen und mit attention durchlesen hatte, trug ich hernach in pleno die Sache nochmahls distincte von Artickel zu Artickel der neuen Proceß-Ordnung vor, referirte, was bey ieden derselben von meinen Herren Collegen erinnert worden, truge auch dabey vor / was ich etwan noch über dieses für mich angemercket hatte, (welches man in der Ausarbeitung des responsi gar leicht wird finden können,) und wurde darauf nicht per pluralitatem votorum, sondern einmüthig geschlossen, daß das responsum von mir, wie es nun folget, aufgesetzet werden solte, (welches auch noch im Februario 1717. geschahe) dessen summarischen Inhalt ich um mehrerer Annehmlichkeit willen ietzo in margine beygefüget. Das Responsum selbst / nebst dessen summarischen Inhalt in marginè. Als dieselben uns das Concept einer Verordnung von Abkürtzung der Proceße zugeschickt, und gebeten, dieselbe mit Fleiß durchzugehen, und nicht alleine, was darinnen zu ändern und zu verbessern seyn möchte, zu erinnern, sondern auch, wie etwa eine andere und bessere Verordnung aufzusetzen, an die Hand zu geben; demnach haben wir Ordinarius &c. nach vorhergegangener fleißiger Durchlesung des zu geschickten Concepts, so von einen jeden unter uns insbesondre geschehen, uns zusam̃en gethan, und nach gebührender Uberlegung, so viel der Sachen Wichtigkeit erfordert, uns einmüthig nach folgender Antwort verglichen. Es ist freylich an dem, daß unerachtet die langwierige administration der Justitz und Verzögerung derselben dem gemeinen Wesen höchstschädlich ist, auch viele rechtschaffene gelehrte Männer bißher fast in die 200. Jahr in öffentlichen Schrifften, auch die gesamte Reichs- u. eines ieden Reichs-Stands Land-Stände auf Reichs-und Land-Tägen vielfältig drüber geklagt, und wie diesem Ubel zu helffen wäre, so wohl gerathen, als auch durch allerhand neue Gesetze, Decisiones, Constitutiones und Proceß-Ordnungen in der That selbst zu verbessern getrachtet, dennoch zeithero, an statt, daß dieses alles den erwünschten Zweck erreichen sollen, vielmehr dem allen zuwieder das Ubel immer mehr und mehr zugenommen, es Lob der guten Intention.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/157
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/157>, abgerufen am 21.11.2024.