Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.zu lesen und zum Grunde zu setzen. Nach diesem waren noch andere Umständemen Ursachen dieser hundtägigen Lehre. und die daher genommene rationes decidendi occultae etwa folgende. Der Herr Bräutigam Bartholomaei war zwar Catholisch, denen die orthodoxi Lutherani sonst nicht gerne, zumahl in absurden gottlosen Dingen Dienste thun; aber er war dabey Chur-Fürstlicher Mignon und kunte seinen guten Freunden wieder nachdrückliche Dienste thun. Zudem hatte seine in das Consistorium zu L. eingeschickte species facti etliche bezaubernde Qualitäten an sich. D. Geyer zu Dreßden hatte schon zu verstehen geben, daß er diesem Werck nicht favorisirte, hingegen der Superintendens D. Bulaeus hatte zu verstehen gegeben, daß er es, so viel an ihm, secundiren wolte, wenn man nur von einem Chur-Sächsischen Collegio ein responsum pro matrimonio würde erhalten können. Hier stacke man nun zwischen Thür und Angel. Die Leipzigische und Wittenbergische Theologische Facultäten waren wegen vieler Ursachen verdächtig; die Consistoria in Sachsen hatten sich billich für dem Herrn D. Geyern als einem ehrlichen und rechtschaffenen Theologo, auch Ober-Hof-Prediger und Kirchen-Rath zu scheuen und zu fürchten: aber es fügte sich eben, daß zur selbigen Zeit ein aus dem Brandenburgischen wegen seines unzeitigen Eyffers wieder die Reformirten dimittirter Prediger in Leipzig sein Glück gefunden hatte, und Pastor auch Assessor im Consistorio worden war. Dieser hatte, wie noch vielen bekannt, nicht allein einen Superintendenten (zu welchem Glück er auch bald gelangte) sondern auch einen Ober-Hoff-Prediger, ja gar einen Lutherischen Pabst im Leibe, und weil ihm der Herr Bartholomäi grosse Dienste leisten konte, die Juristen aber, die im Consistorio mit sassen, entweder öffters wegen anderer Aemter abwesend waren, oder doch sonsten nach damahligen Gebrauch auf Universitäten vom Jure Ecclesiastico gar nichts gehöret hatten und also gemeiniglich der Theologischen Assessorum ihre Jaherren waren; als versprach er denen bey dieser Capaunen-Heyrath interessirten, ein responsum aus dem Consistorio zu L. und dieses ist also die Haupt-Ursache, warumb das erste responsum in dieser Sache nicht von einer Theol. oder Jurist. Facultät, sondern gantz ungewöhnlich von einem Consistorio & quidem inferiore eingehohlet worden. Es wurde auch diese Cautel dabey gebraucht, daß ein gantz andrer casus mit eingemischten vielen Umständen fingiret und eingeschickt wurde, durch welche die, denen das arcanum nicht bewust war, desto ehe verleitet werden kunten, das durch dieses responsum erfolgte nothwendige scandalum nicht so einzusehen; zumahlen, da bereits in der Urtheils-Frage zugleich viel rationes zu lesen und zum Grunde zu setzen. Nach diesem waren noch andere Umständemen Ursachen dieser hundtägigen Lehre. und die daher genommene rationes decidendi occultae etwa folgende. Der Herr Bräutigam Bartholomaei war zwar Catholisch, denen die orthodoxi Lutherani sonst nicht gerne, zumahl in absurden gottlosen Dingen Dienste thun; aber er war dabey Chur-Fürstlicher Mignon und kunte seinen guten Freunden wieder nachdrückliche Dienste thun. Zudem hatte seine in das Consistorium zu L. eingeschickte species facti etliche bezaubernde Qualitäten an sich. D. Geyer zu Dreßden hatte schon zu verstehen geben, daß er diesem Werck nicht favorisirte, hingegen der Superintendens D. Bulaeus hatte zu verstehen gegeben, daß er es, so viel an ihm, secundiren wolte, wenn man nur von einem Chur-Sächsischen Collegio ein responsum pro matrimonio würde erhalten können. Hier stacke man nun zwischen Thür und Angel. Die Leipzigische und Wittenbergische Theologische Facultäten waren wegen vieler Ursachen verdächtig; die Consistoria in Sachsen hatten sich billich für dem Herrn D. Geyern als einem ehrlichen und rechtschaffenen Theologo, auch Ober-Hof-Prediger und Kirchen-Rath zu scheuen und zu fürchten: aber es fügte sich eben, daß zur selbigen Zeit ein aus dem Brandenburgischen wegen seines unzeitigen Eyffers wieder die Reformirten dimittirter Prediger in Leipzig sein Glück gefunden hatte, und Pastor auch Assessor im Consistorio worden war. Dieser hatte, wie noch vielen bekannt, nicht allein einen Superintendenten (zu welchem Glück er auch bald gelangte) sondern auch einen Ober-Hoff-Prediger, ja gar einen Lutherischen Pabst im Leibe, und weil ihm der Herr Bartholomäi grosse Dienste leisten konte, die Juristen aber, die im Consistorio mit sassen, entweder öffters wegen anderer Aemter abwesend waren, oder doch sonsten nach damahligen Gebrauch auf Universitäten vom Jure Ecclesiastico gar nichts gehöret hatten und also gemeiniglich der Theologischen Assessorum ihre Jaherren waren; als versprach er denen bey dieser Capaunen-Heyrath interessirten, ein responsum aus dem Consistorio zu L. und dieses ist also die Haupt-Ursache, warumb das erste responsum in dieser Sache nicht von einer Theol. oder Jurist. Facultät, sondern gantz ungewöhnlich von einem Consistorio & quidem inferiore eingehohlet wordẽ. Es wurde auch diese Cautel dabey gebraucht, daß ein gantz andrer casus mit eingemischtẽ vielen Umständen fingiret und eingeschickt wurde, durch welche die, denen das arcanum nicht bewust war, desto ehe verleitet werden kunten, das durch dieses responsum erfolgte nothwendige scandalum nicht so einzusehen; zumahlen, da bereits in der Urtheils-Frage zugleich viel rationes <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0265" n="257"/> zu lesen und zum Grunde zu setzen. Nach diesem waren noch andere Umstände<note place="right">men Ursachen dieser hundtägigen Lehre.</note> und die daher genommene rationes decidendi occultae etwa folgende. Der Herr Bräutigam Bartholomaei war zwar Catholisch, denen die orthodoxi Lutherani sonst nicht gerne, zumahl in absurden gottlosen Dingen Dienste thun; aber er war dabey Chur-Fürstlicher Mignon und kunte seinen guten Freunden wieder nachdrückliche Dienste thun. Zudem hatte seine in das Consistorium zu L. eingeschickte species facti etliche bezaubernde Qualitäten an sich. D. Geyer zu Dreßden hatte schon zu verstehen geben, daß er diesem Werck nicht favorisirte, hingegen der Superintendens D. Bulaeus hatte zu verstehen gegeben, daß er es, so viel an ihm, secundiren wolte, wenn man nur von einem Chur-Sächsischen Collegio ein responsum pro matrimonio würde erhalten können. Hier stacke man nun zwischen Thür und Angel. Die Leipzigische und Wittenbergische Theologische Facultäten waren wegen vieler Ursachen verdächtig; die Consistoria in Sachsen hatten sich billich für dem Herrn D. Geyern als einem ehrlichen und rechtschaffenen Theologo, auch Ober-Hof-Prediger und Kirchen-Rath zu scheuen und zu fürchten: aber es fügte sich eben, daß zur selbigen Zeit ein aus dem Brandenburgischen wegen seines unzeitigen Eyffers wieder die Reformirten dimittirter Prediger in Leipzig sein Glück gefunden hatte, und Pastor auch Assessor im Consistorio worden war. Dieser hatte, wie noch vielen bekannt, nicht allein einen Superintendenten (zu welchem Glück er auch bald gelangte) sondern auch einen Ober-Hoff-Prediger, ja gar einen Lutherischen Pabst im Leibe, und weil ihm der Herr Bartholomäi grosse Dienste leisten konte, die Juristen aber, die im Consistorio mit sassen, entweder öffters wegen anderer Aemter abwesend waren, oder doch sonsten nach damahligen Gebrauch auf Universitäten vom Jure Ecclesiastico gar nichts gehöret hatten und also gemeiniglich der Theologischen Assessorum ihre Jaherren waren; als versprach er denen bey dieser Capaunen-Heyrath interessirten, ein responsum aus dem Consistorio zu L. und dieses ist also die Haupt-Ursache, warumb das erste responsum in dieser Sache nicht von einer Theol. oder Jurist. Facultät, sondern gantz ungewöhnlich von einem Consistorio & quidem inferiore eingehohlet wordẽ. Es wurde auch diese Cautel dabey gebraucht, daß ein gantz andrer casus mit eingemischtẽ vielen Umständen fingiret und eingeschickt wurde, durch welche die, denen das arcanum nicht bewust war, desto ehe verleitet werden kunten, das durch dieses responsum erfolgte nothwendige scandalum nicht so einzusehen; zumahlen, da bereits in der Urtheils-Frage zugleich viel rationes </p> </div> </body> </text> </TEI> [257/0265]
zu lesen und zum Grunde zu setzen. Nach diesem waren noch andere Umstände und die daher genommene rationes decidendi occultae etwa folgende. Der Herr Bräutigam Bartholomaei war zwar Catholisch, denen die orthodoxi Lutherani sonst nicht gerne, zumahl in absurden gottlosen Dingen Dienste thun; aber er war dabey Chur-Fürstlicher Mignon und kunte seinen guten Freunden wieder nachdrückliche Dienste thun. Zudem hatte seine in das Consistorium zu L. eingeschickte species facti etliche bezaubernde Qualitäten an sich. D. Geyer zu Dreßden hatte schon zu verstehen geben, daß er diesem Werck nicht favorisirte, hingegen der Superintendens D. Bulaeus hatte zu verstehen gegeben, daß er es, so viel an ihm, secundiren wolte, wenn man nur von einem Chur-Sächsischen Collegio ein responsum pro matrimonio würde erhalten können. Hier stacke man nun zwischen Thür und Angel. Die Leipzigische und Wittenbergische Theologische Facultäten waren wegen vieler Ursachen verdächtig; die Consistoria in Sachsen hatten sich billich für dem Herrn D. Geyern als einem ehrlichen und rechtschaffenen Theologo, auch Ober-Hof-Prediger und Kirchen-Rath zu scheuen und zu fürchten: aber es fügte sich eben, daß zur selbigen Zeit ein aus dem Brandenburgischen wegen seines unzeitigen Eyffers wieder die Reformirten dimittirter Prediger in Leipzig sein Glück gefunden hatte, und Pastor auch Assessor im Consistorio worden war. Dieser hatte, wie noch vielen bekannt, nicht allein einen Superintendenten (zu welchem Glück er auch bald gelangte) sondern auch einen Ober-Hoff-Prediger, ja gar einen Lutherischen Pabst im Leibe, und weil ihm der Herr Bartholomäi grosse Dienste leisten konte, die Juristen aber, die im Consistorio mit sassen, entweder öffters wegen anderer Aemter abwesend waren, oder doch sonsten nach damahligen Gebrauch auf Universitäten vom Jure Ecclesiastico gar nichts gehöret hatten und also gemeiniglich der Theologischen Assessorum ihre Jaherren waren; als versprach er denen bey dieser Capaunen-Heyrath interessirten, ein responsum aus dem Consistorio zu L. und dieses ist also die Haupt-Ursache, warumb das erste responsum in dieser Sache nicht von einer Theol. oder Jurist. Facultät, sondern gantz ungewöhnlich von einem Consistorio & quidem inferiore eingehohlet wordẽ. Es wurde auch diese Cautel dabey gebraucht, daß ein gantz andrer casus mit eingemischtẽ vielen Umständen fingiret und eingeschickt wurde, durch welche die, denen das arcanum nicht bewust war, desto ehe verleitet werden kunten, das durch dieses responsum erfolgte nothwendige scandalum nicht so einzusehen; zumahlen, da bereits in der Urtheils-Frage zugleich viel rationes
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