Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.XI. Handel. Des Cantzler Schwartzkopffs zu Braunschweig Bedencken von Einrichtung des Juris circa sacra. §. I. Das Recht in geistlichen Sachen ist das vornehmste Regal / woran die gantze Majestät hänget. GLeichwie nach dem Zeugnüß aller Politicorum und der Erfahrenheit selbst der rechte und einige nervus eines jeden Regiments oder Status, wenn man desselben versichert seyn, und von allerhand gefährlichen Anstössen verwahren will, darin bestehet, daß der Regent 1) die Ecclesiastica, 2) Civilia, 3) Militaria in seinen Händen habe, sintemahl in solchen dreyen alle Majestas & Potestas Imperantium bestehet, und mit einem Wort davon zu reden, das gantze Jus pacis & belli absolviret wird; Also hat keines unter solchen dreyen eine grössere Macht, einem Statum zu conserviren, als die Ecclesiastica, Religio, oder Kirchen-Sachen. Es bezeuget auch die Erfahrung, und ist in dem andern capite deren sub proelo vorhandener Fürstlichen Kirchen-Ordnung mit wenig Worten, jedoch aus dem wahren fundamento ausgeführet, was daraus erfolge, wenn der Regent den Zügel in geistlichen Sachen nicht in seinen Händen hat, sondern den Geistlichen denselben lässet: Das gantze Römische Reich ist anfangs aus dieser einigen Ursach um seinen splendorem kommen, und dessen Macht und Herrlichkeit, dafür sich sonst die gantze Welt gefürchtet, unterbrochen worden, daß man den Papst und seinen Geistlichen in dem Kirchen-Regiment zu viel Macht gelassen. Vieler andrer unzehliger Exempel zu geschweigen, ist unleugbahr, daß unlängst aller Königlicher Status in Engeland durch nichts anders umgestürtzet, und inaudito plane exemplo der König durch den Hencker hingerichtet worden, alle dessen hohe Ministri, alle treffliche Häuser, das gantze Parlament, und alles, was ad priorem Reip. formam gehöret, zu Grunde evertiret, so gar, daß auch endlich derer vornehmsten Capitum unter den Geistlichen selbst nicht geschohnet worden, denn nur bloß und allein dadurch, daß bey dero durch Henricum VIII. angestelleten Reformation der König seine gebührende authorität in dem Kirchen- XI. Handel. Des Cantzler Schwartzkopffs zu Braunschweig Bedencken von Einrichtung des Juris circa sacra. §. I. Das Recht in geistlichen Sachen ist das vornehmste Regal / woran die gantze Majestät hänget. GLeichwie nach dem Zeugnüß aller Politicorum und der Erfahrenheit selbst der rechte und einige nervus eines jeden Regiments oder Status, wenn man desselben versichert seyn, und von allerhand gefährlichen Anstössen verwahren will, darin bestehet, daß der Regent 1) die Ecclesiastica, 2) Civilia, 3) Militaria in seinen Händen habe, sintemahl in solchen dreyen alle Majestas & Potestas Imperantium bestehet, und mit einem Wort davon zu reden, das gantze Jus pacis & belli absolviret wird; Also hat keines unter solchen dreyen eine grössere Macht, einem Statum zu conserviren, als die Ecclesiastica, Religio, oder Kirchen-Sachen. Es bezeuget auch die Erfahrung, und ist in dem andern capite deren sub proelo vorhandener Fürstlichen Kirchen-Ordnung mit wenig Worten, jedoch aus dem wahren fundamento ausgeführet, was daraus erfolge, wenn der Regent den Zügel in geistlichen Sachen nicht in seinen Händen hat, sondern den Geistlichen denselben lässet: Das gantze Römische Reich ist anfangs aus dieser einigen Ursach um seinen splendorem kommen, und dessen Macht und Herrlichkeit, dafür sich sonst die gantze Welt gefürchtet, unterbrochen worden, daß man den Papst und seinen Geistlichen in dem Kirchen-Regiment zu viel Macht gelassen. Vieler andrer unzehliger Exempel zu geschweigen, ist unleugbahr, daß unlängst aller Königlicher Status in Engeland durch nichts anders umgestürtzet, und inaudito plane exemplo der König durch den Hencker hingerichtet worden, alle dessen hohe Ministri, alle treffliche Häuser, das gantze Parlament, und alles, was ad priorem Reip. formam gehöret, zu Grunde evertiret, so gar, daß auch endlich derer vornehmsten Capitum unter den Geistlichen selbst nicht geschohnet worden, denn nur bloß und allein dadurch, daß bey dero durch Henricum VIII. angestelleten Reformation der König seine gebührende authorität in dem Kirchen- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0348" n="340"/> </div> <div> <head>XI. Handel. Des Cantzler Schwartzkopffs zu Braunschweig Bedencken von Einrichtung des Juris circa sacra.</head><lb/> </div> <div> <head>§. 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Es bezeuget auch die Erfahrung, und ist in dem andern capite deren sub proelo vorhandener Fürstlichen Kirchen-Ordnung mit wenig Worten, jedoch aus dem wahren fundamento ausgeführet, was daraus erfolge, wenn der Regent den Zügel in geistlichen Sachen nicht in seinen Händen hat, sondern den Geistlichen denselben lässet: Das gantze Römische Reich ist anfangs aus dieser einigen Ursach um seinen splendorem kommen, und dessen Macht und Herrlichkeit, dafür sich sonst die gantze Welt gefürchtet, unterbrochen worden, daß man den Papst und seinen Geistlichen in dem Kirchen-Regiment zu viel Macht gelassen. Vieler andrer unzehliger Exempel zu geschweigen, ist unleugbahr, daß unlängst aller Königlicher Status in Engeland durch nichts anders umgestürtzet, und inaudito plane exemplo der König durch den Hencker hingerichtet worden, alle dessen hohe Ministri, alle treffliche Häuser, das gantze Parlament, und alles, was ad priorem Reip. formam gehöret, zu Grunde evertiret, so gar, daß auch endlich derer vornehmsten Capitum unter den Geistlichen selbst nicht geschohnet worden, denn nur bloß und allein dadurch, daß bey dero durch Henricum VIII. angestelleten Reformation der König seine gebührende authorität in dem Kirchen- </p> </div> </body> </text> </TEI> [340/0348]
XI. Handel. Des Cantzler Schwartzkopffs zu Braunschweig Bedencken von Einrichtung des Juris circa sacra.
§. I.
GLeichwie nach dem Zeugnüß aller Politicorum und der Erfahrenheit selbst der rechte und einige nervus eines jeden Regiments oder Status, wenn man desselben versichert seyn, und von allerhand gefährlichen Anstössen verwahren will, darin bestehet, daß der Regent 1) die Ecclesiastica, 2) Civilia, 3) Militaria in seinen Händen habe, sintemahl in solchen dreyen alle Majestas & Potestas Imperantium bestehet, und mit einem Wort davon zu reden, das gantze Jus pacis & belli absolviret wird; Also hat keines unter solchen dreyen eine grössere Macht, einem Statum zu conserviren, als die Ecclesiastica, Religio, oder Kirchen-Sachen. Es bezeuget auch die Erfahrung, und ist in dem andern capite deren sub proelo vorhandener Fürstlichen Kirchen-Ordnung mit wenig Worten, jedoch aus dem wahren fundamento ausgeführet, was daraus erfolge, wenn der Regent den Zügel in geistlichen Sachen nicht in seinen Händen hat, sondern den Geistlichen denselben lässet: Das gantze Römische Reich ist anfangs aus dieser einigen Ursach um seinen splendorem kommen, und dessen Macht und Herrlichkeit, dafür sich sonst die gantze Welt gefürchtet, unterbrochen worden, daß man den Papst und seinen Geistlichen in dem Kirchen-Regiment zu viel Macht gelassen. Vieler andrer unzehliger Exempel zu geschweigen, ist unleugbahr, daß unlängst aller Königlicher Status in Engeland durch nichts anders umgestürtzet, und inaudito plane exemplo der König durch den Hencker hingerichtet worden, alle dessen hohe Ministri, alle treffliche Häuser, das gantze Parlament, und alles, was ad priorem Reip. formam gehöret, zu Grunde evertiret, so gar, daß auch endlich derer vornehmsten Capitum unter den Geistlichen selbst nicht geschohnet worden, denn nur bloß und allein dadurch, daß bey dero durch Henricum VIII. angestelleten Reformation der König seine gebührende authorität in dem Kirchen-
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/348>, abgerufen am 16.07.2024. |