Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.§. XXV. Dieses alles ist nun so möglich als leicht, daß auch jederDieses ist so möglich als leicht / wenn nur die Richter und Advocaten es nicht hindern. Sache, sie sey so schwer und intricat als sie wolle, ihr völliges Vergnügen, so wohl in cognitione & dijudicatione binnen solcher Zeit zum wenigsten in regula (daran aber keine als nur diese Exceptiones zu machen, welche unvermeidlich seyn, und e. g. ex calamitate publica vel interventione absentiae longinquum honestae & necessariae partium &c. entstehen) geschehen kan, wann nur Richter und Advocaten das ihrige treulich und gewissenhafft, ohne alle andere zum Eigennutz oder dergleichen führende privat Absichten thun wollen. Dann an denen Partheyen liegt das wenigste, weil keiner so verzweiffelt böse ist, daß er um nur seinem Gegentheil zu schaden oder zu kräncken, den rechtlichen Ausgang in condemnatoria vel absolutoria nicht lieber in kurtzer als langer Zeit wünschete. §. XXVI. Inmassen denn auch die Möglichkeit sich daraus zeuget,Und wenn die vielen Interlocute abgeschafft auch die Sportuln anders eingerichtet werden. was an benachbarten Orthen, Republiquen und Königreichen, e. g. in regno Daniae geschiehet, und gantz heilsamlich geordnet ist; und ob zwar auch dieses gewiß ist, und ein jeder leicht schliessen kan, daß alle Processe in dieser Zeit oder ad metas triennii vel minoris spatii zubringen, eine wahre Unmöglichkeit bleibet, so lange als die bisherigen viele und unzehliche Sententiae interlocutoriae oder Bey-Urthel währen; so ist doch nicht weniger ausser allen Zweiffel zustellen, daß es so dann leicht und möglich fallen wird, wann solchen Bey-Urtheln die vorherbedeute abhelfliche Masse und Ziel gesetzt ist. Ja es wird die Facilität, die Processe in diese Enge zubringen, gantz unfehlbar seyn, und sich von selbst zeigen, auch alle redliche Richter und Advocaten, so viel man deren nöthig hat, aus eigenem Trieb desto schneller und gewisser zum Ende eilen, wann gleichfalls angezeigter massen beydes Richter und Advocaten mit ehrlichem Unterhalt versehen, hingegen aber alles was Gebühren und Sportuln heist, wo nicht gäntzlich abgeschaffet, doch nach den wahren und wesentlichen Stücken des Processes regulirt seyn, und gemäßiget wird, weil man dieses ob wohl caeteris paribus um vieler Ursachen und Umstände willen wohl vor das unbetrüglichste und bewährteste Mittel halten muß, wodurch die so weit eingerissene und um sich greiffende schädliche Process-Seuche zu tilgen, und aus der Wurtzel zu heben ist. §. XXVII. So viel die letzlich 8) Eingangs berührte vier allgemeineIIX. Vier Mittel, die vier Verderbnissen der Ge- Perversitates Judiciorum, als die Furcht, Liebe, Haß und Begierde, (nehmlich nach Ehre oder Geld) und dawieder dienende Remedia betrifft, so seynd zwar die Affecten an sich selbst und in ihrer abstraction von denen Objectis gantz indifferent, und weder gut noch böse zu nennen, in der §. XXV. Dieses alles ist nun so möglich als leicht, daß auch jederDieses ist so möglich als leicht / wenn nur die Richter und Advocaten es nicht hindern. Sache, sie sey so schwer und intricat als sie wolle, ihr völliges Vergnügen, so wohl in cognitione & dijudicatione binnen solcher Zeit zum wenigsten in regula (daran aber keine als nur diese Exceptiones zu machen, welche unvermeidlich seyn, und e. g. ex calamitate publica vel interventione absentiae longinquum honestae & necessariae partium &c. entstehen) geschehen kan, wann nur Richter und Advocaten das ihrige treulich und gewissenhafft, ohne alle andere zum Eigennutz oder dergleichen führende privat Absichten thun wollen. Dann an denen Partheyen liegt das wenigste, weil keiner so verzweiffelt böse ist, daß er um nur seinem Gegentheil zu schaden oder zu kräncken, den rechtlichen Ausgang in condemnatoria vel absolutoria nicht lieber in kurtzer als langer Zeit wünschete. §. XXVI. Inmassen denn auch die Möglichkeit sich daraus zeuget,Und wenn die vielen Interlocute abgeschafft auch die Sportuln anders eingerichtet werden. was an benachbarten Orthen, Republiquen und Königreichen, e. g. in regno Daniae geschiehet, und gantz heilsamlich geordnet ist; und ob zwar auch dieses gewiß ist, und ein jeder leicht schliessen kan, daß alle Processe in dieser Zeit oder ad metas triennii vel minoris spatii zubringen, eine wahre Unmöglichkeit bleibet, so lange als die bisherigen viele und unzehliche Sententiae interlocutoriae oder Bey-Urthel währen; so ist doch nicht weniger ausser allen Zweiffel zustellen, daß es so dann leicht und möglich fallen wird, wann solchen Bey-Urtheln die vorherbedeute abhelfliche Masse und Ziel gesetzt ist. Ja es wird die Facilität, die Processe in diese Enge zubringen, gantz unfehlbar seyn, und sich von selbst zeigen, auch alle redliche Richter und Advocaten, so viel man deren nöthig hat, aus eigenem Trieb desto schneller und gewisser zum Ende eilen, wann gleichfalls angezeigter massen beydes Richter und Advocaten mit ehrlichem Unterhalt versehen, hingegen aber alles was Gebühren und Sportuln heist, wo nicht gäntzlich abgeschaffet, doch nach den wahren und wesentlichen Stücken des Processes regulirt seyn, und gemäßiget wird, weil man dieses ob wohl caeteris paribus um vieler Ursachen und Umstände willen wohl vor das unbetrüglichste und bewährteste Mittel halten muß, wodurch die so weit eingerissene und um sich greiffende schädliche Process-Seuche zu tilgen, und aus der Wurtzel zu heben ist. §. XXVII. So viel die letzlich 8) Eingangs berührte vier allgemeineIIX. Vier Mittel, die vier Verderbnissen der Ge- Perversitates Judiciorum, als die Furcht, Liebe, Haß und Begierde, (nehmlich nach Ehre oder Geld) und dawieder dienende Remedia betrifft, so seynd zwar die Affecten an sich selbst und in ihrer abstraction von denen Objectis gantz indifferent, und weder gut noch böse zu nennen, in der <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0039" n="31"/> <p>§. XXV. 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Ja es wird die Facilität, die Processe in diese Enge zubringen, gantz unfehlbar seyn, und sich von selbst zeigen, auch alle redliche Richter und Advocaten, so viel man deren nöthig hat, aus eigenem Trieb desto schneller und gewisser zum Ende eilen, wann gleichfalls angezeigter massen beydes Richter und Advocaten mit ehrlichem Unterhalt versehen, hingegen aber alles was Gebühren und Sportuln heist, wo nicht gäntzlich abgeschaffet, doch nach den wahren und wesentlichen Stücken des Processes regulirt seyn, und gemäßiget wird, weil man dieses ob wohl caeteris paribus um vieler Ursachen und Umstände willen wohl vor das unbetrüglichste und bewährteste Mittel halten muß, wodurch die so weit eingerissene und um sich greiffende schädliche Process-Seuche zu tilgen, und aus der Wurtzel zu heben ist.</p> <p>§. XXVII. So viel die letzlich 8) Eingangs berührte vier allgemeine<note place="right">IIX. 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§. XXV. Dieses alles ist nun so möglich als leicht, daß auch jeder Sache, sie sey so schwer und intricat als sie wolle, ihr völliges Vergnügen, so wohl in cognitione & dijudicatione binnen solcher Zeit zum wenigsten in regula (daran aber keine als nur diese Exceptiones zu machen, welche unvermeidlich seyn, und e. g. ex calamitate publica vel interventione absentiae longinquum honestae & necessariae partium &c. entstehen) geschehen kan, wann nur Richter und Advocaten das ihrige treulich und gewissenhafft, ohne alle andere zum Eigennutz oder dergleichen führende privat Absichten thun wollen. Dann an denen Partheyen liegt das wenigste, weil keiner so verzweiffelt böse ist, daß er um nur seinem Gegentheil zu schaden oder zu kräncken, den rechtlichen Ausgang in condemnatoria vel absolutoria nicht lieber in kurtzer als langer Zeit wünschete.
Dieses ist so möglich als leicht / wenn nur die Richter und Advocaten es nicht hindern. §. XXVI. Inmassen denn auch die Möglichkeit sich daraus zeuget, was an benachbarten Orthen, Republiquen und Königreichen, e. g. in regno Daniae geschiehet, und gantz heilsamlich geordnet ist; und ob zwar auch dieses gewiß ist, und ein jeder leicht schliessen kan, daß alle Processe in dieser Zeit oder ad metas triennii vel minoris spatii zubringen, eine wahre Unmöglichkeit bleibet, so lange als die bisherigen viele und unzehliche Sententiae interlocutoriae oder Bey-Urthel währen; so ist doch nicht weniger ausser allen Zweiffel zustellen, daß es so dann leicht und möglich fallen wird, wann solchen Bey-Urtheln die vorherbedeute abhelfliche Masse und Ziel gesetzt ist. Ja es wird die Facilität, die Processe in diese Enge zubringen, gantz unfehlbar seyn, und sich von selbst zeigen, auch alle redliche Richter und Advocaten, so viel man deren nöthig hat, aus eigenem Trieb desto schneller und gewisser zum Ende eilen, wann gleichfalls angezeigter massen beydes Richter und Advocaten mit ehrlichem Unterhalt versehen, hingegen aber alles was Gebühren und Sportuln heist, wo nicht gäntzlich abgeschaffet, doch nach den wahren und wesentlichen Stücken des Processes regulirt seyn, und gemäßiget wird, weil man dieses ob wohl caeteris paribus um vieler Ursachen und Umstände willen wohl vor das unbetrüglichste und bewährteste Mittel halten muß, wodurch die so weit eingerissene und um sich greiffende schädliche Process-Seuche zu tilgen, und aus der Wurtzel zu heben ist.
Und wenn die vielen Interlocute abgeschafft auch die Sportuln anders eingerichtet werden. §. XXVII. So viel die letzlich 8) Eingangs berührte vier allgemeine Perversitates Judiciorum, als die Furcht, Liebe, Haß und Begierde, (nehmlich nach Ehre oder Geld) und dawieder dienende Remedia betrifft, so seynd zwar die Affecten an sich selbst und in ihrer abstraction von denen Objectis gantz indifferent, und weder gut noch böse zu nennen, in der
IIX. Vier Mittel, die vier Verderbnissen der Ge-
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