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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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war zuerkennet worden, und der aus Armuth nicht in dem Stande wäre, sich einen Advocaten zu halten. Ich hatte eben damahls nicht viel zuthun, und die regulae prudentiae riethen mir, wegen der etwa unten zu meldenden Umbständen, diese sich selbst anbiethende Gelegenheit / der löblichen Brüderschafft ihre bonne grace mit einer geringen Mühe ehrlicher Weise zu erwerben, nicht aus Händen gehen zu lassen, und offerirte mich also, ihrem Begehren, so viel als die Rechte zuliessen, zu willfahren; und als ich die Acta zu sehen bekam, befand ich die Sache in folgendem Zustand.

Summarischer Inhalt des streitigen und zweifelhafften Handels.

§. II. Der Casus ware in so weit richtig: Anno 1690. im Monat Majo hatten sich zwey Hällische grosse Schüler Abends zwischen 9. und 10. Uhr mit zwey liederlichen Huren auf der Land Strasse veruneiniget, und waren in ein Handgemenge gekommen, daß sie sich mit einander geschlagen und die Weibs Persohnen zur Erden gerissen hatten. Diese hatten ein paar nicht weit darvon sich befindende Hallorum zu Hülffe geruffen, die die Weibs-Persohnen auch von denen Schülern wieder loßgemacht, und diesen Gelegenheit gegeben, daß sie denen Schülern ihre Hüthe und Mäntel mitgenommen. Nur darinnen war die differenz. Die Schüler gaben vor, sie wären von den Weibs-Persohnen attaquiret worden, weil sie, die Schüler, da jene sie mit Worten gegrüsset, nicht gedancket / worauf die Menscher gescholten, und sie dergleichen wieder gethan, darauf diese den einen Schüler schlagen wollen, und da der andere ihm hätte wollen zu Hülffe kommen, hätten die Menscher die Hallorum geruffen, und diese hätten also nebst den Menschern nicht allein die Schüler geschlagen, sondern auch denen Schülern die Mäntel &c. genommen, und selbige den Huren gegeben, welche sich auch mit denen Sachen davon gemacht. Die Hallorum hingegen sagten: die Schüler hätten den Menschern auf der Strasse Unzucht zugemuthet / auch da diese ihnen wegen dieser Zumuthung lose Worte gegeben, sie mit Gewalt nieder gerissen und gleichsam nothzüchtigen wollen; da denn die zu Hülff geruffene Hallorum die Weibs-Persohnen retten helffen; Sie hätten auch die Schüler nicht beraubet, noch berauben helffen, sondern bey der Schlägerey wären den Schülern die Mäntel entfallen, und die hätten die Weibs-Persohnen selbst aufgehoben, und inzwischen entweder als eine satisfaction wegen der an ihnen auf öffentlicher Strasse verübten Gewalt, oder gleichsam als ein Unterpfand mit genommen, weil sie die Schüler nicht kannten, damit sie die Schüler, nemlich bewogen würden, bey Widerforderung ihrer Mäntel sich zu melden, und sie die Weibs-Persohnen sich so

war zuerkennet worden, und der aus Armuth nicht in dem Stande wäre, sich einen Advocaten zu halten. Ich hatte eben damahls nicht viel zuthun, und die regulae prudentiae riethen mir, wegen der etwa unten zu meldenden Umbständen, diese sich selbst anbiethende Gelegenheit / der löblichen Brüderschafft ihre bonne grace mit einer geringen Mühe ehrlicher Weise zu erwerben, nicht aus Händen gehen zu lassen, und offerirte mich also, ihrem Begehren, so viel als die Rechte zuliessen, zu willfahren; und als ich die Acta zu sehen bekam, befand ich die Sache in folgendem Zustand.

Summarischer Inhalt des streitigen und zweifelhafften Handels.

§. II. Der Casus ware in so weit richtig: Anno 1690. im Monat Majo hatten sich zwey Hällische grosse Schüler Abends zwischen 9. und 10. Uhr mit zwey liederlichen Huren auf der Land Strasse veruneiniget, und waren in ein Handgemenge gekommen, daß sie sich mit einander geschlagen und die Weibs Persohnen zur Erden gerissen hatten. Diese hatten ein paar nicht weit darvon sich befindende Hallorum zu Hülffe geruffen, die die Weibs-Persohnen auch von denen Schülern wieder loßgemacht, und diesen Gelegenheit gegeben, daß sie denen Schülern ihre Hüthe und Mäntel mitgenommen. Nur darinnen war die differenz. Die Schüler gaben vor, sie wären von den Weibs-Persohnen attaquiret worden, weil sie, die Schüler, da jene sie mit Worten gegrüsset, nicht gedancket / worauf die Menscher gescholten, und sie dergleichen wieder gethan, darauf diese den einen Schüler schlagen wollen, und da der andere ihm hätte wollen zu Hülffe kommen, hätten die Menscher die Hallorum geruffen, und diese hätten also nebst den Menschern nicht allein die Schüler geschlagen, sondern auch denen Schülern die Mäntel &c. genommen, und selbige den Huren gegeben, welche sich auch mit denen Sachen davon gemacht. Die Hallorum hingegen sagten: die Schüler hätten den Menschern auf der Strasse Unzucht zugemuthet / auch da diese ihnen wegen dieser Zumuthung lose Worte gegeben, sie mit Gewalt nieder gerissen und gleichsam nothzüchtigen wollen; da denn die zu Hülff geruffene Hallorum die Weibs-Persohnen retten helffen; Sie hätten auch die Schüler nicht beraubet, noch berauben helffen, sondern bey der Schlägerey wären den Schülern die Mäntel entfallen, und die hätten die Weibs-Persohnen selbst aufgehoben, und inzwischen entweder als eine satisfaction wegen der an ihnen auf öffentlicher Strasse verübten Gewalt, oder gleichsam als ein Unterpfand mit genommen, weil sie die Schüler nicht kannten, damit sie die Schüler, nemlich bewogen würden, bey Widerforderung ihrer Mäntel sich zu melden, und sie die Weibs-Persohnen sich so

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[36/0044] war zuerkennet worden, und der aus Armuth nicht in dem Stande wäre, sich einen Advocaten zu halten. Ich hatte eben damahls nicht viel zuthun, und die regulae prudentiae riethen mir, wegen der etwa unten zu meldenden Umbständen, diese sich selbst anbiethende Gelegenheit / der löblichen Brüderschafft ihre bonne grace mit einer geringen Mühe ehrlicher Weise zu erwerben, nicht aus Händen gehen zu lassen, und offerirte mich also, ihrem Begehren, so viel als die Rechte zuliessen, zu willfahren; und als ich die Acta zu sehen bekam, befand ich die Sache in folgendem Zustand. §. II. Der Casus ware in so weit richtig: Anno 1690. im Monat Majo hatten sich zwey Hällische grosse Schüler Abends zwischen 9. und 10. Uhr mit zwey liederlichen Huren auf der Land Strasse veruneiniget, und waren in ein Handgemenge gekommen, daß sie sich mit einander geschlagen und die Weibs Persohnen zur Erden gerissen hatten. Diese hatten ein paar nicht weit darvon sich befindende Hallorum zu Hülffe geruffen, die die Weibs-Persohnen auch von denen Schülern wieder loßgemacht, und diesen Gelegenheit gegeben, daß sie denen Schülern ihre Hüthe und Mäntel mitgenommen. Nur darinnen war die differenz. Die Schüler gaben vor, sie wären von den Weibs-Persohnen attaquiret worden, weil sie, die Schüler, da jene sie mit Worten gegrüsset, nicht gedancket / worauf die Menscher gescholten, und sie dergleichen wieder gethan, darauf diese den einen Schüler schlagen wollen, und da der andere ihm hätte wollen zu Hülffe kommen, hätten die Menscher die Hallorum geruffen, und diese hätten also nebst den Menschern nicht allein die Schüler geschlagen, sondern auch denen Schülern die Mäntel &c. genommen, und selbige den Huren gegeben, welche sich auch mit denen Sachen davon gemacht. Die Hallorum hingegen sagten: die Schüler hätten den Menschern auf der Strasse Unzucht zugemuthet / auch da diese ihnen wegen dieser Zumuthung lose Worte gegeben, sie mit Gewalt nieder gerissen und gleichsam nothzüchtigen wollen; da denn die zu Hülff geruffene Hallorum die Weibs-Persohnen retten helffen; Sie hätten auch die Schüler nicht beraubet, noch berauben helffen, sondern bey der Schlägerey wären den Schülern die Mäntel entfallen, und die hätten die Weibs-Persohnen selbst aufgehoben, und inzwischen entweder als eine satisfaction wegen der an ihnen auf öffentlicher Strasse verübten Gewalt, oder gleichsam als ein Unterpfand mit genommen, weil sie die Schüler nicht kannten, damit sie die Schüler, nemlich bewogen würden, bey Widerforderung ihrer Mäntel sich zu melden, und sie die Weibs-Persohnen sich so

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
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  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/44>, abgerufen am 21.11.2024.