Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.culpati nicht animo violentiae exercendae zu denen streitenden Persohnen gangen, sondern als die Weibsbilder von zweyen Scholaren, so bezecht, ihnen vom Böllwerckischen Holtze her entgegen gestossen, und sie angefallen, überwältiget worden, und erbärmlich um Hülffe geschrien, wären Christoph nebst Görgen, von dem Sessel, darauf sie mit dem Holtzwächter geruhet, aufgestanden und mit dem Wächter zu denen Weibern / so wohl von ihnen 300. Schritt gewesen, zu gelauffen und sie von einander gebracht. Und ob wohl Chistoph auf Befragen dem Herrn Judici nach allen Umständen die Wahrheit bey gütlichen Verhör von diesem actu entdecken sollen, so hat ihn doch dieses zurück gehalten, daß er gemeinet, weil die Weiber privata vindicta die Scholaren ihrer Mäntel beraubt, es schon Straffe genug wäre, den conatum stupri violenti, wie es ihnen von denen Weibs-Persohnen imputirt worden, zu büssen, und hat aus Einfalt nicht bedacht; daß er ob bonum publicum die Wahrheit zu sagen, verobligiret, wenn er nicht contra jus & auctoritatem superioris pecciren wolte wie treulich und conscientiose erinnert. Daß aber inculpati vom delicto und Abnahme der Mäntel nichts participiren, ist daraus offenbahr, daß die Scholaren, als ihnen an der hohen Brücke Herr Doctor und Inspector N. begegnet, sie ihm den Verlauff der Sache erzehlet und gefragt, ob ihm nicht 2. Weiber begegnet / diese hätten ihnen die Mäntel genommen, da sie von inculpatis gäntzlich abstrahiret, sie es auch nicht anders Ursach gehabt, massen sie den von einem Weib abgenommenen Mantel wieder vindicirt, und dem einen Schüler zugestellet, nichts destoweniger hätten die Weiber nescio an pro infamiae oder famae compensatione den extradirten Mantel dem Scholaren mit höchster furie wieder von dem Leibe gerissen, aus welcher extradition sowohl Christoph als auch George ihren dissensum genug zuverstehen gegeben, daß sie keine Lust an solcher violation gehabt. Und haben ihnen die Scholaren die Schuld selbst beyzumessen, indem sie denen Weibern Ursach zur querulir- und defendirung gegeben, totum malum vero imputatur ei, qui causam praebet. l. 6. ff. de vi publ.Und ob sie gleich die zu Boden geworffenen und von demjenigen, was die Natur will verdeckt haben, entblössete Weiber von der Schüler Hände retten wollen, auch diese Schüler etwa hiervon durch den motum incommodirt, oder die Mäntel abgerissen worden; so heist es doch, animus & propositum, in quolibet actu, qui in delictum cadere videtur, attendi debet. Beroj. Lib. l. Cons. 76. n. 79. Gail. 2. Obs. 99. n. 6.praeprimis vero dolus & animus rapiendi requiritur l. 2. ff. de vi bon. rap.Wie will aber der animus probirt werden, indem der Holtzwächter von Anfang biß culpati nicht animo violentiae exercendae zu denen streitenden Persohnen gangen, sondern als die Weibsbilder von zweyen Scholaren, so bezecht, ihnen vom Böllwerckischen Holtze her entgegen gestossen, und sie angefallen, überwältiget worden, und erbärmlich um Hülffe geschrien, wären Christoph nebst Görgen, von dem Sessel, darauf sie mit dem Holtzwächter geruhet, aufgestanden und mit dem Wächter zu denen Weibern / so wohl von ihnen 300. Schritt gewesen, zu gelauffen und sie von einander gebracht. Und ob wohl Chistoph auf Befragen dem Herrn Judici nach allen Umständen die Wahrheit bey gütlichen Verhör von diesem actu entdecken sollen, so hat ihn doch dieses zurück gehalten, daß er gemeinet, weil die Weiber privata vindicta die Scholaren ihrer Mäntel beraubt, es schon Straffe genug wäre, den conatum stupri violenti, wie es ihnen von denen Weibs-Persohnen imputirt worden, zu büssen, und hat aus Einfalt nicht bedacht; daß er ob bonum publicum die Wahrheit zu sagen, verobligiret, wenn er nicht contra jus & auctoritatem superioris pecciren wolte wie treulich und conscientiose erinnert. Daß aber inculpati vom delicto und Abnahme der Mäntel nichts participiren, ist daraus offenbahr, daß die Scholaren, als ihnen an der hohen Brücke Herr Doctor und Inspector N. begegnet, sie ihm den Verlauff der Sache erzehlet und gefragt, ob ihm nicht 2. Weiber begegnet / diese hätten ihnen die Mäntel genommen, da sie von inculpatis gäntzlich abstrahiret, sie es auch nicht anders Ursach gehabt, massen sie den von einem Weib abgenommenen Mantel wieder vindicirt, und dem einen Schüler zugestellet, nichts destoweniger hätten die Weiber nescio an pro infamiae oder famae compensatione den extradirten Mantel dem Scholaren mit höchster furie wieder von dem Leibe gerissen, aus welcher extradition sowohl Christoph als auch George ihren dissensum genug zuverstehen gegeben, daß sie keine Lust an solcher violation gehabt. Und haben ihnen die Scholaren die Schuld selbst beyzumessen, indem sie denen Weibern Ursach zur querulir- und defendirung gegeben, totum malum vero imputatur ei, qui causam praebet. l. 6. ff. de vi publ.Und ob sie gleich die zu Boden geworffenen und von demjenigen, was die Natur will verdeckt haben, entblössete Weiber von der Schüler Hände retten wollen, auch diese Schüler etwa hiervon durch den motum incommodirt, oder die Mäntel abgerissen worden; so heist es doch, animus & propositum, in quolibet actu, qui in delictum cadere videtur, attendi debet. Beroj. Lib. l. Cons. 76. n. 79. Gail. 2. Obs. 99. n. 6.praeprimis vero dolus & animus rapiendi requiritur l. 2. ff. de vi bon. rap.Wie will aber der animus probirt werden, indem der Holtzwächter von Anfang biß <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0050" n="42"/> culpati nicht animo violentiae exercendae zu denen streitenden Persohnen gangen, sondern als die Weibsbilder von zweyen Scholaren, so bezecht, ihnen vom Böllwerckischen Holtze her entgegen gestossen, und sie angefallen, überwältiget worden, und erbärmlich um Hülffe geschrien, wären Christoph nebst Görgen, von dem Sessel, darauf sie mit dem Holtzwächter geruhet, aufgestanden und mit dem Wächter zu denen Weibern / so wohl von ihnen 300. Schritt gewesen, zu gelauffen und sie von einander gebracht. Und ob wohl Chistoph auf Befragen dem Herrn Judici nach allen Umständen die Wahrheit bey gütlichen Verhör von diesem actu entdecken sollen, so hat ihn doch dieses zurück gehalten, daß er gemeinet, weil die Weiber privata vindicta die Scholaren ihrer Mäntel beraubt, es schon Straffe genug wäre, den conatum stupri violenti, wie es ihnen von denen Weibs-Persohnen imputirt worden, zu büssen, und hat aus Einfalt nicht bedacht; daß er ob bonum publicum die Wahrheit zu sagen, verobligiret, wenn er nicht contra jus & auctoritatem superioris pecciren wolte wie treulich und conscientiose erinnert.</p> <l>Gabr. Alvarez. de Velasco in judic. perf. rubr. 19. cap. 1. n. 32.</l> <p>Daß aber inculpati vom delicto und Abnahme der Mäntel nichts participiren, ist daraus offenbahr, daß die Scholaren, als ihnen an der hohen Brücke Herr Doctor und Inspector N. begegnet, sie ihm den Verlauff der Sache erzehlet und gefragt, ob ihm nicht 2. Weiber begegnet / diese hätten ihnen die Mäntel genommen, da sie von inculpatis gäntzlich abstrahiret, sie es auch nicht anders Ursach gehabt, massen sie den von einem Weib abgenommenen Mantel wieder vindicirt, und dem einen Schüler zugestellet, nichts destoweniger hätten die Weiber nescio an pro infamiae oder famae compensatione den extradirten Mantel dem Scholaren mit höchster furie wieder von dem Leibe gerissen, aus welcher extradition sowohl Christoph als auch George ihren dissensum genug zuverstehen gegeben, daß sie keine Lust an solcher violation gehabt. Und haben ihnen die Scholaren die Schuld selbst beyzumessen, indem sie denen Weibern Ursach zur querulir- und defendirung gegeben, totum malum vero imputatur ei, qui causam praebet.</p> <l>l. 6. ff. de vi publ.</l> <p>Und ob sie gleich die zu Boden geworffenen und von demjenigen, was die Natur will verdeckt haben, entblössete Weiber von der Schüler Hände retten wollen, auch diese Schüler etwa hiervon durch den motum incommodirt, oder die Mäntel abgerissen worden; so heist es doch, animus & propositum, in quolibet actu, qui in delictum cadere videtur, attendi debet.</p> <l>Beroj. Lib. l. Cons. 76. n. 79. Gail. 2. Obs. 99. n. 6.</l> <p>praeprimis vero dolus & animus rapiendi requiritur</p> <l>l. 2. ff. de vi bon. rap.</l> <p>Wie will aber der animus probirt werden, indem der Holtzwächter von Anfang biß </p> </div> </body> </text> </TEI> [42/0050]
culpati nicht animo violentiae exercendae zu denen streitenden Persohnen gangen, sondern als die Weibsbilder von zweyen Scholaren, so bezecht, ihnen vom Böllwerckischen Holtze her entgegen gestossen, und sie angefallen, überwältiget worden, und erbärmlich um Hülffe geschrien, wären Christoph nebst Görgen, von dem Sessel, darauf sie mit dem Holtzwächter geruhet, aufgestanden und mit dem Wächter zu denen Weibern / so wohl von ihnen 300. Schritt gewesen, zu gelauffen und sie von einander gebracht. Und ob wohl Chistoph auf Befragen dem Herrn Judici nach allen Umständen die Wahrheit bey gütlichen Verhör von diesem actu entdecken sollen, so hat ihn doch dieses zurück gehalten, daß er gemeinet, weil die Weiber privata vindicta die Scholaren ihrer Mäntel beraubt, es schon Straffe genug wäre, den conatum stupri violenti, wie es ihnen von denen Weibs-Persohnen imputirt worden, zu büssen, und hat aus Einfalt nicht bedacht; daß er ob bonum publicum die Wahrheit zu sagen, verobligiret, wenn er nicht contra jus & auctoritatem superioris pecciren wolte wie treulich und conscientiose erinnert.
Gabr. Alvarez. de Velasco in judic. perf. rubr. 19. cap. 1. n. 32. Daß aber inculpati vom delicto und Abnahme der Mäntel nichts participiren, ist daraus offenbahr, daß die Scholaren, als ihnen an der hohen Brücke Herr Doctor und Inspector N. begegnet, sie ihm den Verlauff der Sache erzehlet und gefragt, ob ihm nicht 2. Weiber begegnet / diese hätten ihnen die Mäntel genommen, da sie von inculpatis gäntzlich abstrahiret, sie es auch nicht anders Ursach gehabt, massen sie den von einem Weib abgenommenen Mantel wieder vindicirt, und dem einen Schüler zugestellet, nichts destoweniger hätten die Weiber nescio an pro infamiae oder famae compensatione den extradirten Mantel dem Scholaren mit höchster furie wieder von dem Leibe gerissen, aus welcher extradition sowohl Christoph als auch George ihren dissensum genug zuverstehen gegeben, daß sie keine Lust an solcher violation gehabt. Und haben ihnen die Scholaren die Schuld selbst beyzumessen, indem sie denen Weibern Ursach zur querulir- und defendirung gegeben, totum malum vero imputatur ei, qui causam praebet.
l. 6. ff. de vi publ. Und ob sie gleich die zu Boden geworffenen und von demjenigen, was die Natur will verdeckt haben, entblössete Weiber von der Schüler Hände retten wollen, auch diese Schüler etwa hiervon durch den motum incommodirt, oder die Mäntel abgerissen worden; so heist es doch, animus & propositum, in quolibet actu, qui in delictum cadere videtur, attendi debet.
Beroj. Lib. l. Cons. 76. n. 79. Gail. 2. Obs. 99. n. 6. praeprimis vero dolus & animus rapiendi requiritur
l. 2. ff. de vi bon. rap. Wie will aber der animus probirt werden, indem der Holtzwächter von Anfang biß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss. Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |