Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.de in folgenden Umbständen: der Küster sagte, es wäre bekannt, daß der Pfarrer viel Brandtwein träncke; Als er ohnlängst einer Frauen das Abendmahl in ihren krancken-Bette reichen solien, hätte er zu viel Brantewein zu sich genommen gehabt, daß er den actum nicht stehend verrichten können, sondern sich auf einen Stuhl setzen, und man ihn auch hernach halten müssen. Er hätte auch ohnlängst die verba institutionis nicht gantz ausgesungen, sondern die verba finalia: Solches thut &c. ausgelassen, weil er durch das saute Nachsingen der Gemeine in confusion gerathen: ein anderer sagte: wie er den Tag als die oberwehnte Frau begraben worden, bey dem Pfarrer gebeichtet, hätte es ihm und andern gäntzlich gedeucht, daß er ziemlich truncken gewesen: er predige auch nicht mehr so gut als vorhero. Noch ein anderer, es wäre bekannt, daß Beklagter dem Brantewein-Trincken ergeben sey: seine Predigten wären auch vor diesen besser und erbaulicher gewesen. Die Frau, der er in ihrer Kranckheit das Abendmahl gereichet hatte, zeugete: sie wüste nicht ob Beklagter damals truncken gewesen: Als ihm aber ihre Mutter etwas gegeben und gesagt; er möchte es nicht verschmähen: hätte er geantwortet: es wäre freylich schlecht und geringe genug; Er wolte aber hier keine Kürmeß halten. Ein Assessor Consistorii attestirte schriffilich, daß, als Beklagter auf den Leichbegängnüß gefallen, hätte man nicht anders judiciren können, denn daß der Fall durch Trunckenheit verursacht worden; jedoch hätte er bey der Trauer-Collation, allen Ansehen nach den Rausch nicht bekommen. Ein anderer deponirte: daß, als Beklagter ihm einsmahl das Abendmahl gereichet, hätte er ihm aus dem Kelche nichts gegeben, auch hernach gesagt; es käme eben nicht darauf an: ob einer viel oder wenig träncke, sondern es wäre mit dem Glauben ausgemacht: endlich hätte er ihn aber doch den Kelch gereichet. Beklagter hatte hierbey vielfällig in actis gebeten, wo etwas vorgegangen, ihm solches zu pardoniren, er wolte sich bessern. So hat auch das Consistorium attestiret, daß man bißher von dem excessiven Brantewein-Trincken nichts gehöret, und die Besserung allemahl zu hoffen sey. §. VII. Bey diesen Umbständen nun wurde abermahl für nöthigJedoch mit angehengter Warnung. gehalten, die oben §. 3. angemerckten unterschiedenen Fragen nicht zu confundiren, sondern intuitu des imputirten straffbaren Lasters den Pfarrer zu absolviren, wegen des unlöblichen Brantewein-Trinckens aber ihm eine nachdrückliche Warnung zu geben, wie das Urtheil und dessen rationes decidendi mit mehrern besagen. de in folgenden Umbständen: der Küster sagte, es wäre bekannt, daß der Pfarrer viel Brandtwein träncke; Als er ohnlängst einer Frauen das Abendmahl in ihren krancken-Bette reichen solien, hätte er zu viel Brantewein zu sich genommen gehabt, daß er den actum nicht stehend verrichten können, sondern sich auf einen Stuhl setzen, und man ihn auch hernach halten müssen. Er hätte auch ohnlängst die verba institutionis nicht gantz ausgesungen, sondern die verba finalia: Solches thut &c. ausgelassen, weil er durch das saute Nachsingen der Gemeine in confusion gerathen: ein anderer sagte: wie er den Tag als die oberwehnte Frau begraben worden, bey dem Pfarrer gebeichtet, hätte es ihm und andern gäntzlich gedeucht, daß er ziemlich truncken gewesen: er predige auch nicht mehr so gut als vorhero. Noch ein anderer, es wäre bekannt, daß Beklagter dem Brantewein-Trincken ergeben sey: seine Predigten wären auch vor diesen besser und erbaulicher gewesen. Die Frau, der er in ihrer Kranckheit das Abendmahl gereichet hatte, zeugete: sie wüste nicht ob Beklagter damals truncken gewesen: Als ihm aber ihre Mutter etwas gegeben und gesagt; er möchte es nicht verschmähen: hätte er geantwortet: es wäre freylich schlecht und geringe genug; Er wolte aber hier keine Kürmeß halten. Ein Assessor Consistorii attestirte schriffilich, daß, als Beklagter auf den Leichbegängnüß gefallen, hätte man nicht anders judiciren können, denn daß der Fall durch Trunckenheit verursacht worden; jedoch hätte er bey der Trauer-Collation, allen Ansehen nach den Rausch nicht bekommen. Ein anderer deponirte: daß, als Beklagter ihm einsmahl das Abendmahl gereichet, hätte er ihm aus dem Kelche nichts gegeben, auch hernach gesagt; es käme eben nicht darauf an: ob einer viel oder wenig träncke, sondern es wäre mit dem Glauben ausgemacht: endlich hätte er ihn aber doch den Kelch gereichet. Beklagter hatte hierbey vielfällig in actis gebeten, wo etwas vorgegangen, ihm solches zu pardoniren, er wolte sich bessern. So hat auch das Consistorium attestiret, daß man bißher von dem excessiven Brantewein-Trincken nichts gehöret, und die Besserung allemahl zu hoffen sey. §. VII. Bey diesen Umbständen nun wurde abermahl für nöthigJedoch mit angehengter Warnung. gehalten, die oben §. 3. angemerckten unterschiedenen Fragen nicht zu confundiren, sondern intuitu des imputirten straffbaren Lasters den Pfarrer zu absolviren, wegen des unlöblichen Brantewein-Trinckens aber ihm eine nachdrückliche Warnung zu geben, wie das Urtheil und dessen rationes decidendi mit mehrern besagen. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0313" n="307"/> de in folgenden Umbständen: der Küster sagte, es wäre bekannt, daß der Pfarrer viel Brandtwein träncke; Als er ohnlängst einer Frauen das Abendmahl in ihren krancken-Bette reichen solien, hätte er zu viel Brantewein zu sich genommen gehabt, daß er den actum nicht stehend verrichten können, sondern sich auf einen Stuhl setzen, und man ihn auch hernach halten müssen. Er hätte auch ohnlängst die verba institutionis nicht gantz ausgesungen, sondern die verba finalia: Solches thut &c. ausgelassen, weil er durch das saute Nachsingen der Gemeine in confusion gerathen: ein anderer sagte: wie er den Tag als die oberwehnte Frau begraben worden, bey dem Pfarrer gebeichtet, hätte es ihm und andern gäntzlich gedeucht, daß er ziemlich truncken gewesen: er predige auch nicht mehr so gut als vorhero. Noch ein anderer, es wäre bekannt, daß Beklagter dem Brantewein-Trincken ergeben sey: seine Predigten wären auch vor diesen besser und erbaulicher gewesen. Die Frau, der er in ihrer Kranckheit das Abendmahl gereichet hatte, zeugete: sie wüste nicht ob Beklagter damals truncken gewesen: Als ihm aber ihre Mutter etwas gegeben und gesagt; er möchte es nicht verschmähen: hätte er geantwortet: es wäre freylich schlecht und geringe genug; Er wolte aber hier keine Kürmeß halten. Ein Assessor Consistorii attestirte schriffilich, daß, als Beklagter auf den Leichbegängnüß gefallen, hätte man nicht anders judiciren können, denn daß der Fall durch Trunckenheit verursacht worden; jedoch hätte er bey der Trauer-Collation, allen Ansehen nach den Rausch nicht bekommen. Ein anderer deponirte: daß, als Beklagter ihm einsmahl das Abendmahl gereichet, hätte er ihm aus dem Kelche nichts gegeben, auch hernach gesagt; es käme eben nicht darauf an: ob einer viel oder wenig träncke, sondern es wäre mit dem Glauben ausgemacht: endlich hätte er ihn aber doch den Kelch gereichet. Beklagter hatte hierbey vielfällig in actis gebeten, wo etwas vorgegangen, ihm solches zu pardoniren, er wolte sich bessern. So hat auch das Consistorium attestiret, daß man bißher von dem excessiven Brantewein-Trincken nichts gehöret, und die Besserung allemahl zu hoffen sey.</p> <p>§. VII. Bey diesen Umbständen nun wurde abermahl für nöthig<note place="right">Jedoch mit angehengter Warnung.</note> gehalten, die oben §. 3. angemerckten unterschiedenen Fragen nicht zu confundiren, sondern intuitu des imputirten straffbaren Lasters den Pfarrer zu absolviren, wegen des unlöblichen Brantewein-Trinckens aber ihm eine nachdrückliche Warnung zu geben, wie das Urtheil und dessen rationes decidendi mit mehrern besagen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [307/0313]
de in folgenden Umbständen: der Küster sagte, es wäre bekannt, daß der Pfarrer viel Brandtwein träncke; Als er ohnlängst einer Frauen das Abendmahl in ihren krancken-Bette reichen solien, hätte er zu viel Brantewein zu sich genommen gehabt, daß er den actum nicht stehend verrichten können, sondern sich auf einen Stuhl setzen, und man ihn auch hernach halten müssen. Er hätte auch ohnlängst die verba institutionis nicht gantz ausgesungen, sondern die verba finalia: Solches thut &c. ausgelassen, weil er durch das saute Nachsingen der Gemeine in confusion gerathen: ein anderer sagte: wie er den Tag als die oberwehnte Frau begraben worden, bey dem Pfarrer gebeichtet, hätte es ihm und andern gäntzlich gedeucht, daß er ziemlich truncken gewesen: er predige auch nicht mehr so gut als vorhero. Noch ein anderer, es wäre bekannt, daß Beklagter dem Brantewein-Trincken ergeben sey: seine Predigten wären auch vor diesen besser und erbaulicher gewesen. Die Frau, der er in ihrer Kranckheit das Abendmahl gereichet hatte, zeugete: sie wüste nicht ob Beklagter damals truncken gewesen: Als ihm aber ihre Mutter etwas gegeben und gesagt; er möchte es nicht verschmähen: hätte er geantwortet: es wäre freylich schlecht und geringe genug; Er wolte aber hier keine Kürmeß halten. Ein Assessor Consistorii attestirte schriffilich, daß, als Beklagter auf den Leichbegängnüß gefallen, hätte man nicht anders judiciren können, denn daß der Fall durch Trunckenheit verursacht worden; jedoch hätte er bey der Trauer-Collation, allen Ansehen nach den Rausch nicht bekommen. Ein anderer deponirte: daß, als Beklagter ihm einsmahl das Abendmahl gereichet, hätte er ihm aus dem Kelche nichts gegeben, auch hernach gesagt; es käme eben nicht darauf an: ob einer viel oder wenig träncke, sondern es wäre mit dem Glauben ausgemacht: endlich hätte er ihn aber doch den Kelch gereichet. Beklagter hatte hierbey vielfällig in actis gebeten, wo etwas vorgegangen, ihm solches zu pardoniren, er wolte sich bessern. So hat auch das Consistorium attestiret, daß man bißher von dem excessiven Brantewein-Trincken nichts gehöret, und die Besserung allemahl zu hoffen sey.
§. VII. Bey diesen Umbständen nun wurde abermahl für nöthig gehalten, die oben §. 3. angemerckten unterschiedenen Fragen nicht zu confundiren, sondern intuitu des imputirten straffbaren Lasters den Pfarrer zu absolviren, wegen des unlöblichen Brantewein-Trinckens aber ihm eine nachdrückliche Warnung zu geben, wie das Urtheil und dessen rationes decidendi mit mehrern besagen.
Jedoch mit angehengter Warnung.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/313>, abgerufen am 17.06.2024. |