Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.Verhör der Sachen angesetzet und derselbe subsidialiter citiret, auch da das Fürstliche Consistorium zu W. denselben zu stellen Bedencken getragen, und die Klägerin, dahin zu verweisen, verlanget, dem Ambte G. denselben in Arrest zunehmen committiret worden, so auch auf seiner Schwieger-Mutter Pachtguthe zu D. erfolget und es ist alsdann in dem Proceße zwar fortgefahren worden, es hat aber derselbe, weil er meynet, daß er in unterschiedenen Dingen bey sothanem Proceße sehr übereilet gewesen, dem Arreste sich entzogen, jedoch einen Mandatarium specialem ad acta bestellet, auch seine Entschuldigung bey der Churfürstlichen Regierung eingegeben. Ist ferner indessen Abwesenheit am 27. Octobr. 92. ein Urtheil publiciret und darinnen erkannt worden; daß derselbe gegen 1500. Rthlr. Caution des Arrests erlassen werden solle und ungeachtet desselben Mandatarius sich zu dieser publication gebührend angemeldet, auch die Urthelsgebühren erlegen wollen, ist doch derselbe auf der Klägerin eingewandte Protestation dazu nicht gelassen worden, und er will anjetzo: ob bey solcher Bewandnüß, sothanes Urtheil wieder ihn einige Rechts-Krafft erlangen könne? berichtet seyn. Ob nun wohl angeführet werden möchte, daß in matrimonialibus und criminalibus zumahl an Seiten des Beklagten kein Mandatarius zuläßlich, sondern die Partheyen in Person zu erscheinen schuldig, demselben auch seine Abwesenheit nicht zu statten kommen könne, weiln er daran selbst Schuld und solche umb deßwillen, daß er den Arrest violiret und sich auf die Flucht begeben, pro laudabili & honesta keines weges geachtet werden könne, inmittelst nichts desto minder das in solcher Abwesenheit publicirte Urtheil seine Rechts Krafft erreichen möge, Klägerin auch dadurch ein Jus quaesitum erlanget, so ihr nunmehr nicht zu entziehen: Dieweiln aber dennoch eines Theils auch in criminalibus und andern ihnen gleich geachteten Sachen, wann es auf der Caution, oder einen andern Punet, so eben keine persönliche Gegenwart erfordert beruhet, ein Mandatarius zuläßlich ist, gestalt auch in gegenwärtigem Fall der Klägerin einen zu bestellen verstattet worden, und derselbe nicht deterioris Conditionis seyn muß; andern theils die Sache coram Consistorio keinesweges per modum Inquisitionis und criminaliter ratione interesse publici, als welches bey Geistlichen Gerichten nicht gewöhnlich, sondern civiliter tractiret, und von Klägerin davon habendes privat interesse gesuchet worden, gestalt auch das judicium nicht vor sich sondern auf der Klägerin instanz, desselben Arrestirung angeordnet gehabt, bey welcher Bewandnüß, da zumahl die litis Contestation schon in Person von demselben verrichtet gewesen, dessen bestallter Mandatarius zur publication des Urtheils billig zugelassen werden solle, Klägerin sich auch damit nicht zu behelffen gehabt, daß derselbe dem Arreste sich entzogen, als weßwegen er nicht Klägerin sondern dem judici Red und Antwort zu geben hat, jedoch dadurch daß er allenthalben im Proceße übereilet worden, de- Verhör der Sachen angesetzet und derselbe subsidialiter citiret, auch da das Fürstliche Consistorium zu W. denselben zu stellen Bedencken getragen, und die Klägerin, dahin zu verweisen, verlanget, dem Ambte G. denselben in Arrest zunehmen committiret worden, so auch auf seiner Schwieger-Mutter Pachtguthe zu D. erfolget und es ist alsdann in dem Proceße zwar fortgefahren worden, es hat aber derselbe, weil er meynet, daß er in unterschiedenen Dingen bey sothanem Proceße sehr übereilet gewesen, dem Arreste sich entzogen, jedoch einen Mandatarium specialem ad acta bestellet, auch seine Entschuldigung bey der Churfürstlichen Regierung eingegeben. Ist ferner indessen Abwesenheit am 27. Octobr. 92. ein Urtheil publiciret und darinnen erkannt worden; daß derselbe gegen 1500. Rthlr. Caution des Arrests erlassen werden solle und ungeachtet desselben Mandatarius sich zu dieser publication gebührend angemeldet, auch die Urthelsgebühren erlegen wollen, ist doch derselbe auf der Klägerin eingewandte Protestation dazu nicht gelassen worden, und er will anjetzo: ob bey solcher Bewandnüß, sothanes Urtheil wieder ihn einige Rechts-Krafft erlangen könne? berichtet seyn. Ob nun wohl angeführet werden möchte, daß in matrimonialibus und criminalibus zumahl an Seiten des Beklagten kein Mandatarius zuläßlich, sondern die Partheyen in Person zu erscheinen schuldig, demselben auch seine Abwesenheit nicht zu statten kommen könne, weiln er daran selbst Schuld und solche umb deßwillen, daß er den Arrest violiret und sich auf die Flucht begeben, pro laudabili & honesta keines weges geachtet werden könne, inmittelst nichts desto minder das in solcher Abwesenheit publicirte Urtheil seine Rechts Krafft erreichen möge, Klägerin auch dadurch ein Jus quaesitum erlanget, so ihr nunmehr nicht zu entziehen: Dieweiln aber dennoch eines Theils auch in criminalibus und andern ihnen gleich geachteten Sachen, wann es auf der Caution, oder einen andern Punet, so eben keine persönliche Gegenwart erfordert beruhet, ein Mandatarius zuläßlich ist, gestalt auch in gegenwärtigem Fall der Klägerin einen zu bestellen verstattet worden, und derselbe nicht deterioris Conditionis seyn muß; andern theils die Sache coram Consistorio keinesweges per modum Inquisitionis und criminaliter ratione interesse publici, als welches bey Geistlichen Gerichten nicht gewöhnlich, sondern civiliter tractiret, und von Klägerin davon habendes privat interesse gesuchet worden, gestalt auch das judicium nicht vor sich sondern auf der Klägerin instanz, desselben Arrestirung angeordnet gehabt, bey welcher Bewandnüß, da zumahl die litis Contestation schon in Person von demselben verrichtet gewesen, dessen bestallter Mandatarius zur publication des Urtheils billig zugelassen werden solle, Klägerin sich auch damit nicht zu behelffen gehabt, daß derselbe dem Arreste sich entzogen, als weßwegen er nicht Klägerin sondern dem judici Red und Antwort zu geben hat, jedoch dadurch daß er allenthalben im Proceße übereilet worden, de- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0343" n="337"/> Verhör der Sachen angesetzet und derselbe subsidialiter citiret, auch da das Fürstliche Consistorium zu W. denselben zu stellen Bedencken getragen, und die Klägerin, dahin zu verweisen, verlanget, dem Ambte G. denselben in Arrest zunehmen committiret worden, so auch auf seiner Schwieger-Mutter Pachtguthe zu D. erfolget und es ist alsdann in dem Proceße zwar fortgefahren worden, es hat aber derselbe, weil er meynet, daß er in unterschiedenen Dingen bey sothanem Proceße sehr übereilet gewesen, dem Arreste sich entzogen, jedoch einen Mandatarium specialem ad acta bestellet, auch seine Entschuldigung bey der Churfürstlichen Regierung eingegeben. Ist ferner indessen Abwesenheit am 27. Octobr. 92. ein Urtheil publiciret und darinnen erkannt worden; daß derselbe gegen 1500. Rthlr. Caution des Arrests erlassen werden solle und ungeachtet desselben Mandatarius sich zu dieser publication gebührend angemeldet, auch die Urthelsgebühren erlegen wollen, ist doch derselbe auf der Klägerin eingewandte Protestation dazu nicht gelassen worden, und er will anjetzo: ob bey solcher Bewandnüß, sothanes Urtheil wieder ihn einige Rechts-Krafft erlangen könne? berichtet seyn. Ob nun wohl angeführet werden möchte, daß in matrimonialibus und criminalibus zumahl an Seiten des Beklagten kein Mandatarius zuläßlich, sondern die Partheyen in Person zu erscheinen schuldig, demselben auch seine Abwesenheit nicht zu statten kommen könne, weiln er daran selbst Schuld und solche umb deßwillen, daß er den Arrest violiret und sich auf die Flucht begeben, pro laudabili & honesta keines weges geachtet werden könne, inmittelst nichts desto minder das in solcher Abwesenheit publicirte Urtheil seine Rechts Krafft erreichen möge, Klägerin auch dadurch ein Jus quaesitum erlanget, so ihr nunmehr nicht zu entziehen:</p> <p>Dieweiln aber dennoch eines Theils auch in criminalibus und andern ihnen gleich geachteten Sachen, wann es auf der Caution, oder einen andern Punet, so eben keine persönliche Gegenwart erfordert beruhet, ein Mandatarius zuläßlich ist, gestalt auch in gegenwärtigem Fall der Klägerin einen zu bestellen verstattet worden, und derselbe nicht deterioris Conditionis seyn muß; andern theils die Sache coram Consistorio keinesweges per modum Inquisitionis und criminaliter ratione interesse publici, als welches bey Geistlichen Gerichten nicht gewöhnlich, sondern civiliter tractiret, und von Klägerin davon habendes privat interesse gesuchet worden, gestalt auch das judicium nicht vor sich sondern auf der Klägerin instanz, desselben Arrestirung angeordnet gehabt, bey welcher Bewandnüß, da zumahl die litis Contestation schon in Person von demselben verrichtet gewesen, dessen bestallter Mandatarius zur publication des Urtheils billig zugelassen werden solle, Klägerin sich auch damit nicht zu behelffen gehabt, daß derselbe dem Arreste sich entzogen, als weßwegen er nicht Klägerin sondern dem judici Red und Antwort zu geben hat, jedoch dadurch daß er allenthalben im Proceße übereilet worden, de- </p> </div> </body> </text> </TEI> [337/0343]
Verhör der Sachen angesetzet und derselbe subsidialiter citiret, auch da das Fürstliche Consistorium zu W. denselben zu stellen Bedencken getragen, und die Klägerin, dahin zu verweisen, verlanget, dem Ambte G. denselben in Arrest zunehmen committiret worden, so auch auf seiner Schwieger-Mutter Pachtguthe zu D. erfolget und es ist alsdann in dem Proceße zwar fortgefahren worden, es hat aber derselbe, weil er meynet, daß er in unterschiedenen Dingen bey sothanem Proceße sehr übereilet gewesen, dem Arreste sich entzogen, jedoch einen Mandatarium specialem ad acta bestellet, auch seine Entschuldigung bey der Churfürstlichen Regierung eingegeben. Ist ferner indessen Abwesenheit am 27. Octobr. 92. ein Urtheil publiciret und darinnen erkannt worden; daß derselbe gegen 1500. Rthlr. Caution des Arrests erlassen werden solle und ungeachtet desselben Mandatarius sich zu dieser publication gebührend angemeldet, auch die Urthelsgebühren erlegen wollen, ist doch derselbe auf der Klägerin eingewandte Protestation dazu nicht gelassen worden, und er will anjetzo: ob bey solcher Bewandnüß, sothanes Urtheil wieder ihn einige Rechts-Krafft erlangen könne? berichtet seyn. Ob nun wohl angeführet werden möchte, daß in matrimonialibus und criminalibus zumahl an Seiten des Beklagten kein Mandatarius zuläßlich, sondern die Partheyen in Person zu erscheinen schuldig, demselben auch seine Abwesenheit nicht zu statten kommen könne, weiln er daran selbst Schuld und solche umb deßwillen, daß er den Arrest violiret und sich auf die Flucht begeben, pro laudabili & honesta keines weges geachtet werden könne, inmittelst nichts desto minder das in solcher Abwesenheit publicirte Urtheil seine Rechts Krafft erreichen möge, Klägerin auch dadurch ein Jus quaesitum erlanget, so ihr nunmehr nicht zu entziehen:
Dieweiln aber dennoch eines Theils auch in criminalibus und andern ihnen gleich geachteten Sachen, wann es auf der Caution, oder einen andern Punet, so eben keine persönliche Gegenwart erfordert beruhet, ein Mandatarius zuläßlich ist, gestalt auch in gegenwärtigem Fall der Klägerin einen zu bestellen verstattet worden, und derselbe nicht deterioris Conditionis seyn muß; andern theils die Sache coram Consistorio keinesweges per modum Inquisitionis und criminaliter ratione interesse publici, als welches bey Geistlichen Gerichten nicht gewöhnlich, sondern civiliter tractiret, und von Klägerin davon habendes privat interesse gesuchet worden, gestalt auch das judicium nicht vor sich sondern auf der Klägerin instanz, desselben Arrestirung angeordnet gehabt, bey welcher Bewandnüß, da zumahl die litis Contestation schon in Person von demselben verrichtet gewesen, dessen bestallter Mandatarius zur publication des Urtheils billig zugelassen werden solle, Klägerin sich auch damit nicht zu behelffen gehabt, daß derselbe dem Arreste sich entzogen, als weßwegen er nicht Klägerin sondern dem judici Red und Antwort zu geben hat, jedoch dadurch daß er allenthalben im Proceße übereilet worden, de-
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/343>, abgerufen am 17.06.2024. |