Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

schwere und verdammliche Sünde, wenn man einer falschen Religion beypflichtet, und sagt, daß man dabey seine Seeligkeit finden könne; Jean de Espagne in den Anmerckungen über den Glauben cap. 4. Ob es genug sey, daß man darum einer Religion zugethan sey, wenn man sagt, daß man daselbst seine Seeligkeit finden könne? Wenn eine Religion in Streit gezogen wird, so ist die gantze Frage, welche die meiste thun, nur bloß und allein, ob man darinnen nicht könne seelig werden? Sie achten nicht, ob gleich in ihrer Religion einige falsche Lehren seyn, wenn sie nur, sagen sie, ihre Seeligkeit dabey schaffen können. Nun will ich jetzo nicht sagen, ob sie in ihren vorgefasten Wahn wohl gegründet seyn, indem sie vermeynen, daß sie können seelig werden in einer falschen Religion, von der sie wissen, daß falsche Lehren darinnen enthalten seyn. Aber den Fall gesetzt, daß ein solches Verbrechen die Seeligkeit nicht hindere, so will doch gewiß die Ehre und Liebe, die wir dem Urheber unsers Heyls und Seeligkeit schuldig sind, solche nicht leiden, als welcher einen Abscheu hat an allem dem, was in Sachen, so seinen Dienst betreffen, falsch erfunden wird. Es ist eine erschreckliche Verachtung GOttes und eine graufame Undanckbarkeit, wenn man damit wohl zu frieden ist, daß GOtt verunehret werde, nicht allein von andern, sondern auch von uns selbst, daferne wir nur dabey seelig werden; Zu dem, ist denn kein andrer Weg zum Himmel zu gelangen? und da mir GOtt die Wahrheit, die zur Seeligkeit leitet, zeiget, warum solt ich denn vielmehr begehren seelig zu werden, in der Bekäntnüß der Lügen, da ich doch dazu gelangen kan, in der Erkäntnüs der Wahrheit? Wenn man die Wahrheit darum nicht annehmen will, weil man die Seeligkeit eben sowohl in der Lügen zu finden vermeynet, so ist solches alleine genug, den Menschen der Seeligkeit unfähig zu machen. Aber wir dieses Orts finden in dem von allen unsern Theologen be-

schwere und verdammliche Sünde, wenn man einer falschen Religion beypflichtet, und sagt, daß man dabey seine Seeligkeit finden könne; Jean de Espagne in den Anmerckungen über den Glauben cap. 4. Ob es genug sey, daß man darum einer Religion zugethan sey, wenn man sagt, daß man daselbst seine Seeligkeit finden könne? Wenn eine Religion in Streit gezogen wird, so ist die gantze Frage, welche die meiste thun, nur bloß und allein, ob man darinnen nicht könne seelig werden? Sie achten nicht, ob gleich in ihrer Religion einige falsche Lehren seyn, wenn sie nur, sagen sie, ihre Seeligkeit dabey schaffen können. Nun will ich jetzo nicht sagen, ob sie in ihren vorgefasten Wahn wohl gegründet seyn, indem sie vermeynen, daß sie können seelig werden in einer falschen Religion, von der sie wissen, daß falsche Lehren darinnen enthalten seyn. Aber den Fall gesetzt, daß ein solches Verbrechen die Seeligkeit nicht hindere, so will doch gewiß die Ehre und Liebe, die wir dem Urheber unsers Heyls und Seeligkeit schuldig sind, solche nicht leiden, als welcher einen Abscheu hat an allem dem, was in Sachen, so seinen Dienst betreffen, falsch erfunden wird. Es ist eine erschreckliche Verachtung GOttes und eine graufame Undanckbarkeit, wenn man damit wohl zu frieden ist, daß GOtt verunehret werde, nicht allein von andern, sondern auch von uns selbst, daferne wir nur dabey seelig werden; Zu dem, ist denn kein andrer Weg zum Himmel zu gelangen? und da mir GOtt die Wahrheit, die zur Seeligkeit leitet, zeiget, warum solt ich denn vielmehr begehren seelig zu werden, in der Bekäntnüß der Lügen, da ich doch dazu gelangen kan, in der Erkäntnüs der Wahrheit? Wenn man die Wahrheit darum nicht annehmen will, weil man die Seeligkeit eben sowohl in der Lügen zu finden vermeynet, so ist solches alleine genug, den Menschen der Seeligkeit unfähig zu machen. Aber wir dieses Orts finden in dem von allen unsern Theologen be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0252" n="244"/>
schwere                      und verdammliche Sünde, wenn man einer falschen Religion beypflichtet, und sagt,                      daß man dabey seine Seeligkeit finden könne; <note place="left">Jean de Espagne                          in den Anmerckungen über den Glauben cap. 4. Ob es genug sey, daß man darum                          einer Religion zugethan sey, wenn man sagt, daß man daselbst seine                          Seeligkeit finden könne? Wenn eine Religion in Streit gezogen wird, so ist                          die gantze Frage, welche die meiste thun, nur bloß und allein, ob man                          darinnen nicht könne seelig werden? Sie achten nicht, ob gleich in ihrer                          Religion einige falsche Lehren seyn, wenn sie nur, sagen sie, ihre                          Seeligkeit dabey schaffen können. Nun will ich jetzo nicht sagen, ob sie in                          ihren vorgefasten Wahn wohl gegründet seyn, indem sie vermeynen, daß sie                          können seelig werden in einer falschen Religion, von der sie wissen, daß                          falsche Lehren darinnen enthalten seyn. Aber den Fall gesetzt, daß ein                          solches Verbrechen die Seeligkeit nicht hindere, so will doch gewiß die Ehre                          und Liebe, die wir dem Urheber unsers Heyls und Seeligkeit schuldig sind,                          solche nicht leiden, als welcher einen Abscheu hat an allem dem, was in                          Sachen, so seinen Dienst betreffen, falsch erfunden wird. Es ist eine                          erschreckliche Verachtung GOttes und eine graufame Undanckbarkeit, wenn man                          damit wohl zu frieden ist, daß GOtt verunehret werde, nicht allein von                          andern, sondern auch von uns selbst, daferne wir nur dabey seelig werden; Zu                          dem, ist denn kein andrer Weg zum Himmel zu gelangen? und da mir GOtt die                          Wahrheit, die zur Seeligkeit leitet, zeiget, warum solt ich denn vielmehr                          begehren seelig zu werden, in der Bekäntnüß der Lügen, da ich doch dazu                          gelangen kan, in der Erkäntnüs der Wahrheit? Wenn man die Wahrheit darum                          nicht annehmen will, weil man die Seeligkeit eben sowohl in der Lügen zu                          finden vermeynet, so ist solches alleine genug, den Menschen der Seeligkeit                          unfähig zu machen.</note> Aber wir dieses Orts finden in dem von allen                      unsern Theologen be-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0252] schwere und verdammliche Sünde, wenn man einer falschen Religion beypflichtet, und sagt, daß man dabey seine Seeligkeit finden könne; Aber wir dieses Orts finden in dem von allen unsern Theologen be- Jean de Espagne in den Anmerckungen über den Glauben cap. 4. Ob es genug sey, daß man darum einer Religion zugethan sey, wenn man sagt, daß man daselbst seine Seeligkeit finden könne? Wenn eine Religion in Streit gezogen wird, so ist die gantze Frage, welche die meiste thun, nur bloß und allein, ob man darinnen nicht könne seelig werden? Sie achten nicht, ob gleich in ihrer Religion einige falsche Lehren seyn, wenn sie nur, sagen sie, ihre Seeligkeit dabey schaffen können. Nun will ich jetzo nicht sagen, ob sie in ihren vorgefasten Wahn wohl gegründet seyn, indem sie vermeynen, daß sie können seelig werden in einer falschen Religion, von der sie wissen, daß falsche Lehren darinnen enthalten seyn. Aber den Fall gesetzt, daß ein solches Verbrechen die Seeligkeit nicht hindere, so will doch gewiß die Ehre und Liebe, die wir dem Urheber unsers Heyls und Seeligkeit schuldig sind, solche nicht leiden, als welcher einen Abscheu hat an allem dem, was in Sachen, so seinen Dienst betreffen, falsch erfunden wird. Es ist eine erschreckliche Verachtung GOttes und eine graufame Undanckbarkeit, wenn man damit wohl zu frieden ist, daß GOtt verunehret werde, nicht allein von andern, sondern auch von uns selbst, daferne wir nur dabey seelig werden; Zu dem, ist denn kein andrer Weg zum Himmel zu gelangen? und da mir GOtt die Wahrheit, die zur Seeligkeit leitet, zeiget, warum solt ich denn vielmehr begehren seelig zu werden, in der Bekäntnüß der Lügen, da ich doch dazu gelangen kan, in der Erkäntnüs der Wahrheit? Wenn man die Wahrheit darum nicht annehmen will, weil man die Seeligkeit eben sowohl in der Lügen zu finden vermeynet, so ist solches alleine genug, den Menschen der Seeligkeit unfähig zu machen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/252
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/252>, abgerufen am 24.11.2024.