Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

hätten; wie dann auch wahr, daß jederzeit pro libertate zu erkennen wäre, und also Kläger die Baudienste nicht fordern könte, sondern Beklagte ab. solviret werden müsten. Ob nun wohl Kläger hierbey Interrogatoria übergeben und gebeten, gleichfalls über selbige die Zeugen abzuhören, so ist doch dieses Petitum a Facultate Juridica W. d. 21. April 1716. aberkannt worden, weil man in terminis einer Bescheinigung und nicht eines ordentlichen Beweises verfirete.

Klägers Gegenscheinigung.

§. V. Des Klägers Gegenbescheinigung bestande in 9. Articulis, dabey aber keine Zeugen angegeben wurden 1) daß er Anno 1715. das Gut S. gekaufft. 2) Daß dieses ein rechtes wahres Lehn-Guth sey und der Besitzer desselben (nach dem Lehn-Brieffe) damit, wie auch über Hulde und Schulde, Braun, Blau, Scheltwort, Blutrunst und Fluß-Wunden zu richten, von der hohen Landes-Obrigkeit beliehen. 3) Daß (vermöge der Landes-Ordnung und der Churfl. Sächß. Constitution) die Adelichen Unterthanen schuldig wären zu denen Ritter-Guths Gebäuden die schuldigen Frohnen zu thun. 4) Daß zu S. keine Vergleiche oder Verträge der Baufrohnen halber verhanden. 5) Daß ob schon die Unterthanen die Jahre her keine Baudienste geleistet, so wären sie doch auch nicht dazu erfodert worden. 6) Weil in langer Zeit kein neu Hofgebäude geführet worden (diese 3. Articuli wären theils negativi theils illativi) 7) daß die Bekl. sich zwar (besage Ihrer Bescheinigungs-Artickel) darinnen meistens fundirten, weil sie der Fürstlichen Herrschafft gleich andern unter dem Amt Fr. wohnenden Unterthanen Fröhnen thun müsten, so wären sie von des Gerichts-Herrn Fröhne befreyet. 8) Weil aber noch andere Unterthanen (laut Attestatorum) in Amt Fr. sich befänden, die die Fürstliche Herrschaffts-Frohne und Dienste nach Fr. thun und nichts destoweniger auch Ihrer Adelichen Herrschafft die gewöhnlichen Baudienste abstatten müsten; so könten 9) Bekl. in Ermangelung alter Verträge und Vergleiche nicht mehr Recht als selbige Unterthanen haben.

JCti L. absolviren die Beklagten von der Klage.

§. VI. Bey dem Verfahren über Bescheinigung und Gegenbescheinigung kame wenig neues vor, als daß Beklagte bey der abermahligen Beruffung auf praescriptionem 30. annorum sich auf Carpzovium bezogen P. 2. Const. 52. def. 12. licet subditi ad eas praestandas non fuerint requisiti, geschweige denn per immemorialem, weil nemlich vor 46. Jahren der damahlige Gerichts-Herr keine Dienste an sie begehret hätte. Sie legten auch fol. 137, ein Attestat

hätten; wie dann auch wahr, daß jederzeit pro libertate zu erkennen wäre, und also Kläger die Baudienste nicht fordern könte, sondern Beklagte ab. solviret werden müsten. Ob nun wohl Kläger hierbey Interrogatoria übergeben und gebeten, gleichfalls über selbige die Zeugen abzuhören, so ist doch dieses Petitum a Facultate Juridica W. d. 21. April 1716. aberkannt worden, weil man in terminis einer Bescheinigung und nicht eines ordentlichen Beweises verfirete.

Klägers Gegenscheinigung.

§. V. Des Klägers Gegenbescheinigung bestande in 9. Articulis, dabey aber keine Zeugen angegeben wurden 1) daß er Anno 1715. das Gut S. gekaufft. 2) Daß dieses ein rechtes wahres Lehn-Guth sey und der Besitzer desselben (nach dem Lehn-Brieffe) damit, wie auch über Hulde und Schulde, Braun, Blau, Scheltwort, Blutrunst und Fluß-Wunden zu richten, von der hohen Landes-Obrigkeit beliehen. 3) Daß (vermöge der Landes-Ordnung und der Churfl. Sächß. Constitution) die Adelichen Unterthanen schuldig wären zu denen Ritter-Guths Gebäuden die schuldigen Frohnen zu thun. 4) Daß zu S. keine Vergleiche oder Verträge der Baufrohnen halber verhanden. 5) Daß ob schon die Unterthanen die Jahre her keine Baudienste geleistet, so wären sie doch auch nicht dazu erfodert worden. 6) Weil in langer Zeit kein neu Hofgebäude geführet worden (diese 3. Articuli wären theils negativi theils illativi) 7) daß die Bekl. sich zwar (besage Ihrer Bescheinigungs-Artickel) darinnen meistens fundirten, weil sie der Fürstlichen Herrschafft gleich andern unter dem Amt Fr. wohnenden Unterthanen Fröhnen thun müsten, so wären sie von des Gerichts-Herrn Fröhne befreyet. 8) Weil aber noch andere Unterthanen (laut Attestatorum) in Amt Fr. sich befänden, die die Fürstliche Herrschaffts-Frohne und Dienste nach Fr. thun und nichts destoweniger auch Ihrer Adelichen Herrschafft die gewöhnlichen Baudienste abstatten müsten; so könten 9) Bekl. in Ermangelung alter Verträge und Vergleiche nicht mehr Recht als selbige Unterthanen haben.

JCti L. absolviren die Beklagten von der Klage.

§. VI. Bey dem Verfahren über Bescheinigung und Gegenbescheinigung kame wenig neues vor, als daß Beklagte bey der abermahligen Beruffung auf praescriptionem 30. annorum sich auf Carpzovium bezogen P. 2. Const. 52. def. 12. licet subditi ad eas praestandas non fuerint requisiti, geschweige denn per immemorialem, weil nemlich vor 46. Jahren der damahlige Gerichts-Herr keine Dienste an sie begehret hätte. Sie legten auch fol. 137, ein Attestat

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0334" n="326"/>
hätten; wie dann auch wahr, daß jederzeit pro libertate zu erkennen wäre, und                      also Kläger die Baudienste nicht fordern könte, sondern Beklagte ab. solviret                      werden müsten. Ob nun wohl Kläger hierbey Interrogatoria übergeben und gebeten,                      gleichfalls über selbige die Zeugen abzuhören, so ist doch dieses Petitum a                      Facultate Juridica W. d. 21. April 1716. aberkannt worden, weil man in terminis                      einer Bescheinigung und nicht eines ordentlichen Beweises verfirete.</p>
        <note place="left">Klägers Gegenscheinigung.</note>
        <p>§. V. Des Klägers Gegenbescheinigung bestande in 9. Articulis, dabey aber keine                      Zeugen angegeben wurden 1) daß er Anno 1715. das Gut S. gekaufft. 2) Daß dieses                      ein rechtes wahres Lehn-Guth sey und der Besitzer desselben (nach dem                      Lehn-Brieffe) damit, wie auch über Hulde und Schulde, Braun, Blau, Scheltwort,                      Blutrunst und Fluß-Wunden zu richten, von der hohen Landes-Obrigkeit beliehen.                      3) Daß (vermöge der Landes-Ordnung und der Churfl. Sächß. Constitution) die                      Adelichen Unterthanen schuldig wären zu denen Ritter-Guths Gebäuden die                      schuldigen Frohnen zu thun. 4) Daß zu S. keine Vergleiche oder Verträge der                      Baufrohnen halber verhanden. 5) Daß ob schon die Unterthanen die Jahre her keine                      Baudienste geleistet, so wären sie doch auch nicht dazu erfodert worden. 6) Weil                      in langer Zeit kein neu Hofgebäude geführet worden (diese 3. Articuli wären                      theils negativi theils illativi) 7) daß die Bekl. sich zwar (besage Ihrer                      Bescheinigungs-Artickel) darinnen meistens fundirten, weil sie der Fürstlichen                      Herrschafft gleich andern unter dem Amt Fr. wohnenden Unterthanen Fröhnen thun                      müsten, so wären sie von des Gerichts-Herrn Fröhne befreyet. 8) Weil aber noch                      andere Unterthanen (laut Attestatorum) in Amt Fr. sich befänden, die die                      Fürstliche Herrschaffts-Frohne und Dienste nach Fr. thun und nichts destoweniger                      auch Ihrer Adelichen Herrschafft die gewöhnlichen Baudienste abstatten müsten;                      so könten 9) Bekl. in Ermangelung alter Verträge und Vergleiche nicht mehr Recht                      als selbige Unterthanen haben.</p>
        <note place="left"><hi rendition="#i">JCti L. absolvir</hi>en die Beklagten von der                      Klage.</note>
        <p>§. VI. Bey dem Verfahren über Bescheinigung und Gegenbescheinigung kame wenig                      neues vor, als daß Beklagte bey der abermahligen Beruffung auf praescriptionem                      30. annorum sich auf Carpzovium bezogen P. 2. Const. 52. def. 12. licet subditi                      ad eas praestandas non fuerint requisiti, geschweige denn per immemorialem, weil                      nemlich vor 46. Jahren der damahlige Gerichts-Herr keine Dienste an sie begehret                      hätte. Sie legten auch fol. 137, ein Attestat
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0334] hätten; wie dann auch wahr, daß jederzeit pro libertate zu erkennen wäre, und also Kläger die Baudienste nicht fordern könte, sondern Beklagte ab. solviret werden müsten. Ob nun wohl Kläger hierbey Interrogatoria übergeben und gebeten, gleichfalls über selbige die Zeugen abzuhören, so ist doch dieses Petitum a Facultate Juridica W. d. 21. April 1716. aberkannt worden, weil man in terminis einer Bescheinigung und nicht eines ordentlichen Beweises verfirete. §. V. Des Klägers Gegenbescheinigung bestande in 9. Articulis, dabey aber keine Zeugen angegeben wurden 1) daß er Anno 1715. das Gut S. gekaufft. 2) Daß dieses ein rechtes wahres Lehn-Guth sey und der Besitzer desselben (nach dem Lehn-Brieffe) damit, wie auch über Hulde und Schulde, Braun, Blau, Scheltwort, Blutrunst und Fluß-Wunden zu richten, von der hohen Landes-Obrigkeit beliehen. 3) Daß (vermöge der Landes-Ordnung und der Churfl. Sächß. Constitution) die Adelichen Unterthanen schuldig wären zu denen Ritter-Guths Gebäuden die schuldigen Frohnen zu thun. 4) Daß zu S. keine Vergleiche oder Verträge der Baufrohnen halber verhanden. 5) Daß ob schon die Unterthanen die Jahre her keine Baudienste geleistet, so wären sie doch auch nicht dazu erfodert worden. 6) Weil in langer Zeit kein neu Hofgebäude geführet worden (diese 3. Articuli wären theils negativi theils illativi) 7) daß die Bekl. sich zwar (besage Ihrer Bescheinigungs-Artickel) darinnen meistens fundirten, weil sie der Fürstlichen Herrschafft gleich andern unter dem Amt Fr. wohnenden Unterthanen Fröhnen thun müsten, so wären sie von des Gerichts-Herrn Fröhne befreyet. 8) Weil aber noch andere Unterthanen (laut Attestatorum) in Amt Fr. sich befänden, die die Fürstliche Herrschaffts-Frohne und Dienste nach Fr. thun und nichts destoweniger auch Ihrer Adelichen Herrschafft die gewöhnlichen Baudienste abstatten müsten; so könten 9) Bekl. in Ermangelung alter Verträge und Vergleiche nicht mehr Recht als selbige Unterthanen haben. §. VI. Bey dem Verfahren über Bescheinigung und Gegenbescheinigung kame wenig neues vor, als daß Beklagte bey der abermahligen Beruffung auf praescriptionem 30. annorum sich auf Carpzovium bezogen P. 2. Const. 52. def. 12. licet subditi ad eas praestandas non fuerint requisiti, geschweige denn per immemorialem, weil nemlich vor 46. Jahren der damahlige Gerichts-Herr keine Dienste an sie begehret hätte. Sie legten auch fol. 137, ein Attestat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/334
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/334>, abgerufen am 27.11.2024.