Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

"ner der Kirchengeschichte, sollte dir unbe-
"kannt seyn, wie ich einst dem neidischen
"Kloster das schönste Fräulein entriß? Ach
"Catharina, Catharina von Bora! wie sehr
"beglückte deine Liebe mein einsames Leben!
"Und du -- du verzagst, dem Hofe ein
"Mägdchen zu eutziehn, das von keiner ei-
"sernen Thüre verschlossen, von keiner Aebtis-
"sinn bewacht, und von der Klostergelübde
"weit entfernt ist, eine ewige Jungfer zu
"bleiben? Höre meinen liebreichen Rath:
"Morgen wird die reizende Wilhelmine ih-
"ren Vater besuchen. Von keinem Höflinge
"begleitet, wird sie des Mittags zu ihm fah-
"ren -- Welch ein bedeutender Wink, den
"die Liebe dir giebt -- Folg ihm -- erhebe
"dich in Wilhelminens Gesellschaft, und er-
"öffne ihr deine brennende Neigung! Sie --
"die gleich einem leichten Federballe von Hand
"in Hand geworfen -- in der Höhe des Hofs
"flatterte -- oft mit Schwindel herabfiel

"und
B 3

”ner der Kirchengeſchichte, ſollte dir unbe-
”kannt ſeyn, wie ich einſt dem neidiſchen
”Kloſter das ſchoͤnſte Fraͤulein entriß? Ach
”Catharina, Catharina von Bora! wie ſehr
”begluͤckte deine Liebe mein einſames Leben!
”Und du — du verzagſt, dem Hofe ein
”Maͤgdchen zu eutziehn, das von keiner ei-
”ſernen Thuͤre verſchloſſen, von keiner Aebtiſ-
”ſinn bewacht, und von der Kloſtergeluͤbde
”weit entfernt iſt, eine ewige Jungfer zu
”bleiben? Hoͤre meinen liebreichen Rath:
”Morgen wird die reizende Wilhelmine ih-
”ren Vater beſuchen. Von keinem Hoͤflinge
”begleitet, wird ſie des Mittags zu ihm fah-
”ren — Welch ein bedeutender Wink, den
”die Liebe dir giebt — Folg ihm — erhebe
”dich in Wilhelminens Geſellſchaft, und er-
”oͤffne ihr deine brennende Neigung! Sie —
”die gleich einem leichten Federballe von Hand
”in Hand geworfen — in der Hoͤhe des Hofs
”flatterte — oft mit Schwindel herabfiel

”und
B 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0025" n="21"/>
&#x201D;ner der Kirchenge&#x017F;chichte, &#x017F;ollte dir unbe-<lb/>
&#x201D;kannt &#x017F;eyn, wie ich ein&#x017F;t dem neidi&#x017F;chen<lb/>
&#x201D;Klo&#x017F;ter das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Fra&#x0364;ulein entriß? Ach<lb/>
&#x201D;Catharina, Catharina von Bora! wie &#x017F;ehr<lb/>
&#x201D;beglu&#x0364;ckte deine Liebe mein ein&#x017F;ames Leben!<lb/>
&#x201D;Und du &#x2014; du verzag&#x017F;t, dem Hofe ein<lb/>
&#x201D;Ma&#x0364;gdchen zu eutziehn, das von keiner ei-<lb/>
&#x201D;&#x017F;ernen Thu&#x0364;re ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, von keiner Aebti&#x017F;-<lb/>
&#x201D;&#x017F;inn bewacht, und von der Klo&#x017F;tergelu&#x0364;bde<lb/>
&#x201D;weit entfernt i&#x017F;t, eine ewige Jungfer zu<lb/>
&#x201D;bleiben? Ho&#x0364;re meinen liebreichen Rath:<lb/>
&#x201D;Morgen wird die reizende Wilhelmine ih-<lb/>
&#x201D;ren Vater be&#x017F;uchen. Von keinem Ho&#x0364;flinge<lb/>
&#x201D;begleitet, wird &#x017F;ie des Mittags zu ihm fah-<lb/>
&#x201D;ren &#x2014; Welch ein bedeutender Wink, den<lb/>
&#x201D;die Liebe dir giebt &#x2014; Folg ihm &#x2014; erhebe<lb/>
&#x201D;dich in Wilhelminens Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, und er-<lb/>
&#x201D;o&#x0364;ffne ihr deine brennende Neigung! Sie &#x2014;<lb/>
&#x201D;die gleich einem leichten Federballe von Hand<lb/>
&#x201D;in Hand geworfen &#x2014; in der Ho&#x0364;he des Hofs<lb/>
&#x201D;flatterte &#x2014; oft mit Schwindel herabfiel<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x201D;und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0025] ”ner der Kirchengeſchichte, ſollte dir unbe- ”kannt ſeyn, wie ich einſt dem neidiſchen ”Kloſter das ſchoͤnſte Fraͤulein entriß? Ach ”Catharina, Catharina von Bora! wie ſehr ”begluͤckte deine Liebe mein einſames Leben! ”Und du — du verzagſt, dem Hofe ein ”Maͤgdchen zu eutziehn, das von keiner ei- ”ſernen Thuͤre verſchloſſen, von keiner Aebtiſ- ”ſinn bewacht, und von der Kloſtergeluͤbde ”weit entfernt iſt, eine ewige Jungfer zu ”bleiben? Hoͤre meinen liebreichen Rath: ”Morgen wird die reizende Wilhelmine ih- ”ren Vater beſuchen. Von keinem Hoͤflinge ”begleitet, wird ſie des Mittags zu ihm fah- ”ren — Welch ein bedeutender Wink, den ”die Liebe dir giebt — Folg ihm — erhebe ”dich in Wilhelminens Geſellſchaft, und er- ”oͤffne ihr deine brennende Neigung! Sie — ”die gleich einem leichten Federballe von Hand ”in Hand geworfen — in der Hoͤhe des Hofs ”flatterte — oft mit Schwindel herabfiel ”und B 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/25
Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/25>, abgerufen am 24.11.2024.