Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

der Schlaf eines Verliebten ist Unruh; denn
sobald er das Bellen der Hunde und das Ra-
sen des Windes nicht mehr deutlich vernahm,
so bemächtigten ängstliche Ahndungen sich sei-
nes Gefühls. Bald träumt' er, seine be-
rauschte Seele erhübe sich über das Zenith
und begrüßte unbekannte Gefilde. Dann
glaubte er wieder in einen bodenlosen Abgrund
zu stürzen, schrie, sträubte sich, stieß sich an
den schlafenden Scheitel, und erwachte in ei-
nem plötzlichen Schrecken. So steigt ein lu-
stiger Schwärmer durch die dunkle Nacht in
einem Wirbel empor, wirft freundliche Stern-
chen von sich, und brauset unter den Wolken;
bald darauf sinkt er -- nun sinkt er, endet
sein kurzes Geräusch, und zerplatzt mit einem
lächerlichen Knall.



Drit-
C 4

der Schlaf eines Verliebten iſt Unruh; denn
ſobald er das Bellen der Hunde und das Ra-
ſen des Windes nicht mehr deutlich vernahm,
ſo bemaͤchtigten aͤngſtliche Ahndungen ſich ſei-
nes Gefuͤhls. Bald traͤumt’ er, ſeine be-
rauſchte Seele erhuͤbe ſich uͤber das Zenith
und begruͤßte unbekannte Gefilde. Dann
glaubte er wieder in einen bodenloſen Abgrund
zu ſtuͤrzen, ſchrie, ſtraͤubte ſich, ſtieß ſich an
den ſchlafenden Scheitel, und erwachte in ei-
nem ploͤtzlichen Schrecken. So ſteigt ein lu-
ſtiger Schwaͤrmer durch die dunkle Nacht in
einem Wirbel empor, wirft freundliche Stern-
chen von ſich, und brauſet unter den Wolken;
bald darauf ſinkt er — nun ſinkt er, endet
ſein kurzes Geraͤuſch, und zerplatzt mit einem
laͤcherlichen Knall.



Drit-
C 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="39"/>
der Schlaf eines Verliebten i&#x017F;t Unruh; denn<lb/>
&#x017F;obald er das Bellen der Hunde und das Ra-<lb/>
&#x017F;en des Windes nicht mehr deutlich vernahm,<lb/>
&#x017F;o bema&#x0364;chtigten a&#x0364;ng&#x017F;tliche Ahndungen &#x017F;ich &#x017F;ei-<lb/>
nes Gefu&#x0364;hls. Bald tra&#x0364;umt&#x2019; er, &#x017F;eine be-<lb/>
rau&#x017F;chte Seele erhu&#x0364;be &#x017F;ich u&#x0364;ber das Zenith<lb/>
und begru&#x0364;ßte unbekannte Gefilde. Dann<lb/>
glaubte er wieder in einen bodenlo&#x017F;en Abgrund<lb/>
zu &#x017F;tu&#x0364;rzen, &#x017F;chrie, &#x017F;tra&#x0364;ubte &#x017F;ich, &#x017F;tieß &#x017F;ich an<lb/>
den &#x017F;chlafenden Scheitel, und erwachte in ei-<lb/>
nem plo&#x0364;tzlichen Schrecken. So &#x017F;teigt ein lu-<lb/>
&#x017F;tiger Schwa&#x0364;rmer durch die dunkle Nacht in<lb/>
einem Wirbel empor, wirft freundliche Stern-<lb/>
chen von &#x017F;ich, und brau&#x017F;et unter den Wolken;<lb/>
bald darauf &#x017F;inkt er &#x2014; nun &#x017F;inkt er, endet<lb/>
&#x017F;ein kurzes Gera&#x0364;u&#x017F;ch, und zerplatzt mit einem<lb/>
la&#x0364;cherlichen Knall.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">C 4</fw>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Drit-</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0043] der Schlaf eines Verliebten iſt Unruh; denn ſobald er das Bellen der Hunde und das Ra- ſen des Windes nicht mehr deutlich vernahm, ſo bemaͤchtigten aͤngſtliche Ahndungen ſich ſei- nes Gefuͤhls. Bald traͤumt’ er, ſeine be- rauſchte Seele erhuͤbe ſich uͤber das Zenith und begruͤßte unbekannte Gefilde. Dann glaubte er wieder in einen bodenloſen Abgrund zu ſtuͤrzen, ſchrie, ſtraͤubte ſich, ſtieß ſich an den ſchlafenden Scheitel, und erwachte in ei- nem ploͤtzlichen Schrecken. So ſteigt ein lu- ſtiger Schwaͤrmer durch die dunkle Nacht in einem Wirbel empor, wirft freundliche Stern- chen von ſich, und brauſet unter den Wolken; bald darauf ſinkt er — nun ſinkt er, endet ſein kurzes Geraͤuſch, und zerplatzt mit einem laͤcherlichen Knall. Drit- C 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/43
Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/43>, abgerufen am 22.12.2024.