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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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hochzeitliche Tafel geordnet. Ehe man sich
setzte, bewunderte man seinen Geschmack in ei-
ner minutenlangen. Stille, und faltete dabey
die Hände. Schimmernder Wein, der, wie
die Begeisterung der Liebe, nicht beschrieben,
nur empfunden werden muß, blickte durch den
geruchvollen Dampf der theuern Gerichte, wie
das Abendroth unter dem aufsteigenden Ne-
bel hervor.

Jtzt ergriff der gestirnte Hofmarschall die
warme weiche Hand der blauäugichten Will-
helmine, führte sie an die oberste Stelle der
Tafel, und bath den dankbaren Schwarzrock,
sich neben seiner Göttinn zu setzen, und nicht
durch den Zwang eines Neuvermählten die
Freuden der Tafel zu stören. Ach! wie giebt
hier die veränderliche Zeit ihr Recht zu erken-
nen! Er -- der ehemals dem weinenden Pfarr-
herrn seine Geliebte entzog, giebt sie ihm itzt
bey einem freygebigen Gastmahle geputzt und
artig wieder zurück, und macht ihm alle sein

ausge-

hochzeitliche Tafel geordnet. Ehe man ſich
ſetzte, bewunderte man ſeinen Geſchmack in ei-
ner minutenlangen. Stille, und faltete dabey
die Haͤnde. Schimmernder Wein, der, wie
die Begeiſterung der Liebe, nicht beſchrieben,
nur empfunden werden muß, blickte durch den
geruchvollen Dampf der theuern Gerichte, wie
das Abendroth unter dem aufſteigenden Ne-
bel hervor.

Jtzt ergriff der geſtirnte Hofmarſchall die
warme weiche Hand der blauaͤugichten Will-
helmine, fuͤhrte ſie an die oberſte Stelle der
Tafel, und bath den dankbaren Schwarzrock,
ſich neben ſeiner Goͤttinn zu ſetzen, und nicht
durch den Zwang eines Neuvermaͤhlten die
Freuden der Tafel zu ſtoͤren. Ach! wie giebt
hier die veraͤnderliche Zeit ihr Recht zu erken-
nen! Er — der ehemals dem weinenden Pfarr-
herrn ſeine Geliebte entzog, giebt ſie ihm itzt
bey einem freygebigen Gaſtmahle geputzt und
artig wieder zuruͤck, und macht ihm alle ſein

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[78/0082] hochzeitliche Tafel geordnet. Ehe man ſich ſetzte, bewunderte man ſeinen Geſchmack in ei- ner minutenlangen. Stille, und faltete dabey die Haͤnde. Schimmernder Wein, der, wie die Begeiſterung der Liebe, nicht beſchrieben, nur empfunden werden muß, blickte durch den geruchvollen Dampf der theuern Gerichte, wie das Abendroth unter dem aufſteigenden Ne- bel hervor. Jtzt ergriff der geſtirnte Hofmarſchall die warme weiche Hand der blauaͤugichten Will- helmine, fuͤhrte ſie an die oberſte Stelle der Tafel, und bath den dankbaren Schwarzrock, ſich neben ſeiner Goͤttinn zu ſetzen, und nicht durch den Zwang eines Neuvermaͤhlten die Freuden der Tafel zu ſtoͤren. Ach! wie giebt hier die veraͤnderliche Zeit ihr Recht zu erken- nen! Er — der ehemals dem weinenden Pfarr- herrn ſeine Geliebte entzog, giebt ſie ihm itzt bey einem freygebigen Gaſtmahle geputzt und artig wieder zuruͤck, und macht ihm alle ſein ausge-

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/82>, abgerufen am 22.12.2024.