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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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gäste zurück. Doch kaum begriffen sie das
drohende Unglück ihres betrübten Wirths,
so flohen sie ihn, als wahre Hofleute mit ei-
lenden Füssen, und nach einem kurzen gleich-
gültigen Lebewohl! verliessen sie alle das neue
Ehepaar in Thränen. Aber, wie ehemals der
junge Aeneas seinen alten frommen Vater aus
dem flammenden Troja trug, so umfast itzt
der getreue Hofmarschal seine weinende Cla-
risse, und durch die Liebe gestärkt, verachtete er
alle Gefahren. Das Feuer prasselt' über sein
Haupt, und die Wellen des Fischbeinrocks
schlugen über seine zerrißnen Haarlocken zusam-
men -- dennoch bracht' er sie glücklich an ihre
sichere Carosse, und übergab sie den Händen
ihrer schützenden Zofe. Und wie der uner-
schrockene Weise gegenwärtig in den grösten
Bedrängnissen, sich noch um Kleinigkeiten des
Lebens bekümmert, oder so, wie der grosse Lips
Tullian auf dem Richtplatze, da schon der
Stab gebrochen ist, noch für seine Nase be-

sorgt,

gaͤſte zuruͤck. Doch kaum begriffen ſie das
drohende Ungluͤck ihres betruͤbten Wirths,
ſo flohen ſie ihn, als wahre Hofleute mit ei-
lenden Fuͤſſen, und nach einem kurzen gleich-
guͤltigen Lebewohl! verlieſſen ſie alle das neue
Ehepaar in Thraͤnen. Aber, wie ehemals der
junge Aeneas ſeinen alten frommen Vater aus
dem flammenden Troja trug, ſo umfaſt itzt
der getreue Hofmarſchal ſeine weinende Cla-
riſſe, und durch die Liebe geſtaͤrkt, verachtete er
alle Gefahren. Das Feuer praſſelt’ uͤber ſein
Haupt, und die Wellen des Fiſchbeinrocks
ſchlugen uͤber ſeine zerrißnen Haarlocken zuſam-
men — dennoch bracht’ er ſie gluͤcklich an ihre
ſichere Caroſſe, und uͤbergab ſie den Haͤnden
ihrer ſchuͤtzenden Zofe. Und wie der uner-
ſchrockene Weiſe gegenwaͤrtig in den groͤſten
Bedraͤngniſſen, ſich noch um Kleinigkeiten des
Lebens bekuͤmmert, oder ſo, wie der groſſe Lips
Tullian auf dem Richtplatze, da ſchon der
Stab gebrochen iſt, noch fuͤr ſeine Naſe be-

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[92/0096] gaͤſte zuruͤck. Doch kaum begriffen ſie das drohende Ungluͤck ihres betruͤbten Wirths, ſo flohen ſie ihn, als wahre Hofleute mit ei- lenden Fuͤſſen, und nach einem kurzen gleich- guͤltigen Lebewohl! verlieſſen ſie alle das neue Ehepaar in Thraͤnen. Aber, wie ehemals der junge Aeneas ſeinen alten frommen Vater aus dem flammenden Troja trug, ſo umfaſt itzt der getreue Hofmarſchal ſeine weinende Cla- riſſe, und durch die Liebe geſtaͤrkt, verachtete er alle Gefahren. Das Feuer praſſelt’ uͤber ſein Haupt, und die Wellen des Fiſchbeinrocks ſchlugen uͤber ſeine zerrißnen Haarlocken zuſam- men — dennoch bracht’ er ſie gluͤcklich an ihre ſichere Caroſſe, und uͤbergab ſie den Haͤnden ihrer ſchuͤtzenden Zofe. Und wie der uner- ſchrockene Weiſe gegenwaͤrtig in den groͤſten Bedraͤngniſſen, ſich noch um Kleinigkeiten des Lebens bekuͤmmert, oder ſo, wie der groſſe Lips Tullian auf dem Richtplatze, da ſchon der Stab gebrochen iſt, noch fuͤr ſeine Naſe be- ſorgt,

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/96>, abgerufen am 22.12.2024.