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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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befriedigt werden können; der Preis der Kartoffeln muß
also bis zum Maximum steigen, und unsere obige An-
nahme, daß die Kartoffeln in der Stadt selbst 1/3 des Ro-
ckenpreises gelten werden, ist dadurch gerechtfertigt.

Es verdient bemerkt zu werden, daß die Kartoffeln,
obgleich sie im Verhältniß zum Getreide ein so großes
Quantum Nahrungsstoff von derselben Fläche liefern, den-
noch so wenig geeignet sind, eine sehr große Stadt ohne
Beihülfe des Getreides mit Lebensmitteln zu versorgen.

In der Wirthschaft A fanden wir, daß die Landrente
beim Bau der Kartoffeln auf einem sehr reichen Boden
schon bei 9,3 Meilen Entfernung von der Stadt ver-
schwindet, während der Getreidebau auf Boden von weit
minderm Reichthum bis 31,5 Meilen von der Stadt eine
Landrente abwirft. Wären nun die Kartoffeln das ein-
zige vegetabilische Nahrungsmittel, so müßte die Kultur
des Bodens schon bei 9,3 Meilen von der Stadt enden,
der isolirte Staat würde also eine geringe Ausdehnung
haben, und die Stadt selbst würde eine sehr viel gerin-
gere Volksmenge enthalten müssen.

Die Kartoffeln bieten noch Stoff zu manchen Fragen
und Untersuchungen dar. So könnte man z. B. die Fra-
gen aufwerfen:

1) welche Einwirkung hat die Verbreitung des Kartof-
felnbaues, wenn die Kartoffeln zur Nahrung für
Menschen verwandt werden, auf den Getreidepreis;
2) welchen Einfluß hat die Einführung des Kartoffeln-
baues, wenn die Kartoffeln zum Viehfutter verwandt
werden, auf den Preis der Viehprodukte und auf die
Größe der Landrente, welche die Viehzucht gewährt?

Zu einer solchen Untersuchung und zur Lösung der
aufgestellten Fragen sind wir aber, indem uns die dazu
nöthigen Vordersätze fehlen, hier noch nicht berechtigt. Nur
folgende Bemerkung dürfte hier noch an ihrer Stelle sein.


befriedigt werden koͤnnen; der Preis der Kartoffeln muß
alſo bis zum Maximum ſteigen, und unſere obige An-
nahme, daß die Kartoffeln in der Stadt ſelbſt ⅓ des Ro-
ckenpreiſes gelten werden, iſt dadurch gerechtfertigt.

Es verdient bemerkt zu werden, daß die Kartoffeln,
obgleich ſie im Verhaͤltniß zum Getreide ein ſo großes
Quantum Nahrungsſtoff von derſelben Flaͤche liefern, den-
noch ſo wenig geeignet ſind, eine ſehr große Stadt ohne
Beihuͤlfe des Getreides mit Lebensmitteln zu verſorgen.

In der Wirthſchaft A fanden wir, daß die Landrente
beim Bau der Kartoffeln auf einem ſehr reichen Boden
ſchon bei 9,3 Meilen Entfernung von der Stadt ver-
ſchwindet, waͤhrend der Getreidebau auf Boden von weit
minderm Reichthum bis 31,5 Meilen von der Stadt eine
Landrente abwirft. Waͤren nun die Kartoffeln das ein-
zige vegetabiliſche Nahrungsmittel, ſo muͤßte die Kultur
des Bodens ſchon bei 9,3 Meilen von der Stadt enden,
der iſolirte Staat wuͤrde alſo eine geringe Ausdehnung
haben, und die Stadt ſelbſt wuͤrde eine ſehr viel gerin-
gere Volksmenge enthalten muͤſſen.

Die Kartoffeln bieten noch Stoff zu manchen Fragen
und Unterſuchungen dar. So koͤnnte man z. B. die Fra-
gen aufwerfen:

1) welche Einwirkung hat die Verbreitung des Kartof-
felnbaues, wenn die Kartoffeln zur Nahrung fuͤr
Menſchen verwandt werden, auf den Getreidepreis;
2) welchen Einfluß hat die Einfuͤhrung des Kartoffeln-
baues, wenn die Kartoffeln zum Viehfutter verwandt
werden, auf den Preis der Viehprodukte und auf die
Groͤße der Landrente, welche die Viehzucht gewaͤhrt?

Zu einer ſolchen Unterſuchung und zur Loͤſung der
aufgeſtellten Fragen ſind wir aber, indem uns die dazu
noͤthigen Vorderſaͤtze fehlen, hier noch nicht berechtigt. Nur
folgende Bemerkung duͤrfte hier noch an ihrer Stelle ſein.


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[174/0188] befriedigt werden koͤnnen; der Preis der Kartoffeln muß alſo bis zum Maximum ſteigen, und unſere obige An- nahme, daß die Kartoffeln in der Stadt ſelbſt ⅓ des Ro- ckenpreiſes gelten werden, iſt dadurch gerechtfertigt. Es verdient bemerkt zu werden, daß die Kartoffeln, obgleich ſie im Verhaͤltniß zum Getreide ein ſo großes Quantum Nahrungsſtoff von derſelben Flaͤche liefern, den- noch ſo wenig geeignet ſind, eine ſehr große Stadt ohne Beihuͤlfe des Getreides mit Lebensmitteln zu verſorgen. In der Wirthſchaft A fanden wir, daß die Landrente beim Bau der Kartoffeln auf einem ſehr reichen Boden ſchon bei 9,3 Meilen Entfernung von der Stadt ver- ſchwindet, waͤhrend der Getreidebau auf Boden von weit minderm Reichthum bis 31,5 Meilen von der Stadt eine Landrente abwirft. Waͤren nun die Kartoffeln das ein- zige vegetabiliſche Nahrungsmittel, ſo muͤßte die Kultur des Bodens ſchon bei 9,3 Meilen von der Stadt enden, der iſolirte Staat wuͤrde alſo eine geringe Ausdehnung haben, und die Stadt ſelbſt wuͤrde eine ſehr viel gerin- gere Volksmenge enthalten muͤſſen. Die Kartoffeln bieten noch Stoff zu manchen Fragen und Unterſuchungen dar. So koͤnnte man z. B. die Fra- gen aufwerfen: 1) welche Einwirkung hat die Verbreitung des Kartof- felnbaues, wenn die Kartoffeln zur Nahrung fuͤr Menſchen verwandt werden, auf den Getreidepreis; 2) welchen Einfluß hat die Einfuͤhrung des Kartoffeln- baues, wenn die Kartoffeln zum Viehfutter verwandt werden, auf den Preis der Viehprodukte und auf die Groͤße der Landrente, welche die Viehzucht gewaͤhrt? Zu einer ſolchen Unterſuchung und zur Loͤſung der aufgeſtellten Fragen ſind wir aber, indem uns die dazu noͤthigen Vorderſaͤtze fehlen, hier noch nicht berechtigt. Nur folgende Bemerkung duͤrfte hier noch an ihrer Stelle ſein.

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/188>, abgerufen am 28.11.2024.