Die Compagnie hat ihr eignes Sklavenhaus, wel- ches nahe am Garten liegt, und eine Menge Sklaven be- herbergt. Diese müssen im Garten arbeiten, die Hand- arbeit bey den Bauen verrichten, die Waaren, welche von den Schiffen kommen, tragen, und dergleichen mehr. Die Kranken unter ihnen genießen der Pflege eines eig- nen Feldscheers. Die Compagnie hohlt ihre Sklaven meist von Madagaskar. Privat-Personen dagegen kaufen die ih- rigen von den Officieren der aus Indien kommenden Schif- fe, sowohl Holländischer als Französischer, selten Englischer, niemahls Schwedischer. Ehe die Schiffe von hier ab- segeln, werden aus dem Krankenhause diejenigen, wel- che genesen sind, herausgenommen, und auf die Schiffe vertheilt.
Dies erinnert mich daran, von den hiesigen Skla- ven überhaupt hier noch etwas hinzuzufügen. Oft leben Sklaven, die zwey verschiednen Herren gehören, mit Vorwissen der Herren, zusammen in ehelicher Vertrau- lichkeit. Die aus solchem Umgange erzeugten Kinder ge- hören allezeit dem Herrn der Sklavin. Trägt es sich zu, daß ein Freygegebner oder einer, der sich losgekauft hat, mit einer Sklavin lebt und Kinder zeugt, so sind die Kin- der Sklaven. Eben so wird es mit den Kindern gehalten, die eine Sklavin von einem Europäer bekommt. Hier- aus sieht man auch, was für eine Bewandtniß es mit den Ehen der Sklaven hat: sie werden leicht geschlossen, leicht entheiligt und leicht gebrochen. -- Der Herr kann seinen Sklaven zwar wohl mit der Karbatsche strafen, hat aber kein Recht über sein Leben, sondern dieses kommt bloß der Obrigkeit zu. Wird ein Sklave von seinem Herrn zu hart gemißhandelt, so hat er die Erlaubniß, sich dar- über beym Fiskale zu beklagen; und wenn man seine Kla- ge gegründet findet, verurtheilt man den Herrn zu einer
Zweyte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
Die Compagnie hat ihr eignes Sklavenhaus, wel- ches nahe am Garten liegt, und eine Menge Sklaven be- herbergt. Dieſe muͤſſen im Garten arbeiten, die Hand- arbeit bey den Bauen verrichten, die Waaren, welche von den Schiffen kommen, tragen, und dergleichen mehr. Die Kranken unter ihnen genießen der Pflege eines eig- nen Feldſcheers. Die Compagnie hohlt ihre Sklaven meiſt von Madagaskar. Privat-Perſonen dagegen kaufen die ih- rigen von den Officieren der aus Indien kommenden Schif- fe, ſowohl Hollaͤndiſcher als Franzoͤſiſcher, ſelten Engliſcher, niemahls Schwediſcher. Ehe die Schiffe von hier ab- ſegeln, werden aus dem Krankenhauſe diejenigen, wel- che geneſen ſind, herausgenommen, und auf die Schiffe vertheilt.
Dies erinnert mich daran, von den hieſigen Skla- ven uͤberhaupt hier noch etwas hinzuzufuͤgen. Oft leben Sklaven, die zwey verſchiednen Herren gehoͤren, mit Vorwiſſen der Herren, zuſammen in ehelicher Vertrau- lichkeit. Die aus ſolchem Umgange erzeugten Kinder ge- hoͤren allezeit dem Herrn der Sklavin. Traͤgt es ſich zu, daß ein Freygegebner oder einer, der ſich losgekauft hat, mit einer Sklavin lebt und Kinder zeugt, ſo ſind die Kin- der Sklaven. Eben ſo wird es mit den Kindern gehalten, die eine Sklavin von einem Europaͤer bekommt. Hier- aus ſieht man auch, was fuͤr eine Bewandtniß es mit den Ehen der Sklaven hat: ſie werden leicht geſchloſſen, leicht entheiligt und leicht gebrochen. — Der Herr kann ſeinen Sklaven zwar wohl mit der Karbatſche ſtrafen, hat aber kein Recht uͤber ſein Leben, ſondern dieſes kommt bloß der Obrigkeit zu. Wird ein Sklave von ſeinem Herrn zu hart gemißhandelt, ſo hat er die Erlaubniß, ſich dar- uͤber beym Fiſkale zu beklagen; und wenn man ſeine Kla- ge gegruͤndet findet, verurtheilt man den Herrn zu einer
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Zweyte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
Die Compagnie hat ihr eignes Sklavenhaus, wel-
ches nahe am Garten liegt, und eine Menge Sklaven be-
herbergt. Dieſe muͤſſen im Garten arbeiten, die Hand-
arbeit bey den Bauen verrichten, die Waaren, welche
von den Schiffen kommen, tragen, und dergleichen mehr.
Die Kranken unter ihnen genießen der Pflege eines eig-
nen Feldſcheers. Die Compagnie hohlt ihre Sklaven meiſt
von Madagaskar. Privat-Perſonen dagegen kaufen die ih-
rigen von den Officieren der aus Indien kommenden Schif-
fe, ſowohl Hollaͤndiſcher als Franzoͤſiſcher, ſelten Engliſcher,
niemahls Schwediſcher. Ehe die Schiffe von hier ab-
ſegeln, werden aus dem Krankenhauſe diejenigen, wel-
che geneſen ſind, herausgenommen, und auf die Schiffe
vertheilt.
Dies erinnert mich daran, von den hieſigen Skla-
ven uͤberhaupt hier noch etwas hinzuzufuͤgen. Oft leben
Sklaven, die zwey verſchiednen Herren gehoͤren, mit
Vorwiſſen der Herren, zuſammen in ehelicher Vertrau-
lichkeit. Die aus ſolchem Umgange erzeugten Kinder ge-
hoͤren allezeit dem Herrn der Sklavin. Traͤgt es ſich zu,
daß ein Freygegebner oder einer, der ſich losgekauft hat,
mit einer Sklavin lebt und Kinder zeugt, ſo ſind die Kin-
der Sklaven. Eben ſo wird es mit den Kindern gehalten,
die eine Sklavin von einem Europaͤer bekommt. Hier-
aus ſieht man auch, was fuͤr eine Bewandtniß es mit den
Ehen der Sklaven hat: ſie werden leicht geſchloſſen,
leicht entheiligt und leicht gebrochen. — Der Herr
kann ſeinen Sklaven zwar wohl mit der Karbatſche ſtrafen,
hat aber kein Recht uͤber ſein Leben, ſondern dieſes kommt
bloß der Obrigkeit zu. Wird ein Sklave von ſeinem Herrn
zu hart gemißhandelt, ſo hat er die Erlaubniß, ſich dar-
uͤber beym Fiſkale zu beklagen; und wenn man ſeine Kla-
ge gegruͤndet findet, verurtheilt man den Herrn zu einer
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/136>, abgerufen am 21.11.2024.
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