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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Dritte Abtheilung. Zweyter Abschnitt.
eine vortreffliche Salbe, die zur Heilung mancherley Wun-
den und Schäden gebraucht wird, und unter dem Land-
volke ein allgemeines und sehr berühmtes Heilmittel ist. --
Als etwas ganz Sonderbares bemerkte ich, daß man hier
die Hodensäcke der männlichen Schafe isset: sie werden
gebraten und schmecken recht gut, erregen aber im Ma-
gen viel Unruhe.

Noch mehr aber setzte mich eine Erzählung in Ver-
wunderung, die ich in Rothesand allenthalben hörte, und
wodurch meine Neugier aufs höchste gereitzt wurde. Man
versicherte mich einstimmig, daß auf dem hiesigen Ge-
birge ein Busch sey, der verschiedne wunderbare Dinge
trage, von denen man fast glauben sollte, daß sie aus
feinem Semischleder gemacht seyen, als Mützen, Hand-
schuh, Strümpfe und dergleichen. Ich bat beynahe
jedermann, den ich ansichtig wurde, mir, wenn es mög-
lich wäre, etwas von diesen wunderbaren Sachen zu ver-
schaffen, und setzte mir vor, diese Gegend nicht eher zu
verlassen, als bis ich über eine so unglaubliche Nachricht
nähere Erläuterung haben würde. Nach einigen Tagen
hatte man mir bereits einige solche Blätter von den Ber-
gen heruntergehohlt. Diese Blätter waren mit einem
sehr dicken zottigen Wesen, wie mit zottigem Haar,
überzogen, und hatten viel Aehnlichkeit mit weißem
Sammet. Die Mädchen, welche mit dergleichen Blät-
tern schon oft umgegangen waren, fingen sogleich an,
mit besondrer Behendigkeit dies Rauhe abzuziehen, und
zwar ohne es zu zerreißen, sondern es blieb so ganz und
zusammenhangend, als es gewesen war. Wenn man
es auf diese Art abgezogen hatte, war es zugleich umge-
kehrt, und man sah auf einer Seite die grünen Adern
des Blatts. Je nachdem die Figur des Blatts mehr
oder weniger rund oder länglich war, verfertigte man dar-

Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
eine vortreffliche Salbe, die zur Heilung mancherley Wun-
den und Schaͤden gebraucht wird, und unter dem Land-
volke ein allgemeines und ſehr beruͤhmtes Heilmittel iſt. —
Als etwas ganz Sonderbares bemerkte ich, daß man hier
die Hodenſaͤcke der maͤnnlichen Schafe iſſet: ſie werden
gebraten und ſchmecken recht gut, erregen aber im Ma-
gen viel Unruhe.

Noch mehr aber ſetzte mich eine Erzaͤhlung in Ver-
wunderung, die ich in Rotheſand allenthalben hoͤrte, und
wodurch meine Neugier aufs hoͤchſte gereitzt wurde. Man
verſicherte mich einſtimmig, daß auf dem hieſigen Ge-
birge ein Buſch ſey, der verſchiedne wunderbare Dinge
trage, von denen man faſt glauben ſollte, daß ſie aus
feinem Semiſchleder gemacht ſeyen, als Muͤtzen, Hand-
ſchuh, Struͤmpfe und dergleichen. Ich bat beynahe
jedermann, den ich anſichtig wurde, mir, wenn es moͤg-
lich waͤre, etwas von dieſen wunderbaren Sachen zu ver-
ſchaffen, und ſetzte mir vor, dieſe Gegend nicht eher zu
verlaſſen, als bis ich uͤber eine ſo unglaubliche Nachricht
naͤhere Erlaͤuterung haben wuͤrde. Nach einigen Tagen
hatte man mir bereits einige ſolche Blaͤtter von den Ber-
gen heruntergehohlt. Dieſe Blaͤtter waren mit einem
ſehr dicken zottigen Weſen, wie mit zottigem Haar,
uͤberzogen, und hatten viel Aehnlichkeit mit weißem
Sammet. Die Maͤdchen, welche mit dergleichen Blaͤt-
tern ſchon oft umgegangen waren, fingen ſogleich an,
mit beſondrer Behendigkeit dies Rauhe abzuziehen, und
zwar ohne es zu zerreißen, ſondern es blieb ſo ganz und
zuſammenhangend, als es geweſen war. Wenn man
es auf dieſe Art abgezogen hatte, war es zugleich umge-
kehrt, und man ſah auf einer Seite die gruͤnen Adern
des Blatts. Je nachdem die Figur des Blatts mehr
oder weniger rund oder laͤnglich war, verfertigte man dar-

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[146/0174] Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. eine vortreffliche Salbe, die zur Heilung mancherley Wun- den und Schaͤden gebraucht wird, und unter dem Land- volke ein allgemeines und ſehr beruͤhmtes Heilmittel iſt. — Als etwas ganz Sonderbares bemerkte ich, daß man hier die Hodenſaͤcke der maͤnnlichen Schafe iſſet: ſie werden gebraten und ſchmecken recht gut, erregen aber im Ma- gen viel Unruhe. Noch mehr aber ſetzte mich eine Erzaͤhlung in Ver- wunderung, die ich in Rotheſand allenthalben hoͤrte, und wodurch meine Neugier aufs hoͤchſte gereitzt wurde. Man verſicherte mich einſtimmig, daß auf dem hieſigen Ge- birge ein Buſch ſey, der verſchiedne wunderbare Dinge trage, von denen man faſt glauben ſollte, daß ſie aus feinem Semiſchleder gemacht ſeyen, als Muͤtzen, Hand- ſchuh, Struͤmpfe und dergleichen. Ich bat beynahe jedermann, den ich anſichtig wurde, mir, wenn es moͤg- lich waͤre, etwas von dieſen wunderbaren Sachen zu ver- ſchaffen, und ſetzte mir vor, dieſe Gegend nicht eher zu verlaſſen, als bis ich uͤber eine ſo unglaubliche Nachricht naͤhere Erlaͤuterung haben wuͤrde. Nach einigen Tagen hatte man mir bereits einige ſolche Blaͤtter von den Ber- gen heruntergehohlt. Dieſe Blaͤtter waren mit einem ſehr dicken zottigen Weſen, wie mit zottigem Haar, uͤberzogen, und hatten viel Aehnlichkeit mit weißem Sammet. Die Maͤdchen, welche mit dergleichen Blaͤt- tern ſchon oft umgegangen waren, fingen ſogleich an, mit beſondrer Behendigkeit dies Rauhe abzuziehen, und zwar ohne es zu zerreißen, ſondern es blieb ſo ganz und zuſammenhangend, als es geweſen war. Wenn man es auf dieſe Art abgezogen hatte, war es zugleich umge- kehrt, und man ſah auf einer Seite die gruͤnen Adern des Blatts. Je nachdem die Figur des Blatts mehr oder weniger rund oder laͤnglich war, verfertigte man dar-

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/174>, abgerufen am 21.11.2024.