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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Dritte Abtheilung. Fünfter Abschnitt.
mit Tobak. Allein zum Rauchen und der dadurch her-
vorzubringenden angenehmen Berauschung findet er den
Tobak doch nicht stark genug, sondern vermischt ihn, um
nicht nur geschwinder, sondern auch mit mehr Wollust
sich zu berauschen, mit Hanf, den er vorher ganz fein
zerhackt. Unbegreiflich ist es, wie dies Volk, das vor
Ankunft der Europäer weder mit der übrigen Welt den
mindesten Umgang hatte, noch den Gebrauch des To-
baks kannte, demungeachtet so erpicht auf denselben wer-
den konnte, daß es für Tobak und Branntwein ein an-
sehnliches Stück seines eignen Landes am Cap an die
Holländer verkaufte; ein Handel, der den Hottentotten
in der Folge, sowohl in Rücksicht auf ihre Freyheit, als
in Ansehung des von ihren Vätern seit Jahrtausenden be-
seßnen Landes, so viel gekostet hat.

Am folgenden Tage verließen wir diesen Platz, und
kamen zu des Kolonisten Peter Plant Hofe, der den
Nahmen Milchholzkraal (Melkhout-Kraal) führt,
und am tiefen Flusse (Diep-Rivier) liegt. Unser
Sergeant mußte es sich jetzt gefallen lassen, zwey Tage
auf einem von den Zugochsen zu reiten, weil wir nir-
gend Pferde antrafen. Dieser Ritt ging auch ziemlich
gut von Statten, war aber beschwerlich, theils wegen
der Breite des Ochsen, theils weil sich keine Steigbügel
anbringen ließen.

Wir reiseten weiter durch den Pisangfluß (Pisang-
Rivier
) nach Jakob Bota's Hofe, der auch Pisangri-
vier
heißt. Der Hof, welcher weiter nichts als ein
Viehhof ist, liegt nicht weit von der Küste. Eine ganze
Commüne Hottentotten, die aus mehr als funfzig Per-
sonen bestand, war im Dienste dieses Bauern, wohnte
in dessen Nachbarschaft und lebte durch seine Versorgung.
Der Kolonist selbst war nicht zu Hause, sondern gerade

Dritte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.
mit Tobak. Allein zum Rauchen und der dadurch her-
vorzubringenden angenehmen Berauſchung findet er den
Tobak doch nicht ſtark genug, ſondern vermiſcht ihn, um
nicht nur geſchwinder, ſondern auch mit mehr Wolluſt
ſich zu berauſchen, mit Hanf, den er vorher ganz fein
zerhackt. Unbegreiflich iſt es, wie dies Volk, das vor
Ankunft der Europaͤer weder mit der uͤbrigen Welt den
mindeſten Umgang hatte, noch den Gebrauch des To-
baks kannte, demungeachtet ſo erpicht auf denſelben wer-
den konnte, daß es fuͤr Tobak und Branntwein ein an-
ſehnliches Stuͤck ſeines eignen Landes am Cap an die
Hollaͤnder verkaufte; ein Handel, der den Hottentotten
in der Folge, ſowohl in Ruͤckſicht auf ihre Freyheit, als
in Anſehung des von ihren Vaͤtern ſeit Jahrtauſenden be-
ſeßnen Landes, ſo viel gekoſtet hat.

Am folgenden Tage verließen wir dieſen Platz, und
kamen zu des Koloniſten Peter Plant Hofe, der den
Nahmen Milchholzkraal (Melkhout-Kraal) fuͤhrt,
und am tiefen Fluſſe (Diep-Rivier) liegt. Unſer
Sergeant mußte es ſich jetzt gefallen laſſen, zwey Tage
auf einem von den Zugochſen zu reiten, weil wir nir-
gend Pferde antrafen. Dieſer Ritt ging auch ziemlich
gut von Statten, war aber beſchwerlich, theils wegen
der Breite des Ochſen, theils weil ſich keine Steigbuͤgel
anbringen ließen.

Wir reiſeten weiter durch den Piſangfluß (Piſang-
Rivier
) nach Jakob Bota’s Hofe, der auch Piſangri-
vier
heißt. Der Hof, welcher weiter nichts als ein
Viehhof iſt, liegt nicht weit von der Kuͤſte. Eine ganze
Commuͤne Hottentotten, die aus mehr als funfzig Per-
ſonen beſtand, war im Dienſte dieſes Bauern, wohnte
in deſſen Nachbarſchaft und lebte durch ſeine Verſorgung.
Der Koloniſt ſelbſt war nicht zu Hauſe, ſondern gerade

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[172/0200] Dritte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. mit Tobak. Allein zum Rauchen und der dadurch her- vorzubringenden angenehmen Berauſchung findet er den Tobak doch nicht ſtark genug, ſondern vermiſcht ihn, um nicht nur geſchwinder, ſondern auch mit mehr Wolluſt ſich zu berauſchen, mit Hanf, den er vorher ganz fein zerhackt. Unbegreiflich iſt es, wie dies Volk, das vor Ankunft der Europaͤer weder mit der uͤbrigen Welt den mindeſten Umgang hatte, noch den Gebrauch des To- baks kannte, demungeachtet ſo erpicht auf denſelben wer- den konnte, daß es fuͤr Tobak und Branntwein ein an- ſehnliches Stuͤck ſeines eignen Landes am Cap an die Hollaͤnder verkaufte; ein Handel, der den Hottentotten in der Folge, ſowohl in Ruͤckſicht auf ihre Freyheit, als in Anſehung des von ihren Vaͤtern ſeit Jahrtauſenden be- ſeßnen Landes, ſo viel gekoſtet hat. Am folgenden Tage verließen wir dieſen Platz, und kamen zu des Koloniſten Peter Plant Hofe, der den Nahmen Milchholzkraal (Melkhout-Kraal) fuͤhrt, und am tiefen Fluſſe (Diep-Rivier) liegt. Unſer Sergeant mußte es ſich jetzt gefallen laſſen, zwey Tage auf einem von den Zugochſen zu reiten, weil wir nir- gend Pferde antrafen. Dieſer Ritt ging auch ziemlich gut von Statten, war aber beſchwerlich, theils wegen der Breite des Ochſen, theils weil ſich keine Steigbuͤgel anbringen ließen. Wir reiſeten weiter durch den Piſangfluß (Piſang- Rivier) nach Jakob Bota’s Hofe, der auch Piſangri- vier heißt. Der Hof, welcher weiter nichts als ein Viehhof iſt, liegt nicht weit von der Kuͤſte. Eine ganze Commuͤne Hottentotten, die aus mehr als funfzig Per- ſonen beſtand, war im Dienſte dieſes Bauern, wohnte in deſſen Nachbarſchaft und lebte durch ſeine Verſorgung. Der Koloniſt ſelbſt war nicht zu Hauſe, ſondern gerade

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/200>, abgerufen am 18.05.2024.