Compagnie hatte nicht nur die Bauern gegen sie aufge- bothen, sondern auch einen Corporal mit fünf Mann aus der Citadelle detaschirt, um sie mit Granaten zu bombardiren. Endlich waren sie durch den Hottentot- ten-Hauptmann Kees mit List gefangen genommen. Jetzt liefen wieder Nachrichten, und zwar aus dem Ro- ckenlande (Rogge- Veld) ein, daß die Busch- oder Waldhottentotten (Boschmans- Hottentotten) die da wohnenden Bauern bestohlen und ermordet hätten.
Die Beamten und Bedienten der Compagnie wis- sen sich mancherley Sporteln zu machen. Alles, was durch ihre Hände geht, muß ihnen Geld einbringen. Nicht selten sind sie zu solchen, obgleich unrechtmäßigen, Mitteln, ihre Einkünfte zu vermehren, gezwungen. Denn in einem Lande, wo die meisten Bedürfnisse noch einmahl so theuer, als in Europa, sind, können die wenigsten von ihrer Besoldung leben. So zieht der Gouverneur von jedem Fasse (Legger) Wein zehn Reichsthaler. Andre Beamten haben sogenannte Paß- gänger von den Soldaten, die keinen Dienst thun, und wofür jene die Löhnung sich auszahlen lassen. Einige bereichern sich durch das Wiegen der Waaren, andre durch verdorbne Waaren. Ein gestrandetes Schiff füllt vielen Personen den Beutel. Wegen der Habsucht des Schiffers und des Steuermanns bekommt das Schiffs- volk selten, was ihm gebührt. Der Soldat muß dem Officier abgeben. Die Kranken müssen Hunger und Mangel an Arzney leiden, um Gesunden Unterhalt zu verschaffen; und die Todten hinterlassen einen Theil ihrer Verlassenschaft dem, welcher am ersten davon nimmt.
Ein nicht unwichtiger Theil der Einkünfte der Com- pagnie fließt aus der Verpachtung des Weinverkaufs und des Schlachtens. Der Weinhandel wird gewöhnlich jähr-
Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
Compagnie hatte nicht nur die Bauern gegen ſie aufge- bothen, ſondern auch einen Corporal mit fuͤnf Mann aus der Citadelle detaſchirt, um ſie mit Granaten zu bombardiren. Endlich waren ſie durch den Hottentot- ten-Hauptmann Kees mit Liſt gefangen genommen. Jetzt liefen wieder Nachrichten, und zwar aus dem Ro- ckenlande (Rogge- Veld) ein, daß die Buſch- oder Waldhottentotten (Boſchmans- Hottentotten) die da wohnenden Bauern beſtohlen und ermordet haͤtten.
Die Beamten und Bedienten der Compagnie wiſ- ſen ſich mancherley Sporteln zu machen. Alles, was durch ihre Haͤnde geht, muß ihnen Geld einbringen. Nicht ſelten ſind ſie zu ſolchen, obgleich unrechtmaͤßigen, Mitteln, ihre Einkuͤnfte zu vermehren, gezwungen. Denn in einem Lande, wo die meiſten Beduͤrfniſſe noch einmahl ſo theuer, als in Europa, ſind, koͤnnen die wenigſten von ihrer Beſoldung leben. So zieht der Gouverneur von jedem Faſſe (Legger) Wein zehn Reichsthaler. Andre Beamten haben ſogenannte Paß- gaͤnger von den Soldaten, die keinen Dienſt thun, und wofuͤr jene die Loͤhnung ſich auszahlen laſſen. Einige bereichern ſich durch das Wiegen der Waaren, andre durch verdorbne Waaren. Ein geſtrandetes Schiff fuͤllt vielen Perſonen den Beutel. Wegen der Habſucht des Schiffers und des Steuermanns bekommt das Schiffs- volk ſelten, was ihm gebuͤhrt. Der Soldat muß dem Officier abgeben. Die Kranken muͤſſen Hunger und Mangel an Arzney leiden, um Geſunden Unterhalt zu verſchaffen; und die Todten hinterlaſſen einen Theil ihrer Verlaſſenſchaft dem, welcher am erſten davon nimmt.
Ein nicht unwichtiger Theil der Einkuͤnfte der Com- pagnie fließt aus der Verpachtung des Weinverkaufs und des Schlachtens. Der Weinhandel wird gewoͤhnlich jaͤhr-
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0250"n="222"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.</hi></fw><lb/>
Compagnie hatte nicht nur die Bauern gegen ſie aufge-<lb/>
bothen, ſondern auch einen Corporal mit fuͤnf Mann<lb/>
aus der Citadelle detaſchirt, um ſie mit Granaten zu<lb/>
bombardiren. Endlich waren ſie durch den Hottentot-<lb/>
ten-Hauptmann <persName>Kees</persName> mit Liſt gefangen genommen.<lb/>
Jetzt liefen wieder Nachrichten, und zwar aus dem <placeName>Ro-<lb/>
ckenlande</placeName> (<hirendition="#aq"><placeName>Rogge- Veld</placeName></hi>) ein, daß die Buſch- oder<lb/>
Waldhottentotten (<hirendition="#aq">Boſchmans- Hottentotten</hi>) die da<lb/>
wohnenden Bauern beſtohlen und ermordet haͤtten.</p><lb/><p>Die Beamten und Bedienten der Compagnie wiſ-<lb/>ſen ſich mancherley Sporteln zu machen. Alles, was<lb/>
durch ihre Haͤnde geht, muß ihnen Geld einbringen.<lb/>
Nicht ſelten ſind ſie zu ſolchen, obgleich unrechtmaͤßigen,<lb/>
Mitteln, ihre Einkuͤnfte zu vermehren, gezwungen.<lb/>
Denn in einem Lande, wo die meiſten Beduͤrfniſſe noch<lb/>
einmahl ſo theuer, als in <placeName>Europa</placeName>, ſind, koͤnnen die<lb/>
wenigſten von ihrer Beſoldung leben. So zieht der<lb/>
Gouverneur von jedem Faſſe (<hirendition="#aq">Legger</hi>) Wein zehn<lb/>
Reichsthaler. Andre Beamten haben ſogenannte Paß-<lb/>
gaͤnger von den Soldaten, die keinen Dienſt thun, und<lb/>
wofuͤr jene die Loͤhnung ſich auszahlen laſſen. Einige<lb/>
bereichern ſich durch das Wiegen der Waaren, andre<lb/>
durch verdorbne Waaren. Ein geſtrandetes Schiff fuͤllt<lb/>
vielen Perſonen den Beutel. Wegen der Habſucht des<lb/>
Schiffers und des Steuermanns bekommt das Schiffs-<lb/>
volk ſelten, was ihm gebuͤhrt. Der Soldat muß dem<lb/>
Officier abgeben. Die Kranken muͤſſen Hunger und<lb/>
Mangel an Arzney leiden, um Geſunden Unterhalt zu<lb/>
verſchaffen; und die Todten hinterlaſſen einen Theil ihrer<lb/>
Verlaſſenſchaft dem, welcher am erſten davon nimmt.</p><lb/><p>Ein nicht unwichtiger Theil der Einkuͤnfte der Com-<lb/>
pagnie fließt aus der Verpachtung des Weinverkaufs und<lb/>
des Schlachtens. Der Weinhandel wird gewoͤhnlich jaͤhr-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[222/0250]
Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
Compagnie hatte nicht nur die Bauern gegen ſie aufge-
bothen, ſondern auch einen Corporal mit fuͤnf Mann
aus der Citadelle detaſchirt, um ſie mit Granaten zu
bombardiren. Endlich waren ſie durch den Hottentot-
ten-Hauptmann Kees mit Liſt gefangen genommen.
Jetzt liefen wieder Nachrichten, und zwar aus dem Ro-
ckenlande (Rogge- Veld) ein, daß die Buſch- oder
Waldhottentotten (Boſchmans- Hottentotten) die da
wohnenden Bauern beſtohlen und ermordet haͤtten.
Die Beamten und Bedienten der Compagnie wiſ-
ſen ſich mancherley Sporteln zu machen. Alles, was
durch ihre Haͤnde geht, muß ihnen Geld einbringen.
Nicht ſelten ſind ſie zu ſolchen, obgleich unrechtmaͤßigen,
Mitteln, ihre Einkuͤnfte zu vermehren, gezwungen.
Denn in einem Lande, wo die meiſten Beduͤrfniſſe noch
einmahl ſo theuer, als in Europa, ſind, koͤnnen die
wenigſten von ihrer Beſoldung leben. So zieht der
Gouverneur von jedem Faſſe (Legger) Wein zehn
Reichsthaler. Andre Beamten haben ſogenannte Paß-
gaͤnger von den Soldaten, die keinen Dienſt thun, und
wofuͤr jene die Loͤhnung ſich auszahlen laſſen. Einige
bereichern ſich durch das Wiegen der Waaren, andre
durch verdorbne Waaren. Ein geſtrandetes Schiff fuͤllt
vielen Perſonen den Beutel. Wegen der Habſucht des
Schiffers und des Steuermanns bekommt das Schiffs-
volk ſelten, was ihm gebuͤhrt. Der Soldat muß dem
Officier abgeben. Die Kranken muͤſſen Hunger und
Mangel an Arzney leiden, um Geſunden Unterhalt zu
verſchaffen; und die Todten hinterlaſſen einen Theil ihrer
Verlaſſenſchaft dem, welcher am erſten davon nimmt.
Ein nicht unwichtiger Theil der Einkuͤnfte der Com-
pagnie fließt aus der Verpachtung des Weinverkaufs und
des Schlachtens. Der Weinhandel wird gewoͤhnlich jaͤhr-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/250>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.