schmack, und die meisten Monathe hindurch ist fast Mangel daran. In den Sümpfen finden sich hin und wieder Wasserschildkröten. Man nimmt sie häufig her- aus, setzt sie in ein Glas mit Wasser, und bewahrt sie so im Hause auf, um sie bey Gelegenheit nach andern Oertern zu bringen. Wenn Regenwetter bevorsteht, sollen sie jedesmahl im Glase höher hinaufsteigen.
Gegen Abend kamen wir nach einem Hofe, der einer Witwe Müller gehört.
In den Sandebenen sieht man zwischen den Bü- schen vielfältig Landschildkröten kriechen. Die Töchter hier im Hause hatten durch ihre Sklaven verschiedne die- ser Thiere, große und kleine, hohlen lassen, um sie zu essen. Die Zwergschildkröte (Testudo pusilla) ist am häufigsten anzutreffen. Von dieser Art waren die, wel- che man jetzt bratete und aß. Ich schlich in die Küche, um zu sehen, wie sie zubereitet würden, und fand, daß die Mädchen unbarmherzig genug waren, die armen Thiere auf glühende Kohlen zu legen, so daß sie, mit Kopf und Füßen zappelnd, ganz lebendig gebraten wurden, bis sie von der Hitze endlich bersteten. Der eigentli- che Leckerbissen von diesen Schildkröten besteht in den Eyern, die aber nichts als gelben Dotter enthalten, und vorzüglich gern gegessen werden. -- Die Fenchel- wurzeln bratet und ißt man hier auf die nämliche Art, als die Aniswurzeln. Eben so werden die Zwiebeln der eßbaren Schwertlilie (Iris edulis), welche in diesen Ebenen sehr häufig wächst, und theils weiße, theils gelbe, theils blaue Blumen trägt, gebraten und geges- sen; man ißt sie auch gekocht, imgleichen mit Milch gestobt: sie schmecken recht gut und sind dabey nahrhaft. Die Sklaven pflegen sie in Menge zu sammeln.
A 2
Reiſe von Cap nach Zwellendam.
ſchmack, und die meiſten Monathe hindurch iſt faſt Mangel daran. In den Suͤmpfen finden ſich hin und wieder Waſſerſchildkroͤten. Man nimmt ſie haͤufig her- aus, ſetzt ſie in ein Glas mit Waſſer, und bewahrt ſie ſo im Hauſe auf, um ſie bey Gelegenheit nach andern Oertern zu bringen. Wenn Regenwetter bevorſteht, ſollen ſie jedesmahl im Glaſe hoͤher hinaufſteigen.
Gegen Abend kamen wir nach einem Hofe, der einer Witwe Muͤller gehoͤrt.
In den Sandebenen ſieht man zwiſchen den Buͤ- ſchen vielfaͤltig Landſchildkroͤten kriechen. Die Toͤchter hier im Hauſe hatten durch ihre Sklaven verſchiedne die- ſer Thiere, große und kleine, hohlen laſſen, um ſie zu eſſen. Die Zwergſchildkroͤte (Teſtudo puſilla) iſt am haͤufigſten anzutreffen. Von dieſer Art waren die, wel- che man jetzt bratete und aß. Ich ſchlich in die Kuͤche, um zu ſehen, wie ſie zubereitet wuͤrden, und fand, daß die Maͤdchen unbarmherzig genug waren, die armen Thiere auf gluͤhende Kohlen zu legen, ſo daß ſie, mit Kopf und Fuͤßen zappelnd, ganz lebendig gebraten wurden, bis ſie von der Hitze endlich berſteten. Der eigentli- che Leckerbiſſen von dieſen Schildkroͤten beſteht in den Eyern, die aber nichts als gelben Dotter enthalten, und vorzuͤglich gern gegeſſen werden. — Die Fenchel- wurzeln bratet und ißt man hier auf die naͤmliche Art, als die Aniswurzeln. Eben ſo werden die Zwiebeln der eßbaren Schwertlilie (Iris edulis), welche in dieſen Ebenen ſehr haͤufig waͤchſt, und theils weiße, theils gelbe, theils blaue Blumen traͤgt, gebraten und gegeſ- ſen; man ißt ſie auch gekocht, imgleichen mit Milch geſtobt: ſie ſchmecken recht gut und ſind dabey nahrhaft. Die Sklaven pflegen ſie in Menge zu ſammeln.
A 2
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0341"n="3"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Reiſe von <placeName>Cap</placeName> nach <placeName>Zwellendam</placeName>.</hi></fw><lb/>ſchmack, und die meiſten Monathe hindurch iſt faſt<lb/>
Mangel daran. In den Suͤmpfen finden ſich hin und<lb/>
wieder Waſſerſchildkroͤten. Man nimmt ſie haͤufig her-<lb/>
aus, ſetzt ſie in ein Glas mit Waſſer, und bewahrt ſie<lb/>ſo im Hauſe auf, um ſie bey Gelegenheit nach andern<lb/>
Oertern zu bringen. Wenn Regenwetter bevorſteht,<lb/>ſollen ſie jedesmahl im Glaſe hoͤher hinaufſteigen.</p><lb/><p>Gegen Abend kamen wir nach einem Hofe, der<lb/>
einer Witwe <persName>Muͤller</persName> gehoͤrt.</p><lb/><p>In den Sandebenen ſieht man zwiſchen den Buͤ-<lb/>ſchen vielfaͤltig Landſchildkroͤten kriechen. Die Toͤchter<lb/>
hier im Hauſe hatten durch ihre Sklaven verſchiedne die-<lb/>ſer Thiere, große und kleine, hohlen laſſen, um ſie zu<lb/>
eſſen. Die Zwergſchildkroͤte (<hirendition="#aq">Teſtudo puſilla</hi>) iſt am<lb/>
haͤufigſten anzutreffen. Von dieſer Art waren die, wel-<lb/>
che man jetzt bratete und aß. Ich ſchlich in die Kuͤche, um<lb/>
zu ſehen, wie ſie zubereitet wuͤrden, und fand, daß die<lb/>
Maͤdchen unbarmherzig genug waren, die armen Thiere<lb/>
auf gluͤhende Kohlen zu legen, ſo daß ſie, mit Kopf<lb/>
und Fuͤßen zappelnd, ganz lebendig gebraten wurden,<lb/>
bis ſie von der Hitze endlich berſteten. Der eigentli-<lb/>
che Leckerbiſſen von dieſen Schildkroͤten beſteht in den<lb/>
Eyern, die aber nichts als gelben Dotter enthalten,<lb/>
und vorzuͤglich gern gegeſſen werden. — Die Fenchel-<lb/>
wurzeln bratet und ißt man hier auf die naͤmliche Art,<lb/>
als die Aniswurzeln. Eben ſo werden die Zwiebeln der<lb/>
eßbaren Schwertlilie (<hirendition="#aq">Iris edulis</hi>), welche in dieſen<lb/>
Ebenen ſehr haͤufig waͤchſt, und theils weiße, theils<lb/>
gelbe, theils blaue Blumen traͤgt, gebraten und gegeſ-<lb/>ſen; man ißt ſie auch gekocht, imgleichen mit Milch<lb/>
geſtobt: ſie ſchmecken recht gut und ſind dabey nahrhaft.<lb/>
Die Sklaven pflegen ſie in Menge zu ſammeln.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 2</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[3/0341]
Reiſe von Cap nach Zwellendam.
ſchmack, und die meiſten Monathe hindurch iſt faſt
Mangel daran. In den Suͤmpfen finden ſich hin und
wieder Waſſerſchildkroͤten. Man nimmt ſie haͤufig her-
aus, ſetzt ſie in ein Glas mit Waſſer, und bewahrt ſie
ſo im Hauſe auf, um ſie bey Gelegenheit nach andern
Oertern zu bringen. Wenn Regenwetter bevorſteht,
ſollen ſie jedesmahl im Glaſe hoͤher hinaufſteigen.
Gegen Abend kamen wir nach einem Hofe, der
einer Witwe Muͤller gehoͤrt.
In den Sandebenen ſieht man zwiſchen den Buͤ-
ſchen vielfaͤltig Landſchildkroͤten kriechen. Die Toͤchter
hier im Hauſe hatten durch ihre Sklaven verſchiedne die-
ſer Thiere, große und kleine, hohlen laſſen, um ſie zu
eſſen. Die Zwergſchildkroͤte (Teſtudo puſilla) iſt am
haͤufigſten anzutreffen. Von dieſer Art waren die, wel-
che man jetzt bratete und aß. Ich ſchlich in die Kuͤche, um
zu ſehen, wie ſie zubereitet wuͤrden, und fand, daß die
Maͤdchen unbarmherzig genug waren, die armen Thiere
auf gluͤhende Kohlen zu legen, ſo daß ſie, mit Kopf
und Fuͤßen zappelnd, ganz lebendig gebraten wurden,
bis ſie von der Hitze endlich berſteten. Der eigentli-
che Leckerbiſſen von dieſen Schildkroͤten beſteht in den
Eyern, die aber nichts als gelben Dotter enthalten,
und vorzuͤglich gern gegeſſen werden. — Die Fenchel-
wurzeln bratet und ißt man hier auf die naͤmliche Art,
als die Aniswurzeln. Eben ſo werden die Zwiebeln der
eßbaren Schwertlilie (Iris edulis), welche in dieſen
Ebenen ſehr haͤufig waͤchſt, und theils weiße, theils
gelbe, theils blaue Blumen traͤgt, gebraten und gegeſ-
ſen; man ißt ſie auch gekocht, imgleichen mit Milch
geſtobt: ſie ſchmecken recht gut und ſind dabey nahrhaft.
Die Sklaven pflegen ſie in Menge zu ſammeln.
A 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/341>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.