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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Erste Abtheilung. Erster Abschnitt.
und funfzig Jahren angelegt ist, noch keinen besondern
Nahmen bekommen hat, (ein klarer Beweis von großer
Sorglosigkeit und schlechter Polizey), so ist es kein
Wunder, wenn einzelne Höfe oft einerley, oder dis
ungereimtesten Benennungen haben.

In der Gegend des Salzflusses halten sich unzähl-
bare Scharen Kernbeißer oder Goldfinken (Loxia
orix
) auf, besonders an denjenigen Bächen und Was-
serstellen, die mit hohem Schilf bewachsen sind, worauf
sie ihre Nester bauen, und von wo man ihr Zwitschern,
hauptsächlich gegen Abend, da sie in Menge dahin zu-
rückkommen, weit hin hören kann. Sie thun dem Wei-
tzen viel Schaden: zuerst fressen sie den Staubbeutel
(Anthera) der Blumen, und hernach die Körner.
Das Weibchen sieht allezeit grau aus; bey dem Männ-
chen aber kommen vom Junius bis zum Januar allmäh-
lig die blutrothen Federn zum Vorschein. Diese Gat-
tung ist etwas kleiner, als der Capsche Kernbeißer
(Loxia Capensis); auch seine Eyer sind kleiner und
ganz grün, dagegen die Eyer des letztern grau mit
schwarzen Flecken und etwas größer sind. Uebrigens ist
dieser Vogel, wie das ganze Geschlecht der Dompfaffen,
sehr dumm, und daher um so viel schwerer von den Wei-
tzenfeldern entfernt zu halten, wo eben ihrer erstaunlichen
Menge wegen der Schade, welchen sie anrichten, be-
trächtlich ist. Wenn man auch schon mit einer Büchse
unter sie schießt, da gemeiniglich ihrer viele auf jeden
Schuß fallen, so fliegen die andern doch sofort wieder
hin, ohne sich irgend vor Gefahr zu scheuen. -- Die
Kampfhähne sah ich hier die Blumenknospen von der
kräuselförmigen Laugenblume (Cotula turbinata), wel-
che in diesem Theile von Afrika in allen niedrigen Sand-
ebenen wächst, abfressen.


Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
und funfzig Jahren angelegt iſt, noch keinen beſondern
Nahmen bekommen hat, (ein klarer Beweis von großer
Sorgloſigkeit und ſchlechter Polizey), ſo iſt es kein
Wunder, wenn einzelne Hoͤfe oft einerley, oder dis
ungereimteſten Benennungen haben.

In der Gegend des Salzfluſſes halten ſich unzaͤhl-
bare Scharen Kernbeißer oder Goldfinken (Loxia
orix
) auf, beſonders an denjenigen Baͤchen und Waſ-
ſerſtellen, die mit hohem Schilf bewachſen ſind, worauf
ſie ihre Neſter bauen, und von wo man ihr Zwitſchern,
hauptſaͤchlich gegen Abend, da ſie in Menge dahin zu-
ruͤckkommen, weit hin hoͤren kann. Sie thun dem Wei-
tzen viel Schaden: zuerſt freſſen ſie den Staubbeutel
(Anthera) der Blumen, und hernach die Koͤrner.
Das Weibchen ſieht allezeit grau aus; bey dem Maͤnn-
chen aber kommen vom Junius bis zum Januar allmaͤh-
lig die blutrothen Federn zum Vorſchein. Dieſe Gat-
tung iſt etwas kleiner, als der Capſche Kernbeißer
(Loxia Capenſis); auch ſeine Eyer ſind kleiner und
ganz gruͤn, dagegen die Eyer des letztern grau mit
ſchwarzen Flecken und etwas groͤßer ſind. Uebrigens iſt
dieſer Vogel, wie das ganze Geſchlecht der Dompfaffen,
ſehr dumm, und daher um ſo viel ſchwerer von den Wei-
tzenfeldern entfernt zu halten, wo eben ihrer erſtaunlichen
Menge wegen der Schade, welchen ſie anrichten, be-
traͤchtlich iſt. Wenn man auch ſchon mit einer Buͤchſe
unter ſie ſchießt, da gemeiniglich ihrer viele auf jeden
Schuß fallen, ſo fliegen die andern doch ſofort wieder
hin, ohne ſich irgend vor Gefahr zu ſcheuen. — Die
Kampfhaͤhne ſah ich hier die Blumenknoſpen von der
kraͤuſelfoͤrmigen Laugenblume (Cotula turbinata), wel-
che in dieſem Theile von Afrika in allen niedrigen Sand-
ebenen waͤchſt, abfreſſen.


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[12/0350] Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. und funfzig Jahren angelegt iſt, noch keinen beſondern Nahmen bekommen hat, (ein klarer Beweis von großer Sorgloſigkeit und ſchlechter Polizey), ſo iſt es kein Wunder, wenn einzelne Hoͤfe oft einerley, oder dis ungereimteſten Benennungen haben. In der Gegend des Salzfluſſes halten ſich unzaͤhl- bare Scharen Kernbeißer oder Goldfinken (Loxia orix) auf, beſonders an denjenigen Baͤchen und Waſ- ſerſtellen, die mit hohem Schilf bewachſen ſind, worauf ſie ihre Neſter bauen, und von wo man ihr Zwitſchern, hauptſaͤchlich gegen Abend, da ſie in Menge dahin zu- ruͤckkommen, weit hin hoͤren kann. Sie thun dem Wei- tzen viel Schaden: zuerſt freſſen ſie den Staubbeutel (Anthera) der Blumen, und hernach die Koͤrner. Das Weibchen ſieht allezeit grau aus; bey dem Maͤnn- chen aber kommen vom Junius bis zum Januar allmaͤh- lig die blutrothen Federn zum Vorſchein. Dieſe Gat- tung iſt etwas kleiner, als der Capſche Kernbeißer (Loxia Capenſis); auch ſeine Eyer ſind kleiner und ganz gruͤn, dagegen die Eyer des letztern grau mit ſchwarzen Flecken und etwas groͤßer ſind. Uebrigens iſt dieſer Vogel, wie das ganze Geſchlecht der Dompfaffen, ſehr dumm, und daher um ſo viel ſchwerer von den Wei- tzenfeldern entfernt zu halten, wo eben ihrer erſtaunlichen Menge wegen der Schade, welchen ſie anrichten, be- traͤchtlich iſt. Wenn man auch ſchon mit einer Buͤchſe unter ſie ſchießt, da gemeiniglich ihrer viele auf jeden Schuß fallen, ſo fliegen die andern doch ſofort wieder hin, ohne ſich irgend vor Gefahr zu ſcheuen. — Die Kampfhaͤhne ſah ich hier die Blumenknoſpen von der kraͤuſelfoͤrmigen Laugenblume (Cotula turbinata), wel- che in dieſem Theile von Afrika in allen niedrigen Sand- ebenen waͤchſt, abfreſſen.

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/350>, abgerufen am 16.06.2024.