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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Rückreise v. Sonntagsflusse nach der Capstadt.

Hier sah ich, daß die Landleute in Ermangelung
von Schubkarren, wozu hier das Holz fehlt, Kalb- und
Schaffelle als Säcke gebrauchen, um den Dung in die
Gärten zu schaffen.

Weiter kamen wir zu Hanne Olofssons Hofe, und
ritten von da rechter Hand über die Berge zu Anders
Olofsson
, am Rohrthale (Riet-Valley) im Kamenas-
sienlande
. Dies Land zwischen den Gebirgen ist schmal,
und hat verschiedne einzelne Berge und Anhöhen. Es
scheint gleiche Höhe mit dem langen Thale zu haben, und
ist ein dürres, mageres Land.

In dieser Gegend wachsen zwey Arten Doppelblatt
(Zygophyllum), so wohl die krautartige kriechende (ter-
bacea repens
), als die ungestielte (sessilifolium). Die
Hottentotten nennen dies Gewächs Nenta. Man be-
hauptet, daß die Schafe sterben, wenn sie davon fressen.

Darauf ritten wir zu dem Kolonisten Peter Jor-
dan
, der beym Elefantenwarmenbade, und am östlichen
Elefantenflusse wohnt. Die breite Strecke Landes, wo-
durch der Weg ging, ist überall Karrofeld, hat wenig
Gebüsch, kein Gras und wenig Wasser.

Hier wächst ein Strauch, den die Hottentotten
Kon nennen, und der im ganzen Lande sehr berühmt ist.
Es ist die welke Zaserblume (Mesembryanthemum emar-
cidum
). Die Hottentotten, nicht nur die, welche
in dieser Gegend, sondern auch die weit entfernt wohnen,
hohlen diesen Strauch mit Wurzel, Stamm und Blät-
tern, stampfen das alles durch einander und drehen es
hernach zusammen, wie gesponnenen Tobak. Das Wort
Kon bedeutet Saugbusch. Die Kolonisten nennen ihn
Kannawurzel. Er wächst nur in den trockensten Hai-
den, und wird am meisten von denjenigen Hottentotten
gesammelt, die nicht sehr weit von diesen Haiden wohnen.

Ruͤckreiſe v. Sonntagsfluſſe nach der Capſtadt.

Hier ſah ich, daß die Landleute in Ermangelung
von Schubkarren, wozu hier das Holz fehlt, Kalb- und
Schaffelle als Saͤcke gebrauchen, um den Dung in die
Gaͤrten zu ſchaffen.

Weiter kamen wir zu Hanne Olofsſons Hofe, und
ritten von da rechter Hand uͤber die Berge zu Anders
Olofsſon
, am Rohrthale (Riet-Valley) im Kamenaſ-
ſienlande
. Dies Land zwiſchen den Gebirgen iſt ſchmal,
und hat verſchiedne einzelne Berge und Anhoͤhen. Es
ſcheint gleiche Hoͤhe mit dem langen Thale zu haben, und
iſt ein duͤrres, mageres Land.

In dieſer Gegend wachſen zwey Arten Doppelblatt
(Zygophyllum), ſo wohl die krautartige kriechende (ter-
bacea repens
), als die ungeſtielte (ſeſſilifolium). Die
Hottentotten nennen dies Gewaͤchs Nenta. Man be-
hauptet, daß die Schafe ſterben, wenn ſie davon freſſen.

Darauf ritten wir zu dem Koloniſten Peter Jor-
dan
, der beym Elefantenwarmenbade, und am oͤſtlichen
Elefantenfluſſe wohnt. Die breite Strecke Landes, wo-
durch der Weg ging, iſt uͤberall Karrofeld, hat wenig
Gebuͤſch, kein Gras und wenig Waſſer.

Hier waͤchſt ein Strauch, den die Hottentotten
Kon nennen, und der im ganzen Lande ſehr beruͤhmt iſt.
Es iſt die welke Zaſerblume (Meſembryanthemum emar-
cidum
). Die Hottentotten, nicht nur die, welche
in dieſer Gegend, ſondern auch die weit entfernt wohnen,
hohlen dieſen Strauch mit Wurzel, Stamm und Blaͤt-
tern, ſtampfen das alles durch einander und drehen es
hernach zuſammen, wie geſponnenen Tobak. Das Wort
Kon bedeutet Saugbuſch. Die Koloniſten nennen ihn
Kannawurzel. Er waͤchſt nur in den trockenſten Hai-
den, und wird am meiſten von denjenigen Hottentotten
geſammelt, die nicht ſehr weit von dieſen Haiden wohnen.

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[85/0423] Ruͤckreiſe v. Sonntagsfluſſe nach der Capſtadt. Hier ſah ich, daß die Landleute in Ermangelung von Schubkarren, wozu hier das Holz fehlt, Kalb- und Schaffelle als Saͤcke gebrauchen, um den Dung in die Gaͤrten zu ſchaffen. Weiter kamen wir zu Hanne Olofsſons Hofe, und ritten von da rechter Hand uͤber die Berge zu Anders Olofsſon, am Rohrthale (Riet-Valley) im Kamenaſ- ſienlande. Dies Land zwiſchen den Gebirgen iſt ſchmal, und hat verſchiedne einzelne Berge und Anhoͤhen. Es ſcheint gleiche Hoͤhe mit dem langen Thale zu haben, und iſt ein duͤrres, mageres Land. In dieſer Gegend wachſen zwey Arten Doppelblatt (Zygophyllum), ſo wohl die krautartige kriechende (ter- bacea repens), als die ungeſtielte (ſeſſilifolium). Die Hottentotten nennen dies Gewaͤchs Nenta. Man be- hauptet, daß die Schafe ſterben, wenn ſie davon freſſen. Darauf ritten wir zu dem Koloniſten Peter Jor- dan, der beym Elefantenwarmenbade, und am oͤſtlichen Elefantenfluſſe wohnt. Die breite Strecke Landes, wo- durch der Weg ging, iſt uͤberall Karrofeld, hat wenig Gebuͤſch, kein Gras und wenig Waſſer. Hier waͤchſt ein Strauch, den die Hottentotten Kon nennen, und der im ganzen Lande ſehr beruͤhmt iſt. Es iſt die welke Zaſerblume (Meſembryanthemum emar- cidum). Die Hottentotten, nicht nur die, welche in dieſer Gegend, ſondern auch die weit entfernt wohnen, hohlen dieſen Strauch mit Wurzel, Stamm und Blaͤt- tern, ſtampfen das alles durch einander und drehen es hernach zuſammen, wie geſponnenen Tobak. Das Wort Kon bedeutet Saugbuſch. Die Koloniſten nennen ihn Kannawurzel. Er waͤchſt nur in den trockenſten Hai- den, und wird am meiſten von denjenigen Hottentotten geſammelt, die nicht ſehr weit von dieſen Haiden wohnen.

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/423>, abgerufen am 02.06.2024.