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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Kleidung und Putz.
eine Hand, beym weiblichen hingegen beynahe eine halbe
Elle breit ist, und solche Länge hat, daß er wenigstens
zweymahl um den Leib geht, und in einen Knoten mit
großen Schleifen bequem zusammen geknüpft werden
kann. Der Knoten mit der Schleife ist, zumahl beym
Frauenzimmer, von ansehnlicher Größe, und man kann
zugleich daran sehen, ob eine Frauensperson verheira-
thet oder unverheirathet ist; denn bey diesen sitzt er hin-
ten auf dem Rücken, bey jenen aber vorn vor dem Leibe.
In diesen Gürtel stecken die Mannspersonen den Säbel,
den Fächer, die Tobakspfeife, den Tobaksbeutel und die
Arzneydose. Am Halse ist der Habit allezeit rund aus-
geschnitten, ohne Kragen, und vorn offen, so daß der
Hals bloß ist, mit dem sie auch beständig bloß gehen,
ohne je ein Halstuch oder dergleichen zu gebrauchen.
Die Aermel sind sehr unförmlich und über alle Maaße
weit, die Weite beträgt eine halbe Elle. Vorn bey der
Oeffnung sind sie zur Hälfte zusammen genähet, so daß
sie unterwärts einen Beutel formiren, der ihnen statt ei-
ner Tasche dient, Papier und andre Sachen, die nicht
schwer sind, hinein zu stecken, und wo sie auch bey kaltem
Wetter die Hände hinein stecken. Vorzüglich sind sie
bey jungen Mädchen lang, bey denen sie oft bis auf die
Erde hangen.

So ohne Unterschied allgemein diese Tracht im
ganzen ist, findet doch, in Rücksicht auf Geschlecht,
Alter, Stand und Lebensart, einige, wiewohl nicht be-
trächtliche, Verschiedenheit dabey Statt. Geringe Leute,
Arbeiter, Fischer, Matrosen und dergleichen sieht man
oft, wenn sie ihre Arbeit verrichten, ganz oder halb
nackt. Im ersteren Falle haben sie weiter nichts als ei-
nen Gürtel um den Leib, der die Geschlechtstheile ein-
schließt und bedeckt, von da zwischen den Beinen hin-

Thunbergs Reise. 2. Bandes 1. Theil. M

Kleidung und Putz.
eine Hand, beym weiblichen hingegen beynahe eine halbe
Elle breit iſt, und ſolche Laͤnge hat, daß er wenigſtens
zweymahl um den Leib geht, und in einen Knoten mit
großen Schleifen bequem zuſammen geknuͤpft werden
kann. Der Knoten mit der Schleife iſt, zumahl beym
Frauenzimmer, von anſehnlicher Groͤße, und man kann
zugleich daran ſehen, ob eine Frauensperſon verheira-
thet oder unverheirathet iſt; denn bey dieſen ſitzt er hin-
ten auf dem Ruͤcken, bey jenen aber vorn vor dem Leibe.
In dieſen Guͤrtel ſtecken die Mannsperſonen den Saͤbel,
den Faͤcher, die Tobakspfeife, den Tobaksbeutel und die
Arzneydoſe. Am Halſe iſt der Habit allezeit rund aus-
geſchnitten, ohne Kragen, und vorn offen, ſo daß der
Hals bloß iſt, mit dem ſie auch beſtaͤndig bloß gehen,
ohne je ein Halstuch oder dergleichen zu gebrauchen.
Die Aermel ſind ſehr unfoͤrmlich und uͤber alle Maaße
weit, die Weite betraͤgt eine halbe Elle. Vorn bey der
Oeffnung ſind ſie zur Haͤlfte zuſammen genaͤhet, ſo daß
ſie unterwaͤrts einen Beutel formiren, der ihnen ſtatt ei-
ner Taſche dient, Papier und andre Sachen, die nicht
ſchwer ſind, hinein zu ſtecken, und wo ſie auch bey kaltem
Wetter die Haͤnde hinein ſtecken. Vorzuͤglich ſind ſie
bey jungen Maͤdchen lang, bey denen ſie oft bis auf die
Erde hangen.

So ohne Unterſchied allgemein dieſe Tracht im
ganzen iſt, findet doch, in Ruͤckſicht auf Geſchlecht,
Alter, Stand und Lebensart, einige, wiewohl nicht be-
traͤchtliche, Verſchiedenheit dabey Statt. Geringe Leute,
Arbeiter, Fiſcher, Matroſen und dergleichen ſieht man
oft, wenn ſie ihre Arbeit verrichten, ganz oder halb
nackt. Im erſteren Falle haben ſie weiter nichts als ei-
nen Guͤrtel um den Leib, der die Geſchlechtstheile ein-
ſchließt und bedeckt, von da zwiſchen den Beinen hin-

Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. M
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[177/0211] Kleidung und Putz. eine Hand, beym weiblichen hingegen beynahe eine halbe Elle breit iſt, und ſolche Laͤnge hat, daß er wenigſtens zweymahl um den Leib geht, und in einen Knoten mit großen Schleifen bequem zuſammen geknuͤpft werden kann. Der Knoten mit der Schleife iſt, zumahl beym Frauenzimmer, von anſehnlicher Groͤße, und man kann zugleich daran ſehen, ob eine Frauensperſon verheira- thet oder unverheirathet iſt; denn bey dieſen ſitzt er hin- ten auf dem Ruͤcken, bey jenen aber vorn vor dem Leibe. In dieſen Guͤrtel ſtecken die Mannsperſonen den Saͤbel, den Faͤcher, die Tobakspfeife, den Tobaksbeutel und die Arzneydoſe. Am Halſe iſt der Habit allezeit rund aus- geſchnitten, ohne Kragen, und vorn offen, ſo daß der Hals bloß iſt, mit dem ſie auch beſtaͤndig bloß gehen, ohne je ein Halstuch oder dergleichen zu gebrauchen. Die Aermel ſind ſehr unfoͤrmlich und uͤber alle Maaße weit, die Weite betraͤgt eine halbe Elle. Vorn bey der Oeffnung ſind ſie zur Haͤlfte zuſammen genaͤhet, ſo daß ſie unterwaͤrts einen Beutel formiren, der ihnen ſtatt ei- ner Taſche dient, Papier und andre Sachen, die nicht ſchwer ſind, hinein zu ſtecken, und wo ſie auch bey kaltem Wetter die Haͤnde hinein ſtecken. Vorzuͤglich ſind ſie bey jungen Maͤdchen lang, bey denen ſie oft bis auf die Erde hangen. So ohne Unterſchied allgemein dieſe Tracht im ganzen iſt, findet doch, in Ruͤckſicht auf Geſchlecht, Alter, Stand und Lebensart, einige, wiewohl nicht be- traͤchtliche, Verſchiedenheit dabey Statt. Geringe Leute, Arbeiter, Fiſcher, Matroſen und dergleichen ſieht man oft, wenn ſie ihre Arbeit verrichten, ganz oder halb nackt. Im erſteren Falle haben ſie weiter nichts als ei- nen Guͤrtel um den Leib, der die Geſchlechtstheile ein- ſchließt und bedeckt, von da zwiſchen den Beinen hin- Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. M

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/211>, abgerufen am 24.11.2024.