chen Gebrauche Korn gesäet wird. Kein Wunder bey allen diesen Einrichtungen und Gewohnheiten, daß das Land, wie ich schon mehrmals gerühmt habe, nicht nur so ganz über alle Vorstellung angebauet, sondern auch unglaublich bevölkert ist, und zugleich seine unzählichen Einwohner ganz allein, ohne fremde Einfuhr, ernäh- ren kann.
Auf der andern Seite aber übersteigt es auch allen Glauben, wie viel Mühe, Sorgfalt, Emsigkeit und Unverdrossenheit der Japaner bey seinem Ackerbau an- wendet. Besonders zeigt sich dies bey Urbarmachung und Bestellung steiler Berge. An den Seiten dersel- ben bleibt nichts unangebaut liegen. Wenn der Fleck auch nicht größer als zwey Fuß ins Gevierte ist, so legt der Japaner doch unten eine kleine steinerne Mauer an, füllet den Platz inwendig mit Erde und Dung, und be- säet dies kleine Beet mit Reis oder Gartengewächsen. Die meisten Berge sind mit tausenden solcher kleinen Beete geschmückt, und diese geben ihnen ein Ansehen, das bey dem, welcher an den Anblick nicht gewohnt ist, die größte Bewunderung erregt.
Einige Felder stehen im Frühlinge fast ganz unter Wasser. Andere, besonders die zu Reis bestimmten, Fel- der giebt man sich viel Mühe, gehörig zu wässern. Besonders haben sie eine ganz eigne und artige Metho- de, bey starker Dürre das Wasser dahin zu leiten. Die hiesigen Bäche sind zwar nicht nur groß, sondern schwel- len auch, wenn viel Regen fällt, hoch an; laufen aber auch schnell nach dem Meere zu, und behalten daher wenig Wasser. Um dennoch Nutzen von ihnen zu ha- ben, wirft der Landmann ganze Dämme von Erde, viele Fuß breit und oft von unglaublicher Länge auf, hinter
Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.
chen Gebrauche Korn geſaͤet wird. Kein Wunder bey allen dieſen Einrichtungen und Gewohnheiten, daß das Land, wie ich ſchon mehrmals geruͤhmt habe, nicht nur ſo ganz uͤber alle Vorſtellung angebauet, ſondern auch unglaublich bevoͤlkert iſt, und zugleich ſeine unzaͤhlichen Einwohner ganz allein, ohne fremde Einfuhr, ernaͤh- ren kann.
Auf der andern Seite aber uͤberſteigt es auch allen Glauben, wie viel Muͤhe, Sorgfalt, Emſigkeit und Unverdroſſenheit der Japaner bey ſeinem Ackerbau an- wendet. Beſonders zeigt ſich dies bey Urbarmachung und Beſtellung ſteiler Berge. An den Seiten derſel- ben bleibt nichts unangebaut liegen. Wenn der Fleck auch nicht groͤßer als zwey Fuß ins Gevierte iſt, ſo legt der Japaner doch unten eine kleine ſteinerne Mauer an, fuͤllet den Platz inwendig mit Erde und Dung, und be- ſaͤet dies kleine Beet mit Reis oder Gartengewaͤchſen. Die meiſten Berge ſind mit tauſenden ſolcher kleinen Beete geſchmuͤckt, und dieſe geben ihnen ein Anſehen, das bey dem, welcher an den Anblick nicht gewohnt iſt, die groͤßte Bewunderung erregt.
Einige Felder ſtehen im Fruͤhlinge faſt ganz unter Waſſer. Andere, beſonders die zu Reis beſtimmten, Fel- der giebt man ſich viel Muͤhe, gehoͤrig zu waͤſſern. Beſonders haben ſie eine ganz eigne und artige Metho- de, bey ſtarker Duͤrre das Waſſer dahin zu leiten. Die hieſigen Baͤche ſind zwar nicht nur groß, ſondern ſchwel- len auch, wenn viel Regen faͤllt, hoch an; laufen aber auch ſchnell nach dem Meere zu, und behalten daher wenig Waſſer. Um dennoch Nutzen von ihnen zu ha- ben, wirft der Landmann ganze Daͤmme von Erde, viele Fuß breit und oft von unglaublicher Laͤnge auf, hinter
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0348"n="58"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.</hi></fw><lb/>
chen Gebrauche Korn geſaͤet wird. Kein Wunder bey<lb/>
allen dieſen Einrichtungen und Gewohnheiten, daß das<lb/>
Land, wie ich ſchon mehrmals geruͤhmt habe, nicht nur<lb/>ſo ganz uͤber alle Vorſtellung angebauet, ſondern auch<lb/>
unglaublich bevoͤlkert iſt, und zugleich ſeine unzaͤhlichen<lb/>
Einwohner ganz allein, ohne fremde Einfuhr, ernaͤh-<lb/>
ren kann.</p><lb/><p>Auf der andern Seite aber uͤberſteigt es auch allen<lb/>
Glauben, wie viel Muͤhe, Sorgfalt, Emſigkeit und<lb/>
Unverdroſſenheit der Japaner bey ſeinem Ackerbau an-<lb/>
wendet. Beſonders zeigt ſich dies bey Urbarmachung<lb/>
und Beſtellung ſteiler Berge. An den Seiten derſel-<lb/>
ben bleibt nichts unangebaut liegen. Wenn der Fleck<lb/>
auch nicht groͤßer als zwey Fuß ins Gevierte iſt, ſo legt<lb/>
der Japaner doch unten eine kleine ſteinerne Mauer an,<lb/>
fuͤllet den Platz inwendig mit Erde und Dung, und be-<lb/>ſaͤet dies kleine Beet mit Reis oder Gartengewaͤchſen.<lb/>
Die meiſten Berge ſind mit tauſenden ſolcher kleinen<lb/>
Beete geſchmuͤckt, und dieſe geben ihnen ein Anſehen,<lb/>
das bey dem, welcher an den Anblick nicht gewohnt iſt,<lb/>
die groͤßte Bewunderung erregt.</p><lb/><p>Einige Felder ſtehen im Fruͤhlinge faſt ganz unter<lb/>
Waſſer. Andere, beſonders die zu Reis beſtimmten, Fel-<lb/>
der giebt man ſich viel Muͤhe, gehoͤrig zu waͤſſern.<lb/>
Beſonders haben ſie eine ganz eigne und artige Metho-<lb/>
de, bey ſtarker Duͤrre das Waſſer dahin zu leiten. Die<lb/>
hieſigen Baͤche ſind zwar nicht nur groß, ſondern ſchwel-<lb/>
len auch, wenn viel Regen faͤllt, hoch an; laufen aber<lb/>
auch ſchnell nach dem Meere zu, und behalten daher<lb/>
wenig Waſſer. Um dennoch Nutzen von ihnen zu ha-<lb/>
ben, wirft der Landmann ganze Daͤmme von Erde, viele<lb/>
Fuß breit und oft von unglaublicher Laͤnge auf, hinter<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[58/0348]
Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.
chen Gebrauche Korn geſaͤet wird. Kein Wunder bey
allen dieſen Einrichtungen und Gewohnheiten, daß das
Land, wie ich ſchon mehrmals geruͤhmt habe, nicht nur
ſo ganz uͤber alle Vorſtellung angebauet, ſondern auch
unglaublich bevoͤlkert iſt, und zugleich ſeine unzaͤhlichen
Einwohner ganz allein, ohne fremde Einfuhr, ernaͤh-
ren kann.
Auf der andern Seite aber uͤberſteigt es auch allen
Glauben, wie viel Muͤhe, Sorgfalt, Emſigkeit und
Unverdroſſenheit der Japaner bey ſeinem Ackerbau an-
wendet. Beſonders zeigt ſich dies bey Urbarmachung
und Beſtellung ſteiler Berge. An den Seiten derſel-
ben bleibt nichts unangebaut liegen. Wenn der Fleck
auch nicht groͤßer als zwey Fuß ins Gevierte iſt, ſo legt
der Japaner doch unten eine kleine ſteinerne Mauer an,
fuͤllet den Platz inwendig mit Erde und Dung, und be-
ſaͤet dies kleine Beet mit Reis oder Gartengewaͤchſen.
Die meiſten Berge ſind mit tauſenden ſolcher kleinen
Beete geſchmuͤckt, und dieſe geben ihnen ein Anſehen,
das bey dem, welcher an den Anblick nicht gewohnt iſt,
die groͤßte Bewunderung erregt.
Einige Felder ſtehen im Fruͤhlinge faſt ganz unter
Waſſer. Andere, beſonders die zu Reis beſtimmten, Fel-
der giebt man ſich viel Muͤhe, gehoͤrig zu waͤſſern.
Beſonders haben ſie eine ganz eigne und artige Metho-
de, bey ſtarker Duͤrre das Waſſer dahin zu leiten. Die
hieſigen Baͤche ſind zwar nicht nur groß, ſondern ſchwel-
len auch, wenn viel Regen faͤllt, hoch an; laufen aber
auch ſchnell nach dem Meere zu, und behalten daher
wenig Waſſer. Um dennoch Nutzen von ihnen zu ha-
ben, wirft der Landmann ganze Daͤmme von Erde, viele
Fuß breit und oft von unglaublicher Laͤnge auf, hinter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/348>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.