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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Vom Elephanten.
Elephanten zu finden, der gar keine Mängel hat, so
pflegen die fehlerfreyen für fünf hundert bis tausend Tha-
ler verkauft zu werden. Wenn eine Auction angestellt
wird, so thun gewöhnlich zwey, drey oder mehrere Leute
sich zusammen, und kaufen gemeinschaftlich funfzig, sech-
zig, achtzig bis hundert Elephanten, die sie hernach ein-
zeln mit ansehnlichem Gewinn wieder verkaufen. Vor
dem öffentlichen Verkaufe werden die Elephanten am
Hintertheile mit dem Wappen der Compagnie bezeichnet:
das Thier wird zu dem Ende an einen starken Baum ge-
bunden, und mit einem glühenden Eisen gebrannt.

Der Elephant ist unstreitig eins der verständigsten
und sanftmüthigsten Thiere, das sich seiner Größe un-
geachtet sehr leicht zahm machen und zu mancherley nütz-
lichen Diensten abrichten läßt. Wenn er gedrängt, ge-
ängstigt und gepeinigt wird, weint er fast wie ein Kind.
Wenn er zahm ist, lernt er in kurzer Zeit verstehen, was
man zu ihm sagt. Geräth er in Gefangenschaft, so
wird er von Gram und Betrübniß abgezehrt, besonders
wenn er schon zahm war und einen guten Herrn hatte. Bey
einer solchen Jagd, als ich oben beschrieben habe, trägt
es sich oft zu, daß zahme Elephanten, die dem Kaiser
zu Candy gehören, und welche man frey umher gehen
läßt um in den Wäldern zu weiden, mit anderen ge-
fangen werden. Alsdann kann man sie in der Falle sel-
ten dazu bewegen, irgend etwas Nahrung zu sich zu
nehmen, ehe die Leute ankommen, die gewohnt sind,
ihrer zu warten; diese kennen sie sogleich, und sie gehen
auch, sobald sie frey gelassen sind, von selbst mit ihnen.

Die Elephanten fressen sehr gern Pisangfrüchte
und Kokosnüsse, man mag sie ihnen entzwey geschlagen
oder ganz geben; im letztern Falle wissen sie sie selbst

Thunbergs Reisen. Zweyt. Band. zweyter Th. M

Vom Elephanten.
Elephanten zu finden, der gar keine Maͤngel hat, ſo
pflegen die fehlerfreyen fuͤr fuͤnf hundert bis tauſend Tha-
ler verkauft zu werden. Wenn eine Auction angeſtellt
wird, ſo thun gewoͤhnlich zwey, drey oder mehrere Leute
ſich zuſammen, und kaufen gemeinſchaftlich funfzig, ſech-
zig, achtzig bis hundert Elephanten, die ſie hernach ein-
zeln mit anſehnlichem Gewinn wieder verkaufen. Vor
dem oͤffentlichen Verkaufe werden die Elephanten am
Hintertheile mit dem Wappen der Compagnie bezeichnet:
das Thier wird zu dem Ende an einen ſtarken Baum ge-
bunden, und mit einem gluͤhenden Eiſen gebrannt.

Der Elephant iſt unſtreitig eins der verſtaͤndigſten
und ſanftmuͤthigſten Thiere, das ſich ſeiner Groͤße un-
geachtet ſehr leicht zahm machen und zu mancherley nuͤtz-
lichen Dienſten abrichten laͤßt. Wenn er gedraͤngt, ge-
aͤngſtigt und gepeinigt wird, weint er faſt wie ein Kind.
Wenn er zahm iſt, lernt er in kurzer Zeit verſtehen, was
man zu ihm ſagt. Geraͤth er in Gefangenſchaft, ſo
wird er von Gram und Betruͤbniß abgezehrt, beſonders
wenn er ſchon zahm war und einen guten Herrn hatte. Bey
einer ſolchen Jagd, als ich oben beſchrieben habe, traͤgt
es ſich oft zu, daß zahme Elephanten, die dem Kaiſer
zu Candy gehoͤren, und welche man frey umher gehen
laͤßt um in den Waͤldern zu weiden, mit anderen ge-
fangen werden. Alsdann kann man ſie in der Falle ſel-
ten dazu bewegen, irgend etwas Nahrung zu ſich zu
nehmen, ehe die Leute ankommen, die gewohnt ſind,
ihrer zu warten; dieſe kennen ſie ſogleich, und ſie gehen
auch, ſobald ſie frey gelaſſen ſind, von ſelbſt mit ihnen.

Die Elephanten freſſen ſehr gern Piſangfruͤchte
und Kokosnuͤſſe, man mag ſie ihnen entzwey geſchlagen
oder ganz geben; im letztern Falle wiſſen ſie ſie ſelbſt

Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. M
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[177/0473] Vom Elephanten. Elephanten zu finden, der gar keine Maͤngel hat, ſo pflegen die fehlerfreyen fuͤr fuͤnf hundert bis tauſend Tha- ler verkauft zu werden. Wenn eine Auction angeſtellt wird, ſo thun gewoͤhnlich zwey, drey oder mehrere Leute ſich zuſammen, und kaufen gemeinſchaftlich funfzig, ſech- zig, achtzig bis hundert Elephanten, die ſie hernach ein- zeln mit anſehnlichem Gewinn wieder verkaufen. Vor dem oͤffentlichen Verkaufe werden die Elephanten am Hintertheile mit dem Wappen der Compagnie bezeichnet: das Thier wird zu dem Ende an einen ſtarken Baum ge- bunden, und mit einem gluͤhenden Eiſen gebrannt. Der Elephant iſt unſtreitig eins der verſtaͤndigſten und ſanftmuͤthigſten Thiere, das ſich ſeiner Groͤße un- geachtet ſehr leicht zahm machen und zu mancherley nuͤtz- lichen Dienſten abrichten laͤßt. Wenn er gedraͤngt, ge- aͤngſtigt und gepeinigt wird, weint er faſt wie ein Kind. Wenn er zahm iſt, lernt er in kurzer Zeit verſtehen, was man zu ihm ſagt. Geraͤth er in Gefangenſchaft, ſo wird er von Gram und Betruͤbniß abgezehrt, beſonders wenn er ſchon zahm war und einen guten Herrn hatte. Bey einer ſolchen Jagd, als ich oben beſchrieben habe, traͤgt es ſich oft zu, daß zahme Elephanten, die dem Kaiſer zu Candy gehoͤren, und welche man frey umher gehen laͤßt um in den Waͤldern zu weiden, mit anderen ge- fangen werden. Alsdann kann man ſie in der Falle ſel- ten dazu bewegen, irgend etwas Nahrung zu ſich zu nehmen, ehe die Leute ankommen, die gewohnt ſind, ihrer zu warten; dieſe kennen ſie ſogleich, und ſie gehen auch, ſobald ſie frey gelaſſen ſind, von ſelbſt mit ihnen. Die Elephanten freſſen ſehr gern Piſangfruͤchte und Kokosnuͤſſe, man mag ſie ihnen entzwey geſchlagen oder ganz geben; im letztern Falle wiſſen ſie ſie ſelbſt Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. M

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/473>, abgerufen am 22.11.2024.