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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Erste Abtheilung.
weicht, so hört man gar oft von ihnen recht lächerliche
Ausdrücke und sonderbare Redensarten. Manche ler-
nen es nie richtig sprechen. Wenn sie Holländisch schrei-
ben, gebrauchen sie statt der Feder ihren gewöhnlichen
Pinsel, ihren Tusch und ihr eignes Papier, schreiben
aber doch nach Europäischer Art von der Linken zur Rech-
ten, und zwar meistens sehr ansehnliche und schöne Ita-
liänische Buchstaben.

Die Dolmetscher sind sehr große Liebhaber von Eu-
ropaischen Büchern und verschaffen sich deren jährlich eins
oder mehrere von den ankommenden Kaufleuten. Sie
besitzen sie nicht nur, sondern lesen auch fleißig darin,
und behalten sehr gut, was sie daraus gelernt haben.
Ueberhaupt lassen sie es sich sehr angelegen seyn, von den
Europäern etwas zu lernen, und nach allem, besonders
was ins medicinische, physikalische und naturhistorische
Fach schlägt, zu fragen: sie fragen so unglaublich viel
und so mancherley, daß man dessen oft sehr müde wird.
Die meisten legen sich förmlich auf die Arzneywissen-
schaft; diese sind auch die einzigen, welche sie nach Eu-
ropäischer Methode und mit Europäischen Arzneymitteln
ausüben. Hiedurch bekommen sie nicht nur Gelegenheit
Geld zu verdienen, sondern erwerben sich auch etwas
mehr Ansehen. Bisweilen nehmen sie so gar Schüler in
dieser Wissenschaft an. So wohl ihre Kenntnisse als
die Arzneyen bekommen sie von den Holländischen
Aerzten.

So bald ich ans Land gestiegen war, ließ ich meine
erste Sorge seyn, mir die Bekanntschaft der Dolmet-
scher zu verschaffen, und mich, so viel möglich war, bey
den Beamten, welche sich sehr oft auf unsrer kleinen
Handels-Insel einfanden, in Gunst zu setzen. Dies ge-
lang mir auch. Denn mein Betragen gegen die Japa-

Erſte Abtheilung.
weicht, ſo hoͤrt man gar oft von ihnen recht laͤcherliche
Ausdruͤcke und ſonderbare Redensarten. Manche ler-
nen es nie richtig ſprechen. Wenn ſie Hollaͤndiſch ſchrei-
ben, gebrauchen ſie ſtatt der Feder ihren gewoͤhnlichen
Pinſel, ihren Tuſch und ihr eignes Papier, ſchreiben
aber doch nach Europaͤiſcher Art von der Linken zur Rech-
ten, und zwar meiſtens ſehr anſehnliche und ſchoͤne Ita-
liaͤniſche Buchſtaben.

Die Dolmetſcher ſind ſehr große Liebhaber von Eu-
ropaiſchen Buͤchern und verſchaffen ſich deren jaͤhrlich eins
oder mehrere von den ankommenden Kaufleuten. Sie
beſitzen ſie nicht nur, ſondern leſen auch fleißig darin,
und behalten ſehr gut, was ſie daraus gelernt haben.
Ueberhaupt laſſen ſie es ſich ſehr angelegen ſeyn, von den
Europaͤern etwas zu lernen, und nach allem, beſonders
was ins mediciniſche, phyſikaliſche und naturhiſtoriſche
Fach ſchlaͤgt, zu fragen: ſie fragen ſo unglaublich viel
und ſo mancherley, daß man deſſen oft ſehr muͤde wird.
Die meiſten legen ſich foͤrmlich auf die Arzneywiſſen-
ſchaft; dieſe ſind auch die einzigen, welche ſie nach Eu-
ropaͤiſcher Methode und mit Europaͤiſchen Arzneymitteln
ausuͤben. Hiedurch bekommen ſie nicht nur Gelegenheit
Geld zu verdienen, ſondern erwerben ſich auch etwas
mehr Anſehen. Bisweilen nehmen ſie ſo gar Schuͤler in
dieſer Wiſſenſchaft an. So wohl ihre Kenntniſſe als
die Arzneyen bekommen ſie von den Hollaͤndiſchen
Aerzten.

So bald ich ans Land geſtiegen war, ließ ich meine
erſte Sorge ſeyn, mir die Bekanntſchaft der Dolmet-
ſcher zu verſchaffen, und mich, ſo viel moͤglich war, bey
den Beamten, welche ſich ſehr oft auf unſrer kleinen
Handels-Inſel einfanden, in Gunſt zu ſetzen. Dies ge-
lang mir auch. Denn mein Betragen gegen die Japa-

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[24/0058] Erſte Abtheilung. weicht, ſo hoͤrt man gar oft von ihnen recht laͤcherliche Ausdruͤcke und ſonderbare Redensarten. Manche ler- nen es nie richtig ſprechen. Wenn ſie Hollaͤndiſch ſchrei- ben, gebrauchen ſie ſtatt der Feder ihren gewoͤhnlichen Pinſel, ihren Tuſch und ihr eignes Papier, ſchreiben aber doch nach Europaͤiſcher Art von der Linken zur Rech- ten, und zwar meiſtens ſehr anſehnliche und ſchoͤne Ita- liaͤniſche Buchſtaben. Die Dolmetſcher ſind ſehr große Liebhaber von Eu- ropaiſchen Buͤchern und verſchaffen ſich deren jaͤhrlich eins oder mehrere von den ankommenden Kaufleuten. Sie beſitzen ſie nicht nur, ſondern leſen auch fleißig darin, und behalten ſehr gut, was ſie daraus gelernt haben. Ueberhaupt laſſen ſie es ſich ſehr angelegen ſeyn, von den Europaͤern etwas zu lernen, und nach allem, beſonders was ins mediciniſche, phyſikaliſche und naturhiſtoriſche Fach ſchlaͤgt, zu fragen: ſie fragen ſo unglaublich viel und ſo mancherley, daß man deſſen oft ſehr muͤde wird. Die meiſten legen ſich foͤrmlich auf die Arzneywiſſen- ſchaft; dieſe ſind auch die einzigen, welche ſie nach Eu- ropaͤiſcher Methode und mit Europaͤiſchen Arzneymitteln ausuͤben. Hiedurch bekommen ſie nicht nur Gelegenheit Geld zu verdienen, ſondern erwerben ſich auch etwas mehr Anſehen. Bisweilen nehmen ſie ſo gar Schuͤler in dieſer Wiſſenſchaft an. So wohl ihre Kenntniſſe als die Arzneyen bekommen ſie von den Hollaͤndiſchen Aerzten. So bald ich ans Land geſtiegen war, ließ ich meine erſte Sorge ſeyn, mir die Bekanntſchaft der Dolmet- ſcher zu verſchaffen, und mich, ſo viel moͤglich war, bey den Beamten, welche ſich ſehr oft auf unſrer kleinen Handels-Inſel einfanden, in Gunſt zu ſetzen. Dies ge- lang mir auch. Denn mein Betragen gegen die Japa-

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/58>, abgerufen am 16.05.2024.