moderner und witzloser Geist, wie dieser sogenannte Punsch, auch nur in den fernsten Winkel eures Gedächtnisses kommen? Dies elende Gebräu aus heißem Wasser, schlechtem Branntwein und Citronensäure? Und was soll dieses diplomatische, nüchterne Getränk, der Champagner, in unserm Kreise? Der nicht Herz und Geist aufschließt und nach dem halben Rausch höchstens dazu dienen kann, wieder nüchtern zu machen? O ihr Profanen!
Er schlug auf den Tisch; aber die Uebrigen, Eduard ausgenommen, erwiderten diese Geberde so heftig, daß von der Erschütterung die Flaschen tanzten und mehrere Gläser zerschmetternd auf den Boden stürzten. Hierüber ward Gelächter und Tumult noch lauter, man sprang auf, andre Gläser zu holen, und Dietrich rief: Es ist so kalt, eiskalt hier geworden, und dagegen würde der Punsch helfen.
Es war Lief in der Nacht, die Diener hatten sich entfernt, man wußte nicht, wie man den Ofen wieder heizen sollte; auch gestand Eduard, daß sein Holzvorrath völlig zu Ende sei und er morgen mit der Frühe erst neuen wieder herbeifahren lasse. Was meint ihr? rief der ganz berauschte Dietrich, unser Wirth hat doch beschlossen, dies Zimmer auf neue Art einzurichten: wenn wir diese unnütze Vertäfelung, diese Bretter, welche die Fenster bedecken, herausbrächen, und in dem großen altfränkischen Kamin hier ein herrliches deutsches Feuer anzündeten? Dieser tolle Vorschlag fand bei den verwilderten Gästen sogleich Gehör und lauten Beifall, und
moderner und witzloser Geist, wie dieser sogenannte Punsch, auch nur in den fernsten Winkel eures Gedächtnisses kommen? Dies elende Gebräu aus heißem Wasser, schlechtem Branntwein und Citronensäure? Und was soll dieses diplomatische, nüchterne Getränk, der Champagner, in unserm Kreise? Der nicht Herz und Geist aufschließt und nach dem halben Rausch höchstens dazu dienen kann, wieder nüchtern zu machen? O ihr Profanen!
Er schlug auf den Tisch; aber die Uebrigen, Eduard ausgenommen, erwiderten diese Geberde so heftig, daß von der Erschütterung die Flaschen tanzten und mehrere Gläser zerschmetternd auf den Boden stürzten. Hierüber ward Gelächter und Tumult noch lauter, man sprang auf, andre Gläser zu holen, und Dietrich rief: Es ist so kalt, eiskalt hier geworden, und dagegen würde der Punsch helfen.
Es war Lief in der Nacht, die Diener hatten sich entfernt, man wußte nicht, wie man den Ofen wieder heizen sollte; auch gestand Eduard, daß sein Holzvorrath völlig zu Ende sei und er morgen mit der Frühe erst neuen wieder herbeifahren lasse. Was meint ihr? rief der ganz berauschte Dietrich, unser Wirth hat doch beschlossen, dies Zimmer auf neue Art einzurichten: wenn wir diese unnütze Vertäfelung, diese Bretter, welche die Fenster bedecken, herausbrächen, und in dem großen altfränkischen Kamin hier ein herrliches deutsches Feuer anzündeten? Dieser tolle Vorschlag fand bei den verwilderten Gästen sogleich Gehör und lauten Beifall, und
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moderner und witzloser Geist, wie dieser sogenannte Punsch, auch nur in den fernsten Winkel eures Gedächtnisses kommen? Dies elende Gebräu aus heißem Wasser, schlechtem Branntwein und Citronensäure? Und was soll dieses diplomatische, nüchterne Getränk, der Champagner, in unserm Kreise? Der nicht Herz und Geist aufschließt und nach dem halben Rausch höchstens dazu dienen kann, wieder nüchtern zu machen? O ihr Profanen!</p><lb/><p>Er schlug auf den Tisch; aber die Uebrigen, Eduard ausgenommen, erwiderten diese Geberde so heftig, daß von der Erschütterung die Flaschen tanzten und mehrere Gläser zerschmetternd auf den Boden stürzten. Hierüber ward Gelächter und Tumult noch lauter, man sprang auf, andre Gläser zu holen, und Dietrich rief: Es ist so kalt, eiskalt hier geworden, und dagegen würde der Punsch helfen.</p><lb/><p>Es war Lief in der Nacht, die Diener hatten sich entfernt, man wußte nicht, wie man den Ofen wieder heizen sollte; auch gestand Eduard, daß sein Holzvorrath völlig zu Ende sei und er morgen mit der Frühe erst neuen wieder herbeifahren lasse. Was meint ihr? rief der ganz berauschte Dietrich, unser Wirth hat doch beschlossen, dies Zimmer auf neue Art einzurichten: wenn wir diese unnütze Vertäfelung, diese Bretter, welche die Fenster bedecken, herausbrächen, und in dem großen altfränkischen Kamin hier ein herrliches deutsches Feuer anzündeten? Dieser tolle Vorschlag fand bei den verwilderten Gästen sogleich Gehör und lauten Beifall, und<lb/></p></div></body></text></TEI>
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moderner und witzloser Geist, wie dieser sogenannte Punsch, auch nur in den fernsten Winkel eures Gedächtnisses kommen? Dies elende Gebräu aus heißem Wasser, schlechtem Branntwein und Citronensäure? Und was soll dieses diplomatische, nüchterne Getränk, der Champagner, in unserm Kreise? Der nicht Herz und Geist aufschließt und nach dem halben Rausch höchstens dazu dienen kann, wieder nüchtern zu machen? O ihr Profanen!
Er schlug auf den Tisch; aber die Uebrigen, Eduard ausgenommen, erwiderten diese Geberde so heftig, daß von der Erschütterung die Flaschen tanzten und mehrere Gläser zerschmetternd auf den Boden stürzten. Hierüber ward Gelächter und Tumult noch lauter, man sprang auf, andre Gläser zu holen, und Dietrich rief: Es ist so kalt, eiskalt hier geworden, und dagegen würde der Punsch helfen.
Es war Lief in der Nacht, die Diener hatten sich entfernt, man wußte nicht, wie man den Ofen wieder heizen sollte; auch gestand Eduard, daß sein Holzvorrath völlig zu Ende sei und er morgen mit der Frühe erst neuen wieder herbeifahren lasse. Was meint ihr? rief der ganz berauschte Dietrich, unser Wirth hat doch beschlossen, dies Zimmer auf neue Art einzurichten: wenn wir diese unnütze Vertäfelung, diese Bretter, welche die Fenster bedecken, herausbrächen, und in dem großen altfränkischen Kamin hier ein herrliches deutsches Feuer anzündeten? Dieser tolle Vorschlag fand bei den verwilderten Gästen sogleich Gehör und lauten Beifall, und
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Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/119>, abgerufen am 21.02.2025.
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