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Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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seine Freunde zu entschuldigen. Diese aber, aufgeregt und keines vernünftigen Gedankens mehr fähig, behandelten diesen Besuch als einen gewaltsamen Einbruch in ihre unveräußerlichen Rechte; jeder schrie auf den Offizier ein, Eulenböck drohte, der Buchhalter fluchte und weinte, der Bibliothekar holte mit der Brechstange aus, und Dietrich, welcher am meisten begeistert war, wollte sich mit dem Beile über den Lieutenant hermachen. Dieser, ebenfalls ein junger, hitziger Mann, nahm es von der ernsthaften Seite und fand seine Ehre verletzt, und so war das Ende der Scene, daß Jene unter Geschrei und Lärmen, Drohungen und Freiheits-Declamationen nach der Hauptwache abgeführt wurden. So endigte das Fest, und Eduard, der allein im Saal zurückgeblieben war, ging völlig verstimmt auf und nieder und betrachtete die Verwüstung, welche seine begeisterten Freunde angerichtet hatten. Unter dem umgeworfenen Tische lagen zertrümmerte Flaschen, Gläser, Teller und Schüsseln, nebst Allem, was von den Leckerbissen übrig geblieben war; der kostbarste Wein floß über den Boden; die Leuchter waren zerschlagen; von denen, welche stehen geblieben waren, waren alle Lichter, bis auf eine Wachskerze, niedergebrannt und ausgelöscht. Er nahm das Licht und betrachtete die Wand, von der die Tapete abgerissen und einige starke Bretter herausgebrochen waren; ein Balken stand davor, der den Zutritt in die Nische hemmte. Ein sonderbares Gelüst befiel den Jüngling, noch in der Nacht das angefangene Werk seiner wilden

seine Freunde zu entschuldigen. Diese aber, aufgeregt und keines vernünftigen Gedankens mehr fähig, behandelten diesen Besuch als einen gewaltsamen Einbruch in ihre unveräußerlichen Rechte; jeder schrie auf den Offizier ein, Eulenböck drohte, der Buchhalter fluchte und weinte, der Bibliothekar holte mit der Brechstange aus, und Dietrich, welcher am meisten begeistert war, wollte sich mit dem Beile über den Lieutenant hermachen. Dieser, ebenfalls ein junger, hitziger Mann, nahm es von der ernsthaften Seite und fand seine Ehre verletzt, und so war das Ende der Scene, daß Jene unter Geschrei und Lärmen, Drohungen und Freiheits-Declamationen nach der Hauptwache abgeführt wurden. So endigte das Fest, und Eduard, der allein im Saal zurückgeblieben war, ging völlig verstimmt auf und nieder und betrachtete die Verwüstung, welche seine begeisterten Freunde angerichtet hatten. Unter dem umgeworfenen Tische lagen zertrümmerte Flaschen, Gläser, Teller und Schüsseln, nebst Allem, was von den Leckerbissen übrig geblieben war; der kostbarste Wein floß über den Boden; die Leuchter waren zerschlagen; von denen, welche stehen geblieben waren, waren alle Lichter, bis auf eine Wachskerze, niedergebrannt und ausgelöscht. Er nahm das Licht und betrachtete die Wand, von der die Tapete abgerissen und einige starke Bretter herausgebrochen waren; ein Balken stand davor, der den Zutritt in die Nische hemmte. Ein sonderbares Gelüst befiel den Jüngling, noch in der Nacht das angefangene Werk seiner wilden

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[0121] seine Freunde zu entschuldigen. Diese aber, aufgeregt und keines vernünftigen Gedankens mehr fähig, behandelten diesen Besuch als einen gewaltsamen Einbruch in ihre unveräußerlichen Rechte; jeder schrie auf den Offizier ein, Eulenböck drohte, der Buchhalter fluchte und weinte, der Bibliothekar holte mit der Brechstange aus, und Dietrich, welcher am meisten begeistert war, wollte sich mit dem Beile über den Lieutenant hermachen. Dieser, ebenfalls ein junger, hitziger Mann, nahm es von der ernsthaften Seite und fand seine Ehre verletzt, und so war das Ende der Scene, daß Jene unter Geschrei und Lärmen, Drohungen und Freiheits-Declamationen nach der Hauptwache abgeführt wurden. So endigte das Fest, und Eduard, der allein im Saal zurückgeblieben war, ging völlig verstimmt auf und nieder und betrachtete die Verwüstung, welche seine begeisterten Freunde angerichtet hatten. Unter dem umgeworfenen Tische lagen zertrümmerte Flaschen, Gläser, Teller und Schüsseln, nebst Allem, was von den Leckerbissen übrig geblieben war; der kostbarste Wein floß über den Boden; die Leuchter waren zerschlagen; von denen, welche stehen geblieben waren, waren alle Lichter, bis auf eine Wachskerze, niedergebrannt und ausgelöscht. Er nahm das Licht und betrachtete die Wand, von der die Tapete abgerissen und einige starke Bretter herausgebrochen waren; ein Balken stand davor, der den Zutritt in die Nische hemmte. Ein sonderbares Gelüst befiel den Jüngling, noch in der Nacht das angefangene Werk seiner wilden

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/121>, abgerufen am 18.05.2024.