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Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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einem Seitenzimmer in verstörter Eile und bemerkte anfangs seinen Befreundeten nicht. Wie kommen Sie hieher? fragte Eduard hastig. Kennen Sie den Prinzen? -- Ja, -- nein, -- stotterte Dietrich, -- es ist eine sonderbare Sache, die wohl, -- ich will es Ihnen erzählen, aber freilich wird hier keine Zeit dazu sein.

Dies war in der That der Fall, denn eine geschmückte, in Juwelen prangende Dame schritt mit vornehmem Anstande herein und vertrieb den jungen Maler, der sich mit ungeschickten Verbeugungen entfernte. Eduard stand still, als die glänzende Erscheinung ihm näher kam; er wollte sich verneigen, aber sein Erstaunen lähmte seine Bewegung, als er in ihr jene Schöne plötzlich erkannte, die zum Nachtheil seines Rufes so lange in seinem Hause gewohnt und mehr als alle seine Verirrungen sein Vermögen verringert hatte. Wie! rief er aus, -- du selbst -- Sie, hier in diesen Zimmern?

Und warum nicht? sagte sie lachend. Es wohnt sich gut hier. Du merkst doch wohl, mein Freund, daß ich, wie einst deine Freundin, so jetzt die Freundin des Fürsten bin, und wenn du Etwas bei ihm suchst, so kann ich dir Ungetreuem vielleicht beförderlich sein, denn er hat mehr Gemüth, als du, und auf seine fortdauernde Gunst kann ich sicherer zählen, als es mir mit deinem Flattersinn gelingen wollte.

Eduard mochte die freundliche Schöne in dieser Stunde nicht daran erinnern, daß sie sich zuerst von

einem Seitenzimmer in verstörter Eile und bemerkte anfangs seinen Befreundeten nicht. Wie kommen Sie hieher? fragte Eduard hastig. Kennen Sie den Prinzen? — Ja, — nein, — stotterte Dietrich, — es ist eine sonderbare Sache, die wohl, — ich will es Ihnen erzählen, aber freilich wird hier keine Zeit dazu sein.

Dies war in der That der Fall, denn eine geschmückte, in Juwelen prangende Dame schritt mit vornehmem Anstande herein und vertrieb den jungen Maler, der sich mit ungeschickten Verbeugungen entfernte. Eduard stand still, als die glänzende Erscheinung ihm näher kam; er wollte sich verneigen, aber sein Erstaunen lähmte seine Bewegung, als er in ihr jene Schöne plötzlich erkannte, die zum Nachtheil seines Rufes so lange in seinem Hause gewohnt und mehr als alle seine Verirrungen sein Vermögen verringert hatte. Wie! rief er aus, — du selbst — Sie, hier in diesen Zimmern?

Und warum nicht? sagte sie lachend. Es wohnt sich gut hier. Du merkst doch wohl, mein Freund, daß ich, wie einst deine Freundin, so jetzt die Freundin des Fürsten bin, und wenn du Etwas bei ihm suchst, so kann ich dir Ungetreuem vielleicht beförderlich sein, denn er hat mehr Gemüth, als du, und auf seine fortdauernde Gunst kann ich sicherer zählen, als es mir mit deinem Flattersinn gelingen wollte.

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[0084] einem Seitenzimmer in verstörter Eile und bemerkte anfangs seinen Befreundeten nicht. Wie kommen Sie hieher? fragte Eduard hastig. Kennen Sie den Prinzen? — Ja, — nein, — stotterte Dietrich, — es ist eine sonderbare Sache, die wohl, — ich will es Ihnen erzählen, aber freilich wird hier keine Zeit dazu sein. Dies war in der That der Fall, denn eine geschmückte, in Juwelen prangende Dame schritt mit vornehmem Anstande herein und vertrieb den jungen Maler, der sich mit ungeschickten Verbeugungen entfernte. Eduard stand still, als die glänzende Erscheinung ihm näher kam; er wollte sich verneigen, aber sein Erstaunen lähmte seine Bewegung, als er in ihr jene Schöne plötzlich erkannte, die zum Nachtheil seines Rufes so lange in seinem Hause gewohnt und mehr als alle seine Verirrungen sein Vermögen verringert hatte. Wie! rief er aus, — du selbst — Sie, hier in diesen Zimmern? Und warum nicht? sagte sie lachend. Es wohnt sich gut hier. Du merkst doch wohl, mein Freund, daß ich, wie einst deine Freundin, so jetzt die Freundin des Fürsten bin, und wenn du Etwas bei ihm suchst, so kann ich dir Ungetreuem vielleicht beförderlich sein, denn er hat mehr Gemüth, als du, und auf seine fortdauernde Gunst kann ich sicherer zählen, als es mir mit deinem Flattersinn gelingen wollte. Eduard mochte die freundliche Schöne in dieser Stunde nicht daran erinnern, daß sie sich zuerst von

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/84>, abgerufen am 26.05.2024.