im Begriffe, an meinem eignen Werthe zu ver- zweifeln, aber ich rettete noch die Verehrung der Menschheit und die Achtung meiner selbst. --
Was mir itzt noch mehr als meine Krank- heit unangenehm wird, ist, daß ich in einen weitläuftigen Prozeß mit dem Lord Burton gerathen werde. Du weißt, daß einer meiner Vorfahren die Güter von einem Ahnen Bur- ton's kaufte, er zweifelt itzt, daß die Summen ausgezahlt und die Kontrakte vollzogen sind, so wie sie damahls geschlossen wurden; der Prozeß ist schon eingeleitet und er wird mir vielleicht viele Sorge, wenigstens viele Mühe machen. Ich habe schon Advokaten angenommen, welche be- haupten, kein vernünftiger Mensch könne an der Rechtmäßigkeit meiner Sache zweifeln; ich bin itzt noch unbekümmert darüber, denn es wird Burton unmöglich fallen, seine Ansprüche zu beweisen. Es thut mir aber weh, mich auch noch itzt von ihm verfolgt zu sehn, da er einst, in den glücklichsten Tagen meiner Jugend, mein Freund war; es ist eine traurige Erinnerung, wenn ich mit meinem Gedächtnisse jene Zeiten zurückrufe, und sie mit den gegenwärtigen ver- gleiche. Die Aussicht Deiner künftigen, gewiß
H 2
im Begriffe, an meinem eignen Werthe zu ver- zweifeln, aber ich rettete noch die Verehrung der Menſchheit und die Achtung meiner ſelbſt. —
Was mir itzt noch mehr als meine Krank- heit unangenehm wird, iſt, daß ich in einen weitlaͤuftigen Prozeß mit dem Lord Burton gerathen werde. Du weißt, daß einer meiner Vorfahren die Guͤter von einem Ahnen Bur- ton’s kaufte, er zweifelt itzt, daß die Summen ausgezahlt und die Kontrakte vollzogen ſind, ſo wie ſie damahls geſchloſſen wurden; der Prozeß iſt ſchon eingeleitet und er wird mir vielleicht viele Sorge, wenigſtens viele Muͤhe machen. Ich habe ſchon Advokaten angenommen, welche be- haupten, kein vernuͤnftiger Menſch koͤnne an der Rechtmaͤßigkeit meiner Sache zweifeln; ich bin itzt noch unbekuͤmmert daruͤber, denn es wird Burton unmoͤglich fallen, ſeine Anſpruͤche zu beweiſen. Es thut mir aber weh, mich auch noch itzt von ihm verfolgt zu ſehn, da er einſt, in den gluͤcklichſten Tagen meiner Jugend, mein Freund war; es iſt eine traurige Erinnerung, wenn ich mit meinem Gedaͤchtniſſe jene Zeiten zuruͤckrufe, und ſie mit den gegenwaͤrtigen ver- gleiche. Die Ausſicht Deiner kuͤnftigen, gewiß
H 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0123"n="115[113]"/>
im Begriffe, an meinem eignen Werthe zu ver-<lb/>
zweifeln, aber ich rettete noch die Verehrung<lb/>
der Menſchheit und die Achtung meiner ſelbſt. —</p><lb/><p>Was mir itzt noch mehr als meine Krank-<lb/>
heit unangenehm wird, iſt, daß ich in einen<lb/>
weitlaͤuftigen Prozeß mit dem Lord <hirendition="#g">Burton</hi><lb/>
gerathen werde. Du weißt, daß einer meiner<lb/>
Vorfahren die Guͤter von einem Ahnen Bur-<lb/>
ton’s kaufte, er zweifelt itzt, daß die Summen<lb/>
ausgezahlt und die Kontrakte vollzogen ſind, ſo<lb/>
wie ſie damahls geſchloſſen wurden; der Prozeß<lb/>
iſt ſchon eingeleitet und er wird mir vielleicht<lb/>
viele Sorge, wenigſtens viele Muͤhe machen. Ich<lb/>
habe ſchon Advokaten angenommen, welche be-<lb/>
haupten, kein vernuͤnftiger Menſch koͤnne an<lb/>
der Rechtmaͤßigkeit meiner Sache zweifeln; ich<lb/>
bin itzt noch unbekuͤmmert daruͤber, denn es<lb/>
wird Burton unmoͤglich fallen, ſeine Anſpruͤche<lb/>
zu beweiſen. Es thut mir aber weh, mich auch<lb/>
noch itzt von ihm verfolgt zu ſehn, da er einſt,<lb/>
in den gluͤcklichſten Tagen meiner Jugend, mein<lb/>
Freund war; es iſt eine traurige Erinnerung,<lb/>
wenn ich mit meinem Gedaͤchtniſſe jene Zeiten<lb/>
zuruͤckrufe, und ſie mit den gegenwaͤrtigen ver-<lb/>
gleiche. Die Ausſicht Deiner kuͤnftigen, gewiß<lb/><fwplace="bottom"type="sig">H 2</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[115[113]/0123]
im Begriffe, an meinem eignen Werthe zu ver-
zweifeln, aber ich rettete noch die Verehrung
der Menſchheit und die Achtung meiner ſelbſt. —
Was mir itzt noch mehr als meine Krank-
heit unangenehm wird, iſt, daß ich in einen
weitlaͤuftigen Prozeß mit dem Lord Burton
gerathen werde. Du weißt, daß einer meiner
Vorfahren die Guͤter von einem Ahnen Bur-
ton’s kaufte, er zweifelt itzt, daß die Summen
ausgezahlt und die Kontrakte vollzogen ſind, ſo
wie ſie damahls geſchloſſen wurden; der Prozeß
iſt ſchon eingeleitet und er wird mir vielleicht
viele Sorge, wenigſtens viele Muͤhe machen. Ich
habe ſchon Advokaten angenommen, welche be-
haupten, kein vernuͤnftiger Menſch koͤnne an
der Rechtmaͤßigkeit meiner Sache zweifeln; ich
bin itzt noch unbekuͤmmert daruͤber, denn es
wird Burton unmoͤglich fallen, ſeine Anſpruͤche
zu beweiſen. Es thut mir aber weh, mich auch
noch itzt von ihm verfolgt zu ſehn, da er einſt,
in den gluͤcklichſten Tagen meiner Jugend, mein
Freund war; es iſt eine traurige Erinnerung,
wenn ich mit meinem Gedaͤchtniſſe jene Zeiten
zuruͤckrufe, und ſie mit den gegenwaͤrtigen ver-
gleiche. Die Ausſicht Deiner kuͤnftigen, gewiß
H 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 115[113]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/123>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.