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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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im Begriffe, an meinem eignen Werthe zu ver-
zweifeln, aber ich rettete noch die Verehrung
der Menschheit und die Achtung meiner selbst. --

Was mir itzt noch mehr als meine Krank-
heit unangenehm wird, ist, daß ich in einen
weitläuftigen Prozeß mit dem Lord Burton
gerathen werde. Du weißt, daß einer meiner
Vorfahren die Güter von einem Ahnen Bur-
ton's kaufte, er zweifelt itzt, daß die Summen
ausgezahlt und die Kontrakte vollzogen sind, so
wie sie damahls geschlossen wurden; der Prozeß
ist schon eingeleitet und er wird mir vielleicht
viele Sorge, wenigstens viele Mühe machen. Ich
habe schon Advokaten angenommen, welche be-
haupten, kein vernünftiger Mensch könne an
der Rechtmäßigkeit meiner Sache zweifeln; ich
bin itzt noch unbekümmert darüber, denn es
wird Burton unmöglich fallen, seine Ansprüche
zu beweisen. Es thut mir aber weh, mich auch
noch itzt von ihm verfolgt zu sehn, da er einst,
in den glücklichsten Tagen meiner Jugend, mein
Freund war; es ist eine traurige Erinnerung,
wenn ich mit meinem Gedächtnisse jene Zeiten
zurückrufe, und sie mit den gegenwärtigen ver-
gleiche. Die Aussicht Deiner künftigen, gewiß

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im Begriffe, an meinem eignen Werthe zu ver-
zweifeln, aber ich rettete noch die Verehrung
der Menſchheit und die Achtung meiner ſelbſt. —

Was mir itzt noch mehr als meine Krank-
heit unangenehm wird, iſt, daß ich in einen
weitlaͤuftigen Prozeß mit dem Lord Burton
gerathen werde. Du weißt, daß einer meiner
Vorfahren die Guͤter von einem Ahnen Bur-
ton’s kaufte, er zweifelt itzt, daß die Summen
ausgezahlt und die Kontrakte vollzogen ſind, ſo
wie ſie damahls geſchloſſen wurden; der Prozeß
iſt ſchon eingeleitet und er wird mir vielleicht
viele Sorge, wenigſtens viele Muͤhe machen. Ich
habe ſchon Advokaten angenommen, welche be-
haupten, kein vernuͤnftiger Menſch koͤnne an
der Rechtmaͤßigkeit meiner Sache zweifeln; ich
bin itzt noch unbekuͤmmert daruͤber, denn es
wird Burton unmoͤglich fallen, ſeine Anſpruͤche
zu beweiſen. Es thut mir aber weh, mich auch
noch itzt von ihm verfolgt zu ſehn, da er einſt,
in den gluͤcklichſten Tagen meiner Jugend, mein
Freund war; es iſt eine traurige Erinnerung,
wenn ich mit meinem Gedaͤchtniſſe jene Zeiten
zuruͤckrufe, und ſie mit den gegenwaͤrtigen ver-
gleiche. Die Ausſicht Deiner kuͤnftigen, gewiß

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[115[113]/0123] im Begriffe, an meinem eignen Werthe zu ver- zweifeln, aber ich rettete noch die Verehrung der Menſchheit und die Achtung meiner ſelbſt. — Was mir itzt noch mehr als meine Krank- heit unangenehm wird, iſt, daß ich in einen weitlaͤuftigen Prozeß mit dem Lord Burton gerathen werde. Du weißt, daß einer meiner Vorfahren die Guͤter von einem Ahnen Bur- ton’s kaufte, er zweifelt itzt, daß die Summen ausgezahlt und die Kontrakte vollzogen ſind, ſo wie ſie damahls geſchloſſen wurden; der Prozeß iſt ſchon eingeleitet und er wird mir vielleicht viele Sorge, wenigſtens viele Muͤhe machen. Ich habe ſchon Advokaten angenommen, welche be- haupten, kein vernuͤnftiger Menſch koͤnne an der Rechtmaͤßigkeit meiner Sache zweifeln; ich bin itzt noch unbekuͤmmert daruͤber, denn es wird Burton unmoͤglich fallen, ſeine Anſpruͤche zu beweiſen. Es thut mir aber weh, mich auch noch itzt von ihm verfolgt zu ſehn, da er einſt, in den gluͤcklichſten Tagen meiner Jugend, mein Freund war; es iſt eine traurige Erinnerung, wenn ich mit meinem Gedaͤchtniſſe jene Zeiten zuruͤckrufe, und ſie mit den gegenwaͤrtigen ver- gleiche. Die Ausſicht Deiner kuͤnftigen, gewiß H 2

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 115[113]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/123>, abgerufen am 21.11.2024.