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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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15.
Die Comtesse Blainville an Rosa.


Da Sie mich itzt nur so selten besuchen, so
seh' ich mich genöthigt, mich schriftlich mit Ih-
nen zu unterhalten, so ungern ich es auch thue,
denn ganz Ihrem Umgange zu entsagen, wäre
eine zu harte Buße für mich.

Seit Ihrem neulichen Besuche haben sich ei-
nige nicht unwichtige Vorfälle ereignet. Der
Graf wird immer freundlicher und höflicher, er
ist schon zehnmal im Begriffe gewesen, mir durch
Umwege einen Heirathsvorschlag zu thun, aber
immer ist ihm noch sein böser Genius wieder
in den Zügel gefallen. Solche Leute werden
sehr langweilig, wenn sie nachher in einer Art
von Verlegenheit einen andern Weg einlenken;
sie sind gestolpert und haben im Schrecke die
Steigbügel verlohren.

Doch Sie kennen ja den Grafen, daß er sich
piquirt, gerade dann am geistreichsten zu seyn,
wenn er die Gegenwart des Geistes am meisten
vermißt. Ein Hinkender wird aber erst am mei-

15.
Die Comteſſe Blainville an Roſa.


Da Sie mich itzt nur ſo ſelten beſuchen, ſo
ſeh’ ich mich genoͤthigt, mich ſchriftlich mit Ih-
nen zu unterhalten, ſo ungern ich es auch thue,
denn ganz Ihrem Umgange zu entſagen, waͤre
eine zu harte Buße fuͤr mich.

Seit Ihrem neulichen Beſuche haben ſich ei-
nige nicht unwichtige Vorfaͤlle ereignet. Der
Graf wird immer freundlicher und hoͤflicher, er
iſt ſchon zehnmal im Begriffe geweſen, mir durch
Umwege einen Heirathsvorſchlag zu thun, aber
immer iſt ihm noch ſein boͤſer Genius wieder
in den Zuͤgel gefallen. Solche Leute werden
ſehr langweilig, wenn ſie nachher in einer Art
von Verlegenheit einen andern Weg einlenken;
ſie ſind geſtolpert und haben im Schrecke die
Steigbuͤgel verlohren.

Doch Sie kennen ja den Grafen, daß er ſich
piquirt, gerade dann am geiſtreichſten zu ſeyn,
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[139[137]/0147] 15. Die Comteſſe Blainville an Roſa. Paris. Da Sie mich itzt nur ſo ſelten beſuchen, ſo ſeh’ ich mich genoͤthigt, mich ſchriftlich mit Ih- nen zu unterhalten, ſo ungern ich es auch thue, denn ganz Ihrem Umgange zu entſagen, waͤre eine zu harte Buße fuͤr mich. Seit Ihrem neulichen Beſuche haben ſich ei- nige nicht unwichtige Vorfaͤlle ereignet. Der Graf wird immer freundlicher und hoͤflicher, er iſt ſchon zehnmal im Begriffe geweſen, mir durch Umwege einen Heirathsvorſchlag zu thun, aber immer iſt ihm noch ſein boͤſer Genius wieder in den Zuͤgel gefallen. Solche Leute werden ſehr langweilig, wenn ſie nachher in einer Art von Verlegenheit einen andern Weg einlenken; ſie ſind geſtolpert und haben im Schrecke die Steigbuͤgel verlohren. Doch Sie kennen ja den Grafen, daß er ſich piquirt, gerade dann am geiſtreichſten zu ſeyn, wenn er die Gegenwart des Geiſtes am meiſten vermißt. Ein Hinkender wird aber erſt am mei-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 139[137]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/147>, abgerufen am 24.11.2024.