fen, denn du bist wie dazu geboren, aus Deinem ganzen Leben einen Scherz zu machen und in der Laune, wie in Deinem Elemente zu leben. Ich habe noch bei Niemand diese glückliche Mischung des Temperaments gefunden, die ihn mit vollen Seegeln über die tanzenden Wellen hinführt, indeß ihm die zeitlichen Sorgen schwer, unbeholfen und mit zerrissenem Thauwerk nach- rudern, ohne ihn jemals einzuholen. -- Ich schreibe Dir diesen Brief als eine Bittschrift, oder als eine Kriegserklärung, antworte mir freundschaftlich oder ergrimmt, -- nur schreib! -- Sei traurig, wehmüthig, großherzig, kriege- risch, lustig, ernsthaft; lobe, tadle, verachte, schimpfe mich, -- nur schreib!
Nach dieser pathetischen Anrufung bleibt mir nun nichts weiter übrig, als meinen eigentlichen Brief anzufangen, der Dir also vor's Erste sagen mag, daß ich hier in dem angenehmen Bonstreet noch gesund und wohl bin, daß ich an Dich denke, daß ich Dich zu sehn wünsche, daß Lon- don nicht Bonstreet und Bonstreet nicht London ist, und daß, wenn ich diesen Brief in dieser Manier zu schreiben fortfahre, Du ihn schwer- lich zu Ende lesen wirst.
fen, denn du biſt wie dazu geboren, aus Deinem ganzen Leben einen Scherz zu machen und in der Laune, wie in Deinem Elemente zu leben. Ich habe noch bei Niemand dieſe gluͤckliche Miſchung des Temperaments gefunden, die ihn mit vollen Seegeln uͤber die tanzenden Wellen hinfuͤhrt, indeß ihm die zeitlichen Sorgen ſchwer, unbeholfen und mit zerriſſenem Thauwerk nach- rudern, ohne ihn jemals einzuholen. — Ich ſchreibe Dir dieſen Brief als eine Bittſchrift, oder als eine Kriegserklaͤrung, antworte mir freundſchaftlich oder ergrimmt, — nur ſchreib! — Sei traurig, wehmuͤthig, großherzig, kriege- riſch, luſtig, ernſthaft; lobe, tadle, verachte, ſchimpfe mich, — nur ſchreib!
Nach dieſer pathetiſchen Anrufung bleibt mir nun nichts weiter uͤbrig, als meinen eigentlichen Brief anzufangen, der Dir alſo vor’s Erſte ſagen mag, daß ich hier in dem angenehmen Bonſtreet noch geſund und wohl bin, daß ich an Dich denke, daß ich Dich zu ſehn wuͤnſche, daß Lon- don nicht Bonſtreet und Bonſtreet nicht London iſt, und daß, wenn ich dieſen Brief in dieſer Manier zu ſchreiben fortfahre, Du ihn ſchwer- lich zu Ende leſen wirſt.
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fen, denn du biſt wie dazu geboren, aus Deinem
ganzen Leben einen Scherz zu machen und in
der Laune, wie in Deinem Elemente zu leben.
Ich habe noch bei Niemand dieſe gluͤckliche
Miſchung des Temperaments gefunden, die ihn
mit vollen Seegeln uͤber die tanzenden Wellen
hinfuͤhrt, indeß ihm die zeitlichen Sorgen ſchwer,
unbeholfen und mit zerriſſenem Thauwerk nach-
rudern, ohne ihn jemals einzuholen. — Ich
ſchreibe Dir dieſen Brief als eine Bittſchrift,
oder als eine Kriegserklaͤrung, antworte mir
freundſchaftlich oder ergrimmt, — nur ſchreib!
— Sei traurig, wehmuͤthig, großherzig, kriege-
riſch, luſtig, ernſthaft; lobe, tadle, verachte,
ſchimpfe mich, — nur ſchreib!
Nach dieſer pathetiſchen Anrufung bleibt mir
nun nichts weiter uͤbrig, als meinen eigentlichen
Brief anzufangen, der Dir alſo vor’s Erſte ſagen
mag, daß ich hier in dem angenehmen Bonſtreet
noch geſund und wohl bin, daß ich an Dich
denke, daß ich Dich zu ſehn wuͤnſche, daß Lon-
don nicht Bonſtreet und Bonſtreet nicht London
iſt, und daß, wenn ich dieſen Brief in dieſer
Manier zu ſchreiben fortfahre, Du ihn ſchwer-
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/16>, abgerufen am 21.11.2024.
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