Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.zu erzählen, wo meine Standhaftigkeit auf eine Mein Vater wohnte in Yorkshire; sein zu erzaͤhlen, wo meine Standhaftigkeit auf eine Mein Vater wohnte in Yorkſhire; ſein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0254" n="246[244]"/> zu erzaͤhlen, wo meine Standhaftigkeit auf eine<lb/> harte Probe geſetzt ward und wo ich Mißtrauen<lb/> und Menſchenkenntniß zu einem ziemlich hohen<lb/> Preiſe einkaufen mußte.</p><lb/> <p>Mein Vater wohnte in <hi rendition="#g">Yorkſhire</hi>; ſein<lb/> Landgut lag in der Naͤhe von <hi rendition="#g">Bonſtreet</hi>. Ich<lb/> war ſein einziger Sohn, nachdem ihm zwei<lb/> Toͤchter und ein Knabe geſtorben waren und er<lb/> erzog mich daher mit der zaͤrtlichſten Sorgfalt;<lb/> er verſaͤumte nichts in der Ausbildung meiner<lb/> Faͤhigkeiten und ſuchte mir ſchon fruͤh ein zar-<lb/> tes und bleibendes Gefuͤhl fuͤr alles Edle und<lb/> Schoͤne einzupflanzen. Da er aber einen uͤber-<lb/> triebenen Hang fuͤr die laͤndliche Einſamkeit<lb/> hatte, ſo waren wir beide ſelten in Geſellſchaft<lb/> andrer Menſchen; Bonſtreet ward von uns noch<lb/> am haͤufigſten beſucht. So wuchs ich gleichſam<lb/> in ſeinen Armen auf und lernte nur aus eini-<lb/> gen <choice><sic>meiuer</sic><corr>meiner</corr></choice> Lieblingsſchriftſteller die Welt und<lb/> die Menſchen kennen, ich war mehr in der kind-<lb/> lichen, unbefangenen Zeit Homers zu Hauſe, als<lb/> in der gegenwaͤrtigen; alle Menſchen maaß ich<lb/> nach meinen eigenen Empfindungen, alles was<lb/> auſſer mir lag, war mir ein unbekanntes Land.<lb/> Auf dieſe Art war es aͤuſſerſt natuͤrlich, daß<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [246[244]/0254]
zu erzaͤhlen, wo meine Standhaftigkeit auf eine
harte Probe geſetzt ward und wo ich Mißtrauen
und Menſchenkenntniß zu einem ziemlich hohen
Preiſe einkaufen mußte.
Mein Vater wohnte in Yorkſhire; ſein
Landgut lag in der Naͤhe von Bonſtreet. Ich
war ſein einziger Sohn, nachdem ihm zwei
Toͤchter und ein Knabe geſtorben waren und er
erzog mich daher mit der zaͤrtlichſten Sorgfalt;
er verſaͤumte nichts in der Ausbildung meiner
Faͤhigkeiten und ſuchte mir ſchon fruͤh ein zar-
tes und bleibendes Gefuͤhl fuͤr alles Edle und
Schoͤne einzupflanzen. Da er aber einen uͤber-
triebenen Hang fuͤr die laͤndliche Einſamkeit
hatte, ſo waren wir beide ſelten in Geſellſchaft
andrer Menſchen; Bonſtreet ward von uns noch
am haͤufigſten beſucht. So wuchs ich gleichſam
in ſeinen Armen auf und lernte nur aus eini-
gen meiner Lieblingsſchriftſteller die Welt und
die Menſchen kennen, ich war mehr in der kind-
lichen, unbefangenen Zeit Homers zu Hauſe, als
in der gegenwaͤrtigen; alle Menſchen maaß ich
nach meinen eigenen Empfindungen, alles was
auſſer mir lag, war mir ein unbekanntes Land.
Auf dieſe Art war es aͤuſſerſt natuͤrlich, daß
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