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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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da so etwas von ein Paar Jahren, die die Reise
kosten würde; (das Geld abgerechnet) -- Ja,
wollt' ich nur sagen, wenn ich nun so wieder
käme und hätte die ganze Welt gesehn, -- was
hälf' es mir, wenn ich meinen Bruder Tom nicht
mehr sehen könnte? -- Mir war schon immer,
als säh' ich ein schwarzes Kreuz auf einem grünen
Hügelchen da in der Ecke des Kirchhofs stehn,
wo der große Nußbaum gewachsen ist, -- und
Deinen Nahmen Thomas, mit großen Buchsta-
ben darauf, so recht als mir zur Kränkung; o
lieber Bruder, ich würde lieber wünschen mit
Dir hinterm Ofen gesessen zu haben, um uns
vom Schottischen Kriege zu erzählen. -- Da-
rum besuche mich, ich hätte gestern fast geweint,
und das schickt sich doch nicht, Thomas, für so
einen alten Mann. Nicht wahr, darinn giebst
Du mir Recht?

Vom Gelde sprich nicht wieder. Du bist ja
mein Bruder, wir sind ja alte Männer; könnt'
ich Dir mit aller meiner Armseeligkeit noch Le-
ben ankaufen, frage nicht, ob ich's thäte. --
Komm nach Bonstreet, oder laß Dich herfahren,
denn Deine Füße sind in dem Alter nicht mehr
zum Gehn gebohren. -- Das Geld ist Dein, Du

da ſo etwas von ein Paar Jahren, die die Reiſe
koſten wuͤrde; (das Geld abgerechnet) — Ja,
wollt’ ich nur ſagen, wenn ich nun ſo wieder
kaͤme und haͤtte die ganze Welt geſehn, — was
haͤlf’ es mir, wenn ich meinen Bruder Tom nicht
mehr ſehen koͤnnte? — Mir war ſchon immer,
als ſaͤh’ ich ein ſchwarzes Kreuz auf einem gruͤnen
Huͤgelchen da in der Ecke des Kirchhofs ſtehn,
wo der große Nußbaum gewachſen iſt, — und
Deinen Nahmen Thomas, mit großen Buchſta-
ben darauf, ſo recht als mir zur Kraͤnkung; o
lieber Bruder, ich wuͤrde lieber wuͤnſchen mit
Dir hinterm Ofen geſeſſen zu haben, um uns
vom Schottiſchen Kriege zu erzaͤhlen. — Da-
rum beſuche mich, ich haͤtte geſtern faſt geweint,
und das ſchickt ſich doch nicht, Thomas, fuͤr ſo
einen alten Mann. Nicht wahr, darinn giebſt
Du mir Recht?

Vom Gelde ſprich nicht wieder. Du biſt ja
mein Bruder, wir ſind ja alte Maͤnner; koͤnnt’
ich Dir mit aller meiner Armſeeligkeit noch Le-
ben ankaufen, frage nicht, ob ich’s thaͤte. —
Komm nach Bonſtreet, oder laß Dich herfahren,
denn Deine Fuͤße ſind in dem Alter nicht mehr
zum Gehn gebohren. — Das Geld iſt Dein, Du

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[30[28]/0038] da ſo etwas von ein Paar Jahren, die die Reiſe koſten wuͤrde; (das Geld abgerechnet) — Ja, wollt’ ich nur ſagen, wenn ich nun ſo wieder kaͤme und haͤtte die ganze Welt geſehn, — was haͤlf’ es mir, wenn ich meinen Bruder Tom nicht mehr ſehen koͤnnte? — Mir war ſchon immer, als ſaͤh’ ich ein ſchwarzes Kreuz auf einem gruͤnen Huͤgelchen da in der Ecke des Kirchhofs ſtehn, wo der große Nußbaum gewachſen iſt, — und Deinen Nahmen Thomas, mit großen Buchſta- ben darauf, ſo recht als mir zur Kraͤnkung; o lieber Bruder, ich wuͤrde lieber wuͤnſchen mit Dir hinterm Ofen geſeſſen zu haben, um uns vom Schottiſchen Kriege zu erzaͤhlen. — Da- rum beſuche mich, ich haͤtte geſtern faſt geweint, und das ſchickt ſich doch nicht, Thomas, fuͤr ſo einen alten Mann. Nicht wahr, darinn giebſt Du mir Recht? Vom Gelde ſprich nicht wieder. Du biſt ja mein Bruder, wir ſind ja alte Maͤnner; koͤnnt’ ich Dir mit aller meiner Armſeeligkeit noch Le- ben ankaufen, frage nicht, ob ich’s thaͤte. — Komm nach Bonſtreet, oder laß Dich herfahren, denn Deine Fuͤße ſind in dem Alter nicht mehr zum Gehn gebohren. — Das Geld iſt Dein, Du

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 30[28]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/38>, abgerufen am 21.11.2024.