wenn wir bloß das Flüstern unsers eignen Gei- stes vernommen hatten.
Er verzeihe mir die kleine Bitterkeit, die zuweilen und itzt eben in mir aufsteigt, aber ich muß oft von seiner Kälte leiden. Er ist älter als ich, er kann oft betrogen seyn, die schön- sten Gefühle sind vielleicht an ihm meineidig ge- worden, er hat vielleicht mit Mühe alles aus seinem Busen vertilgt, was ehemals so schön und herrlich blühte; -- aber er wird nie ver- langen, daß ich seinen Erfahrungen ungeprüft glaube, oder wenn ich sie bestätigt finde, daß ich darum ein Hartherziger werde und den Glauben an jeden harmonischen Klang verliehre, weil alle Tangenten die ich anschlage auf zer- sprungene Saiten treffen, -- nein, er soll in mir einen Sohn erziehen, der einst die Schuld bezahlt, die er mir zum Erbtheile läßt, -- es thut mir weh, denn er ist mein Vater -- aber glaube mir, William, ich werde manchen Ar- men zu trösten und mancher Waise zu erstatten haben.
Zu Dir und zu Niemand anders darf ich also sprechen. -- Wie beneid' ich Dich Glücklichen! Du wirst neue Gegenden und neue Menschen
wenn wir bloß das Fluͤſtern unſers eignen Gei- ſtes vernommen hatten.
Er verzeihe mir die kleine Bitterkeit, die zuweilen und itzt eben in mir aufſteigt, aber ich muß oft von ſeiner Kaͤlte leiden. Er iſt aͤlter als ich, er kann oft betrogen ſeyn, die ſchoͤn- ſten Gefuͤhle ſind vielleicht an ihm meineidig ge- worden, er hat vielleicht mit Muͤhe alles aus ſeinem Buſen vertilgt, was ehemals ſo ſchoͤn und herrlich bluͤhte; — aber er wird nie ver- langen, daß ich ſeinen Erfahrungen ungepruͤft glaube, oder wenn ich ſie beſtaͤtigt finde, daß ich darum ein Hartherziger werde und den Glauben an jeden harmoniſchen Klang verliehre, weil alle Tangenten die ich anſchlage auf zer- ſprungene Saiten treffen, — nein, er ſoll in mir einen Sohn erziehen, der einſt die Schuld bezahlt, die er mir zum Erbtheile laͤßt, — es thut mir weh, denn er iſt mein Vater — aber glaube mir, William, ich werde manchen Ar- men zu troͤſten und mancher Waiſe zu erſtatten haben.
Zu Dir und zu Niemand anders darf ich alſo ſprechen. — Wie beneid’ ich Dich Gluͤcklichen! Du wirſt neue Gegenden und neue Menſchen
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[41[39]/0049]
wenn wir bloß das Fluͤſtern unſers eignen Gei-
ſtes vernommen hatten.
Er verzeihe mir die kleine Bitterkeit, die
zuweilen und itzt eben in mir aufſteigt, aber ich
muß oft von ſeiner Kaͤlte leiden. Er iſt aͤlter
als ich, er kann oft betrogen ſeyn, die ſchoͤn-
ſten Gefuͤhle ſind vielleicht an ihm meineidig ge-
worden, er hat vielleicht mit Muͤhe alles aus
ſeinem Buſen vertilgt, was ehemals ſo ſchoͤn
und herrlich bluͤhte; — aber er wird nie ver-
langen, daß ich ſeinen Erfahrungen ungepruͤft
glaube, oder wenn ich ſie beſtaͤtigt finde, daß
ich darum ein Hartherziger werde und den
Glauben an jeden harmoniſchen Klang verliehre,
weil alle Tangenten die ich anſchlage auf zer-
ſprungene Saiten treffen, — nein, er ſoll in
mir einen Sohn erziehen, der einſt die Schuld
bezahlt, die er mir zum Erbtheile laͤßt, — es
thut mir weh, denn er iſt mein Vater — aber
glaube mir, William, ich werde manchen Ar-
men zu troͤſten und mancher Waiſe zu erſtatten
haben.
Zu Dir und zu Niemand anders darf ich alſo
ſprechen. — Wie beneid’ ich Dich Gluͤcklichen!
Du wirſt neue Gegenden und neue Menſchen
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 41[39]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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