Ich bin auf dem Landhause meines Vaters, nahe bei London, ich sehe die Thürme der Stadt, die Amalie bewohnt, ich höre ihre Klocken aus der Ferne, -- o das Herz schlägt mir ängstlich und ungestüm daß ich sie so nahe bei mir weiß und sie noch nicht gesehen habe, -- ja, ich muß sie heut noch sehn.
Mein Vater war ungemein fröhlich, da er mich wieder sah, seine Freude hatte einen An- strich von Melancholie, die mich gerührt hat, er sah bleich und krank aus, er umarmte mich mit einer Herzlichkeit, in der ich ihn noch nie gesehn habe, er findet überhaupt sein Glück in dem meinigen und in der Zukunft die er mir ebnen will, er sprach so manches von Verbin- dungen, die er meinetwegen suchen würde, er schien mir ankündigen zu wollen, wie sehr er einst meine Verheirathung mit der Tochter der Lady B * * * wünschen würde, -- wer weiß, wie viel Unglück mir noch die trübe Zukunft auf-
10. William Lovell an Eduard Burton.
London.
Ich bin auf dem Landhauſe meines Vaters, nahe bei London, ich ſehe die Thuͤrme der Stadt, die Amalie bewohnt, ich hoͤre ihre Klocken aus der Ferne, — o das Herz ſchlaͤgt mir aͤngſtlich und ungeſtuͤm daß ich ſie ſo nahe bei mir weiß und ſie noch nicht geſehen habe, — ja, ich muß ſie heut noch ſehn.
Mein Vater war ungemein froͤhlich, da er mich wieder ſah, ſeine Freude hatte einen An- ſtrich von Melancholie, die mich geruͤhrt hat, er ſah bleich und krank aus, er umarmte mich mit einer Herzlichkeit, in der ich ihn noch nie geſehn habe, er findet uͤberhaupt ſein Gluͤck in dem meinigen und in der Zukunft die er mir ebnen will, er ſprach ſo manches von Verbin- dungen, die er meinetwegen ſuchen wuͤrde, er ſchien mir ankuͤndigen zu wollen, wie ſehr er einſt meine Verheirathung mit der Tochter der Lady B * * * wuͤnſchen wuͤrde, — wer weiß, wie viel Ungluͤck mir noch die truͤbe Zukunft auf-
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[52[50]/0060]
10.
William Lovell an Eduard Burton.
London.
Ich bin auf dem Landhauſe meines Vaters,
nahe bei London, ich ſehe die Thuͤrme der Stadt,
die Amalie bewohnt, ich hoͤre ihre Klocken aus
der Ferne, — o das Herz ſchlaͤgt mir aͤngſtlich und
ungeſtuͤm daß ich ſie ſo nahe bei mir weiß und
ſie noch nicht geſehen habe, — ja, ich muß ſie
heut noch ſehn.
Mein Vater war ungemein froͤhlich, da er
mich wieder ſah, ſeine Freude hatte einen An-
ſtrich von Melancholie, die mich geruͤhrt hat,
er ſah bleich und krank aus, er umarmte mich
mit einer Herzlichkeit, in der ich ihn noch nie
geſehn habe, er findet uͤberhaupt ſein Gluͤck in
dem meinigen und in der Zukunft die er mir
ebnen will, er ſprach ſo manches von Verbin-
dungen, die er meinetwegen ſuchen wuͤrde, er
ſchien mir ankuͤndigen zu wollen, wie ſehr er
einſt meine Verheirathung mit der Tochter der
Lady B * * * wuͤnſchen wuͤrde, — wer weiß, wie
viel Ungluͤck mir noch die truͤbe Zukunft auf-
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 52[50]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/60>, abgerufen am 22.11.2024.
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