denn alles, was uns und andern zur Last fällt, sollte man nie recht nahe auf sich zukommen lassen. Wir verderben uns durch kränkliche Ein- bildungen so oft unser Leben; ich habe es nur gar zu oft bemerkt, wie jene sogenannten fei- nern Empfindungen nur eine Art von Eigensinn sind, mit welchem man sich auf gewisse Ideen heftet, daß ich von je gewünscht habe, ich und alle meine Freunde möchten von dieser Krank- heit verschont bleiben.
Schelten Sie mich keine Vernunftschwätze- rinn, liebste Freundinn, ich sage nur, wie ich denke, und denke vielleicht nur so, weil ich die Erfahrungen nicht gemacht habe, mit denen Sie bekannt geworden sind: ich bin auch vielleicht weniger reizbar, ich habe vielleicht nie geliebt, -- kurz, ich kann am Ende nur meine bisher ge- sammelten Ideen vortragen, und das Lächerliche liegt blos darin, daß ein Frauenzimmer so ernst- haft und zusammenhängend schreiben will. Meine Amalie wird dieses Vorurtheil nicht haben, und Ihre herzlichste Freundinn daher billiger beur- theilen.
Aber wenn Sie nun einen schätzbaren und verständigen Mann durch Ihre Hand würklich
denn alles, was uns und andern zur Laſt faͤllt, ſollte man nie recht nahe auf ſich zukommen laſſen. Wir verderben uns durch kraͤnkliche Ein- bildungen ſo oft unſer Leben; ich habe es nur gar zu oft bemerkt, wie jene ſogenannten fei- nern Empfindungen nur eine Art von Eigenſinn ſind, mit welchem man ſich auf gewiſſe Ideen heftet, daß ich von je gewuͤnſcht habe, ich und alle meine Freunde moͤchten von dieſer Krank- heit verſchont bleiben.
Schelten Sie mich keine Vernunftſchwaͤtze- rinn, liebſte Freundinn, ich ſage nur, wie ich denke, und denke vielleicht nur ſo, weil ich die Erfahrungen nicht gemacht habe, mit denen Sie bekannt geworden ſind: ich bin auch vielleicht weniger reizbar, ich habe vielleicht nie geliebt, — kurz, ich kann am Ende nur meine bisher ge- ſammelten Ideen vortragen, und das Laͤcherliche liegt blos darin, daß ein Frauenzimmer ſo ernſt- haft und zuſammenhaͤngend ſchreiben will. Meine Amalie wird dieſes Vorurtheil nicht haben, und Ihre herzlichſte Freundinn daher billiger beur- theilen.
Aber wenn Sie nun einen ſchaͤtzbaren und verſtaͤndigen Mann durch Ihre Hand wuͤrklich
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denn alles, was uns und andern zur Laſt faͤllt,
ſollte man nie recht nahe auf ſich zukommen
laſſen. Wir verderben uns durch kraͤnkliche Ein-
bildungen ſo oft unſer Leben; ich habe es nur
gar zu oft bemerkt, wie jene ſogenannten fei-
nern Empfindungen nur eine Art von Eigenſinn
ſind, mit welchem man ſich auf gewiſſe Ideen
heftet, daß ich von je gewuͤnſcht habe, ich und
alle meine Freunde moͤchten von dieſer Krank-
heit verſchont bleiben.
Schelten Sie mich keine Vernunftſchwaͤtze-
rinn, liebſte Freundinn, ich ſage nur, wie ich
denke, und denke vielleicht nur ſo, weil ich die
Erfahrungen nicht gemacht habe, mit denen Sie
bekannt geworden ſind: ich bin auch vielleicht
weniger reizbar, ich habe vielleicht nie geliebt, —
kurz, ich kann am Ende nur meine bisher ge-
ſammelten Ideen vortragen, und das Laͤcherliche
liegt blos darin, daß ein Frauenzimmer ſo ernſt-
haft und zuſammenhaͤngend ſchreiben will. Meine
Amalie wird dieſes Vorurtheil nicht haben, und
Ihre herzlichſte Freundinn daher billiger beur-
theilen.
Aber wenn Sie nun einen ſchaͤtzbaren und
verſtaͤndigen Mann durch Ihre Hand wuͤrklich
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/116>, abgerufen am 24.11.2024.
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