ordentlich zutraulich und redselig. Sie hat eine bezaubernde lebhafte Laune, und hat mich, wenn ich nicht sehr irre, gern. Doch ich zweifle noch, denn in nichts in der Welt irrt man so leicht.
Wenn ich ein Mahler wäre, schickt' ich Ih- nen ihr Bild, und Sie sollten dann selbst ent- scheiden, ob ich wohl zu viel von ihr spreche. Wie versteinert betracht' ich oft die reizendste Form, die je aus den Händen der schaffenden Natur gieng, den sanften, zartgewölbten Bu- sen, der sich manchmal bey einer häuslichen Be- schäfftigung halb enthüllt, den schönsten klei- nen Fuß, der kaum im Gange die Erde be- rührt. -- O weh! ich bemerke, daß ich wört- lich wiederhole, was schon die abgeschmacktesten Dichter gesagt haben.
Ich lebe hier gewiß so romantisch, als es nur möglich ist; es kommt mir oft gar nicht vor, wie ein ordentliches Leben auf dieser Erde. Einen großen Theil des Tages bin ich in der kleinen Hütte, und sehe Rosalinen im kleinen Garten arbeiten; ich sehe in der Ferne Leute, die stolz vorüber fabren und reiten, und ich be- daure sie, denn sie kennen Rosalinen nicht; sie jagen mühsam nach Vergnügen, und denken nicht
ordentlich zutraulich und redſelig. Sie hat eine bezaubernde lebhafte Laune, und hat mich, wenn ich nicht ſehr irre, gern. Doch ich zweifle noch, denn in nichts in der Welt irrt man ſo leicht.
Wenn ich ein Mahler waͤre, ſchickt’ ich Ih- nen ihr Bild, und Sie ſollten dann ſelbſt ent- ſcheiden, ob ich wohl zu viel von ihr ſpreche. Wie verſteinert betracht’ ich oft die reizendſte Form, die je aus den Haͤnden der ſchaffenden Natur gieng, den ſanften, zartgewoͤlbten Bu- ſen, der ſich manchmal bey einer haͤuslichen Be- ſchaͤfftigung halb enthuͤllt, den ſchoͤnſten klei- nen Fuß, der kaum im Gange die Erde be- ruͤhrt. — O weh! ich bemerke, daß ich woͤrt- lich wiederhole, was ſchon die abgeſchmackteſten Dichter geſagt haben.
Ich lebe hier gewiß ſo romantiſch, als es nur moͤglich iſt; es kommt mir oft gar nicht vor, wie ein ordentliches Leben auf dieſer Erde. Einen großen Theil des Tages bin ich in der kleinen Huͤtte, und ſehe Roſalinen im kleinen Garten arbeiten; ich ſehe in der Ferne Leute, die ſtolz voruͤber fabren und reiten, und ich be- daure ſie, denn ſie kennen Roſalinen nicht; ſie jagen muͤhſam nach Vergnuͤgen, und denken nicht
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ordentlich zutraulich und redſelig. Sie hat eine
bezaubernde lebhafte Laune, und hat mich, wenn
ich nicht ſehr irre, gern. Doch ich zweifle noch,
denn in nichts in der Welt irrt man ſo leicht.
Wenn ich ein Mahler waͤre, ſchickt’ ich Ih-
nen ihr Bild, und Sie ſollten dann ſelbſt ent-
ſcheiden, ob ich wohl zu viel von ihr ſpreche.
Wie verſteinert betracht’ ich oft die reizendſte
Form, die je aus den Haͤnden der ſchaffenden
Natur gieng, den ſanften, zartgewoͤlbten Bu-
ſen, der ſich manchmal bey einer haͤuslichen Be-
ſchaͤfftigung halb enthuͤllt, den ſchoͤnſten klei-
nen Fuß, der kaum im Gange die Erde be-
ruͤhrt. — O weh! ich bemerke, daß ich woͤrt-
lich wiederhole, was ſchon die abgeſchmackteſten
Dichter geſagt haben.
Ich lebe hier gewiß ſo romantiſch, als es
nur moͤglich iſt; es kommt mir oft gar nicht
vor, wie ein ordentliches Leben auf dieſer Erde.
Einen großen Theil des Tages bin ich in der
kleinen Huͤtte, und ſehe Roſalinen im kleinen
Garten arbeiten; ich ſehe in der Ferne Leute,
die ſtolz voruͤber fabren und reiten, und ich be-
daure ſie, denn ſie kennen Roſalinen nicht; ſie
jagen muͤhſam nach Vergnuͤgen, und denken nicht
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/144>, abgerufen am 18.12.2024.
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