Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Da nahm ich diesen Wanderstab
Und trat die Reise an,
Stieg hier ins frische Thal hinab,
Fleh' euer Mitleid an. --
Da ging er wohl von Thür zu Thür,
Ging hier und wieder dort,
Ward abgewiesen dort und hier,
Und schlich sich weinend fort.
"Was suchst Du in der Fremde Glück?
"Wir sind Dir nicht verwandt!
"Geh, wo Du her kömmst, nur zurück,
"Bist nicht aus unserm Land. --
"Genug der Freunde leiden Noth,
"Der Landsmann sucht hier Trost,
"Für sie wächst unser schönes Brodt,
"Für sie der süße Most." --
Still und beschämt mit Ach und O!
Schlich er die Straße hin,
Da ruft es sanft: Anthonio!
Ein Mädchen winkt ihn hin.
O nimm von meiner Armuth an,
Spricht sie mit frommen Sinn,
Ich gebe was ich geben kann,
Nimm alles, alles hin.

Da nahm ich dieſen Wanderſtab
Und trat die Reiſe an,
Stieg hier ins friſche Thal hinab,
Fleh’ euer Mitleid an. —
Da ging er wohl von Thuͤr zu Thuͤr,
Ging hier und wieder dort,
Ward abgewieſen dort und hier,
Und ſchlich ſich weinend fort.
»Was ſuchſt Du in der Fremde Gluͤck?
»Wir ſind Dir nicht verwandt!
»Geh, wo Du her koͤmmſt, nur zuruͤck,
»Biſt nicht aus unſerm Land. —
»Genug der Freunde leiden Noth,
»Der Landsmann ſucht hier Troſt,
»Fuͤr ſie waͤchſt unſer ſchoͤnes Brodt,
»Fuͤr ſie der ſuͤße Moſt.« —
Still und beſchaͤmt mit Ach und O!
Schlich er die Straße hin,
Da ruft es ſanft: Anthonio!
Ein Maͤdchen winkt ihn hin.
O nimm von meiner Armuth an,
Spricht ſie mit frommen Sinn,
Ich gebe was ich geben kann,
Nimm alles, alles hin.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0175" n="169"/>
            </l>
            <lg n="4">
              <l>Da nahm ich die&#x017F;en Wander&#x017F;tab</l><lb/>
              <l>Und trat die Rei&#x017F;e an,</l><lb/>
              <l>Stieg hier ins fri&#x017F;che Thal hinab,</l><lb/>
              <l>Fleh&#x2019; euer Mitleid an. &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Da ging er wohl von Thu&#x0364;r zu Thu&#x0364;r,</l><lb/>
              <l>Ging hier und wieder dort,</l><lb/>
              <l>Ward abgewie&#x017F;en dort und hier,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;chlich &#x017F;ich weinend fort.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>»Was &#x017F;uch&#x017F;t Du in der Fremde Glu&#x0364;ck?</l><lb/>
              <l>»Wir &#x017F;ind Dir nicht verwandt!</l><lb/>
              <l>»Geh, wo Du her ko&#x0364;mm&#x017F;t, nur zuru&#x0364;ck,</l><lb/>
              <l>»Bi&#x017F;t nicht aus un&#x017F;erm Land. &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>»Genug der Freunde leiden Noth,</l><lb/>
              <l>»Der Landsmann &#x017F;ucht hier Tro&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>»Fu&#x0364;r &#x017F;ie wa&#x0364;ch&#x017F;t un&#x017F;er &#x017F;cho&#x0364;nes Brodt,</l><lb/>
              <l>»Fu&#x0364;r <choice><sic>&#x017F;te</sic><corr>&#x017F;ie</corr></choice> der &#x017F;u&#x0364;ße Mo&#x017F;t.« &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Still und be&#x017F;cha&#x0364;mt mit Ach und O!</l><lb/>
              <l>Schlich er die Straße hin,</l><lb/>
              <l>Da ruft es &#x017F;anft: Anthonio!</l><lb/>
              <l>Ein Ma&#x0364;dchen winkt ihn hin.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>O nimm von meiner Armuth an,</l><lb/>
              <l>Spricht &#x017F;ie mit frommen Sinn,</l><lb/>
              <l>Ich gebe was ich geben kann,</l><lb/>
              <l>Nimm alles, alles hin.</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0175] Da nahm ich dieſen Wanderſtab Und trat die Reiſe an, Stieg hier ins friſche Thal hinab, Fleh’ euer Mitleid an. — Da ging er wohl von Thuͤr zu Thuͤr, Ging hier und wieder dort, Ward abgewieſen dort und hier, Und ſchlich ſich weinend fort. »Was ſuchſt Du in der Fremde Gluͤck? »Wir ſind Dir nicht verwandt! »Geh, wo Du her koͤmmſt, nur zuruͤck, »Biſt nicht aus unſerm Land. — »Genug der Freunde leiden Noth, »Der Landsmann ſucht hier Troſt, »Fuͤr ſie waͤchſt unſer ſchoͤnes Brodt, »Fuͤr ſie der ſuͤße Moſt.« — Still und beſchaͤmt mit Ach und O! Schlich er die Straße hin, Da ruft es ſanft: Anthonio! Ein Maͤdchen winkt ihn hin. O nimm von meiner Armuth an, Spricht ſie mit frommen Sinn, Ich gebe was ich geben kann, Nimm alles, alles hin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/175
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/175>, abgerufen am 21.11.2024.