von Lügnern vor sich selber, so wie jene, die die herzbrechende Verse niederschreiben konnten. -- So leben wir am Ende auf einer unterhal- tenden abwechselnden Masquerade, auf der sich der am besten gefällt, der am unkenntlichsten bleibt, und lustig ist es, wenn selbst die Mas- kenhändler, unsere Geistlichen und unsere Leh- rer, von ihren eigenen Larven hintergangen werden.
Zwey Jahre nachher.
Gottlob! daß ich endlich von meinen lästi- gen Lehrern befreyet bin! Nichts als Worte und Phrasen! Ich habe bey diesem Unterricht nur die Menschen kennen gelernt, die ihn mir ertheilten, die so schwach und blöde waren, daß sie es gar nicht bemerkten, wie sie von mir und meinem Eigensinne abhingen.
Nichts kann mich so sehr aufbringen, als die Unbeholfenheit im Menschen, jene Blind- heit in der sie nicht sehen, welche Talente zu ihrem Gebote stehen, und wie Fremde ihnen plötzlich Zügel und Gebiß anlegen, und aus ei- nem freyen Thiere ein dienstbares machen.
Durch
von Luͤgnern vor ſich ſelber, ſo wie jene, die die herzbrechende Verſe niederſchreiben konnten. — So leben wir am Ende auf einer unterhal- tenden abwechſelnden Masquerade, auf der ſich der am beſten gefaͤllt, der am unkenntlichſten bleibt, und luſtig iſt es, wenn ſelbſt die Mas- kenhaͤndler, unſere Geiſtlichen und unſere Leh- rer, von ihren eigenen Larven hintergangen werden.
Zwey Jahre nachher.
Gottlob! daß ich endlich von meinen laͤſti- gen Lehrern befreyet bin! Nichts als Worte und Phraſen! Ich habe bey dieſem Unterricht nur die Menſchen kennen gelernt, die ihn mir ertheilten, die ſo ſchwach und bloͤde waren, daß ſie es gar nicht bemerkten, wie ſie von mir und meinem Eigenſinne abhingen.
Nichts kann mich ſo ſehr aufbringen, als die Unbeholfenheit im Menſchen, jene Blind- heit in der ſie nicht ſehen, welche Talente zu ihrem Gebote ſtehen, und wie Fremde ihnen ploͤtzlich Zuͤgel und Gebiß anlegen, und aus ei- nem freyen Thiere ein dienſtbares machen.
Durch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0406"n="400"/>
von Luͤgnern vor ſich ſelber, ſo wie jene, die<lb/>
die herzbrechende Verſe niederſchreiben konnten.<lb/>— So leben wir am Ende auf einer unterhal-<lb/>
tenden abwechſelnden Masquerade, auf der ſich<lb/>
der am beſten gefaͤllt, der am unkenntlichſten<lb/>
bleibt, und luſtig iſt es, wenn ſelbſt die Mas-<lb/>
kenhaͤndler, unſere Geiſtlichen und unſere Leh-<lb/>
rer, von ihren eigenen Larven hintergangen<lb/>
werden.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#right">Zwey Jahre nachher.</hi></dateline><lb/><p>Gottlob! daß ich endlich von meinen laͤſti-<lb/>
gen Lehrern befreyet bin! Nichts als Worte<lb/>
und Phraſen! Ich habe bey dieſem Unterricht<lb/>
nur die Menſchen kennen gelernt, die ihn mir<lb/>
ertheilten, die ſo ſchwach und bloͤde waren,<lb/>
daß ſie es gar nicht bemerkten, wie ſie von<lb/>
mir und meinem Eigenſinne abhingen.</p><lb/><p>Nichts kann mich ſo ſehr aufbringen, als<lb/>
die Unbeholfenheit im Menſchen, jene Blind-<lb/>
heit in der ſie nicht ſehen, welche Talente zu<lb/>
ihrem Gebote ſtehen, und wie Fremde ihnen<lb/>
ploͤtzlich Zuͤgel und Gebiß anlegen, und aus ei-<lb/>
nem freyen Thiere ein dienſtbares machen.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Durch</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[400/0406]
von Luͤgnern vor ſich ſelber, ſo wie jene, die
die herzbrechende Verſe niederſchreiben konnten.
— So leben wir am Ende auf einer unterhal-
tenden abwechſelnden Masquerade, auf der ſich
der am beſten gefaͤllt, der am unkenntlichſten
bleibt, und luſtig iſt es, wenn ſelbſt die Mas-
kenhaͤndler, unſere Geiſtlichen und unſere Leh-
rer, von ihren eigenen Larven hintergangen
werden.
Zwey Jahre nachher.
Gottlob! daß ich endlich von meinen laͤſti-
gen Lehrern befreyet bin! Nichts als Worte
und Phraſen! Ich habe bey dieſem Unterricht
nur die Menſchen kennen gelernt, die ihn mir
ertheilten, die ſo ſchwach und bloͤde waren,
daß ſie es gar nicht bemerkten, wie ſie von
mir und meinem Eigenſinne abhingen.
Nichts kann mich ſo ſehr aufbringen, als
die Unbeholfenheit im Menſchen, jene Blind-
heit in der ſie nicht ſehen, welche Talente zu
ihrem Gebote ſtehen, und wie Fremde ihnen
ploͤtzlich Zuͤgel und Gebiß anlegen, und aus ei-
nem freyen Thiere ein dienſtbares machen.
Durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/406>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.