hat mir schon in den ersten Tagen alles ver- traut, und es ist Schade daß seine Geheimnisse so unbedeutend und kindisch sind. Sein Vater ist ebenfalls ein einfältiger Mensch, aber er scheint mir doch nicht ganz zu trauen, es muß irgend etwas in meinen Mienen oder Gebehr- den liegen, was ich noch wegzuschaffen suchen muß. Unser Körper muß in allen unsern Wen- dungen mit unserer Sprache korrespondiren, und das ist dann die eigentliche Lebensart.
Freundschaft ist eines von den Worten, die im Leben am häufigsten genannt werden, und man muß eben sowohl Freunde als Kleider ha- ben, und von eben so verschiedener Art. Freun- de die mit uns spatzieren gehn, und uns Neu- igkeiten erzählen; Freunde die uns mit Leuten bekannt machen, mit denen wir gern in Con- nexion kommen möchten. Freunde die uns ge- gen andere loben, und uns Zutrauen erwerben; andere Freunde, von denen wir im gesellschaft- lichen Gespräche manches lernen, was zu wissen doch nicht unnöthig ist; Freunde die für uns schwören; Freunde die, wenn wir es so weit bringen können, und die Gelegenheit es erfor- dert, sich für uns todt schlagen lassen. Aus
hat mir ſchon in den erſten Tagen alles ver- traut, und es iſt Schade daß ſeine Geheimniſſe ſo unbedeutend und kindiſch ſind. Sein Vater iſt ebenfalls ein einfaͤltiger Menſch, aber er ſcheint mir doch nicht ganz zu trauen, es muß irgend etwas in meinen Mienen oder Gebehr- den liegen, was ich noch wegzuſchaffen ſuchen muß. Unſer Koͤrper muß in allen unſern Wen- dungen mit unſerer Sprache korreſpondiren, und das iſt dann die eigentliche Lebensart.
Freundſchaft iſt eines von den Worten, die im Leben am haͤufigſten genannt werden, und man muß eben ſowohl Freunde als Kleider ha- ben, und von eben ſo verſchiedener Art. Freun- de die mit uns ſpatzieren gehn, und uns Neu- igkeiten erzaͤhlen; Freunde die uns mit Leuten bekannt machen, mit denen wir gern in Con- nexion kommen moͤchten. Freunde die uns ge- gen andere loben, und uns Zutrauen erwerben; andere Freunde, von denen wir im geſellſchaft- lichen Geſpraͤche manches lernen, was zu wiſſen doch nicht unnoͤthig iſt; Freunde die fuͤr uns ſchwoͤren; Freunde die, wenn wir es ſo weit bringen koͤnnen, und die Gelegenheit es erfor- dert, ſich fuͤr uns todt ſchlagen laſſen. Aus
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hat mir ſchon in den erſten Tagen alles ver-
traut, und es iſt Schade daß ſeine Geheimniſſe
ſo unbedeutend und kindiſch ſind. Sein Vater
iſt ebenfalls ein einfaͤltiger Menſch, aber er
ſcheint mir doch nicht ganz zu trauen, es muß
irgend etwas in meinen Mienen oder Gebehr-
den liegen, was ich noch wegzuſchaffen ſuchen
muß. Unſer Koͤrper muß in allen unſern Wen-
dungen mit unſerer Sprache korreſpondiren,
und das iſt dann die eigentliche Lebensart.
Freundſchaft iſt eines von den Worten, die
im Leben am haͤufigſten genannt werden, und
man muß eben ſowohl Freunde als Kleider ha-
ben, und von eben ſo verſchiedener Art. Freun-
de die mit uns ſpatzieren gehn, und uns Neu-
igkeiten erzaͤhlen; Freunde die uns mit Leuten
bekannt machen, mit denen wir gern in Con-
nexion kommen moͤchten. Freunde die uns ge-
gen andere loben, und uns Zutrauen erwerben;
andere Freunde, von denen wir im geſellſchaft-
lichen Geſpraͤche manches lernen, was zu wiſſen
doch nicht unnoͤthig iſt; Freunde die fuͤr uns
ſchwoͤren; Freunde die, wenn wir es ſo weit
bringen koͤnnen, und die Gelegenheit es erfor-
dert, ſich fuͤr uns todt ſchlagen laſſen. Aus
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/413>, abgerufen am 21.11.2024.
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