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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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hat diese Armseligkeit der Tugend bemerkt und
ein Sprichwort darüber gemacht, daß der ein
Dieb bleibt, der nur einmal gestohlen hat. --
Scheint es nicht, als wenn es völlig etwas
Physisches wäre, was wir im Menschen immer
zum Geistigen erheben wollen, daß sich die Er-
scheinung durch eine einzige Umwälzung in ei-
nem einzigen Momente verlieren kann?

Ich bin darum nur wenig hintergangen,
weil ich den Betrug immer als möglich vor-
aussetzte.



Ich fühle mich sehr matt, und meine Ideen
werden schwach und unstät. Dies unnütze Buch
ist mit mir alt geworden, es läuft zu Ende,
so wie vielleicht mein Leben. Alles hat für
mich heut dunkle und melancholische Umrisse;
Lovell ist vor einem Monathe gestorben und ich
bin nicht viel älter, als er.

Ich habe nur schlecht geschlafen, und ihn
bleich und abgefallen beständig in meinen abge-
rissenen Träumen gesehn. Sein Andenken ver-
folgt mich noch nach seinem Tode und mattet
meine Kräfte ab.



hat dieſe Armſeligkeit der Tugend bemerkt und
ein Sprichwort daruͤber gemacht, daß der ein
Dieb bleibt, der nur einmal geſtohlen hat. —
Scheint es nicht, als wenn es voͤllig etwas
Phyſiſches waͤre, was wir im Menſchen immer
zum Geiſtigen erheben wollen, daß ſich die Er-
ſcheinung durch eine einzige Umwaͤlzung in ei-
nem einzigen Momente verlieren kann?

Ich bin darum nur wenig hintergangen,
weil ich den Betrug immer als moͤglich vor-
ausſetzte.



Ich fuͤhle mich ſehr matt, und meine Ideen
werden ſchwach und unſtaͤt. Dies unnuͤtze Buch
iſt mit mir alt geworden, es laͤuft zu Ende,
ſo wie vielleicht mein Leben. Alles hat fuͤr
mich heut dunkle und melancholiſche Umriſſe;
Lovell iſt vor einem Monathe geſtorben und ich
bin nicht viel aͤlter, als er.

Ich habe nur ſchlecht geſchlafen, und ihn
bleich und abgefallen beſtaͤndig in meinen abge-
riſſenen Traͤumen geſehn. Sein Andenken ver-
folgt mich noch nach ſeinem Tode und mattet
meine Kraͤfte ab.



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[426/0432] hat dieſe Armſeligkeit der Tugend bemerkt und ein Sprichwort daruͤber gemacht, daß der ein Dieb bleibt, der nur einmal geſtohlen hat. — Scheint es nicht, als wenn es voͤllig etwas Phyſiſches waͤre, was wir im Menſchen immer zum Geiſtigen erheben wollen, daß ſich die Er- ſcheinung durch eine einzige Umwaͤlzung in ei- nem einzigen Momente verlieren kann? Ich bin darum nur wenig hintergangen, weil ich den Betrug immer als moͤglich vor- ausſetzte. Ich fuͤhle mich ſehr matt, und meine Ideen werden ſchwach und unſtaͤt. Dies unnuͤtze Buch iſt mit mir alt geworden, es laͤuft zu Ende, ſo wie vielleicht mein Leben. Alles hat fuͤr mich heut dunkle und melancholiſche Umriſſe; Lovell iſt vor einem Monathe geſtorben und ich bin nicht viel aͤlter, als er. Ich habe nur ſchlecht geſchlafen, und ihn bleich und abgefallen beſtaͤndig in meinen abge- riſſenen Traͤumen geſehn. Sein Andenken ver- folgt mich noch nach ſeinem Tode und mattet meine Kraͤfte ab.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/432>, abgerufen am 24.11.2024.