meine Kälte habe ich meine Schwester von hier vertrieben; kein Mensch liebt mich, keiner fragt nach mir, alle fliehen weit von mir weg, um mich nur aus dem Gesichte zu verliehren.
Nein, Mortimer! ich will mich nie wieder so überraschen lassen. Ich will alle Menschen, ohne irgend eine Ausnahme, lieben, und mir so ihre Gegenliebe verdienen. Ach! wenn auch Schwächen und Gebrechen an ihnen sichtbar sind, sie sollen mich dadurch nicht wieder zu- rückstoßen, denn eben das sind ihre Kennzeichen daß sie Menschen und meine Brüder sind. Warum wollen wir denn auch immer die Bes- sern, und die Schlechtern von einander sondern? Können wir es mit diesen schwachen irdischen Augen? Ach! Mortimer, wenn wir sie alle lieben, so thun wir keinem Unrecht. -- Müs- sen sie nicht alle in einer kurzen Zeit sterben und in Staub zerfallen? Wir sollten uns be- ständig in Acht nehmen, keines dieser gebrech- lichen Gebilde zu verletzen. Mögen sie doch lachen und uns hassen und verfolgen; -- o! ich will lieber von Tausenden betrogen werden, als Einem Unrecht thun.
Könnt'
meine Kaͤlte habe ich meine Schweſter von hier vertrieben; kein Menſch liebt mich, keiner fragt nach mir, alle fliehen weit von mir weg, um mich nur aus dem Geſichte zu verliehren.
Nein, Mortimer! ich will mich nie wieder ſo uͤberraſchen laſſen. Ich will alle Menſchen, ohne irgend eine Ausnahme, lieben, und mir ſo ihre Gegenliebe verdienen. Ach! wenn auch Schwaͤchen und Gebrechen an ihnen ſichtbar ſind, ſie ſollen mich dadurch nicht wieder zu- ruͤckſtoßen, denn eben das ſind ihre Kennzeichen daß ſie Menſchen und meine Bruͤder ſind. Warum wollen wir denn auch immer die Beſ- ſern, und die Schlechtern von einander ſondern? Koͤnnen wir es mit dieſen ſchwachen irdiſchen Augen? Ach! Mortimer, wenn wir ſie alle lieben, ſo thun wir keinem Unrecht. — Muͤſ- ſen ſie nicht alle in einer kurzen Zeit ſterben und in Staub zerfallen? Wir ſollten uns be- ſtaͤndig in Acht nehmen, keines dieſer gebrech- lichen Gebilde zu verletzen. Moͤgen ſie doch lachen und uns haſſen und verfolgen; — o! ich will lieber von Tauſenden betrogen werden, als Einem Unrecht thun.
Koͤnnt'
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meine Kaͤlte habe ich meine Schweſter von hier
vertrieben; kein Menſch liebt mich, keiner fragt
nach mir, alle fliehen weit von mir weg, um
mich nur aus dem Geſichte zu verliehren.
Nein, Mortimer! ich will mich nie wieder
ſo uͤberraſchen laſſen. Ich will alle Menſchen,
ohne irgend eine Ausnahme, lieben, und mir
ſo ihre Gegenliebe verdienen. Ach! wenn auch
Schwaͤchen und Gebrechen an ihnen ſichtbar
ſind, ſie ſollen mich dadurch nicht wieder zu-
ruͤckſtoßen, denn eben das ſind ihre Kennzeichen
daß ſie Menſchen und meine Bruͤder ſind.
Warum wollen wir denn auch immer die Beſ-
ſern, und die Schlechtern von einander ſondern?
Koͤnnen wir es mit dieſen ſchwachen irdiſchen
Augen? Ach! Mortimer, wenn wir ſie alle
lieben, ſo thun wir keinem Unrecht. — Muͤſ-
ſen ſie nicht alle in einer kurzen Zeit ſterben
und in Staub zerfallen? Wir ſollten uns be-
ſtaͤndig in Acht nehmen, keines dieſer gebrech-
lichen Gebilde zu verletzen. Moͤgen ſie doch
lachen und uns haſſen und verfolgen; — o!
ich will lieber von Tauſenden betrogen werden,
als Einem Unrecht thun.
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/103>, abgerufen am 27.11.2024.
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