genblicke aber ward er so stark, daß ich zu er- sticken fürchtete; ich wollte das Zimmer verlas- sen, allein ich hatte die Thür schon verschlossen, und konnte jetzt in der Dunkelheit, in der Verwirrung den Schlüssel nirgends finden. Das Athmen ward mir schwer, und ich fühlte es, wie mich mein Bewußtseyn nach und nach ver- ließ. Ich rief nach Hülfe, aber meine Stimme war nur schwach. In der größten Angst öfnete ich endlich das Fenster und Dampf und Feuer- flammen fuhren mir entgegen. -- Niemand war in der Nähe, ich sah einen unvermeidlichen furchtbaren Tod vor und neben mir: ich sank ohnmächtig nieder. -- Wie in einem Wagen fühlte ich mich nun fortgeführt, eine kalte Luft wehte mich an, ich erwachte und lag unter den Bäumen vor meinem Hause. Es war finster, die Flammen erhellten die Nacht; Getümmel von Bedienten in der Ferne, und ein Unbekann- ter kniete neben mir. Ich wußte nicht, ob ich träumte, oder wachte; der Fremde, der mich gerettet hatte, schloß mich in seine Arme, -- ich bin Lovell! keuchte er mir mit erstickter Stimme entgegen. -- Mein Bewußtseyn ver- ließ mich wieder; die seltsamsten Bilder, die
genblicke aber ward er ſo ſtark, daß ich zu er- ſticken fuͤrchtete; ich wollte das Zimmer verlaſ- ſen, allein ich hatte die Thuͤr ſchon verſchloſſen, und konnte jetzt in der Dunkelheit, in der Verwirrung den Schluͤſſel nirgends finden. Das Athmen ward mir ſchwer, und ich fuͤhlte es, wie mich mein Bewußtſeyn nach und nach ver- ließ. Ich rief nach Huͤlfe, aber meine Stimme war nur ſchwach. In der groͤßten Angſt oͤfnete ich endlich das Fenſter und Dampf und Feuer- flammen fuhren mir entgegen. — Niemand war in der Naͤhe, ich ſah einen unvermeidlichen furchtbaren Tod vor und neben mir: ich ſank ohnmaͤchtig nieder. — Wie in einem Wagen fuͤhlte ich mich nun fortgefuͤhrt, eine kalte Luft wehte mich an, ich erwachte und lag unter den Baͤumen vor meinem Hauſe. Es war finſter, die Flammen erhellten die Nacht; Getuͤmmel von Bedienten in der Ferne, und ein Unbekann- ter kniete neben mir. Ich wußte nicht, ob ich traͤumte, oder wachte; der Fremde, der mich gerettet hatte, ſchloß mich in ſeine Arme, — ich bin Lovell! keuchte er mir mit erſtickter Stimme entgegen. — Mein Bewußtſeyn ver- ließ mich wieder; die ſeltſamſten Bilder, die
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genblicke aber ward er ſo ſtark, daß ich zu er-
ſticken fuͤrchtete; ich wollte das Zimmer verlaſ-
ſen, allein ich hatte die Thuͤr ſchon verſchloſſen,
und konnte jetzt in der Dunkelheit, in der
Verwirrung den Schluͤſſel nirgends finden. Das
Athmen ward mir ſchwer, und ich fuͤhlte es,
wie mich mein Bewußtſeyn nach und nach ver-
ließ. Ich rief nach Huͤlfe, aber meine Stimme
war nur ſchwach. In der groͤßten Angſt oͤfnete
ich endlich das Fenſter und Dampf und Feuer-
flammen fuhren mir entgegen. — Niemand war
in der Naͤhe, ich ſah einen unvermeidlichen
furchtbaren Tod vor und neben mir: ich ſank
ohnmaͤchtig nieder. — Wie in einem Wagen
fuͤhlte ich mich nun fortgefuͤhrt, eine kalte Luft
wehte mich an, ich erwachte und lag unter den
Baͤumen vor meinem Hauſe. Es war finſter,
die Flammen erhellten die Nacht; Getuͤmmel
von Bedienten in der Ferne, und ein Unbekann-
ter kniete neben mir. Ich wußte nicht, ob ich
traͤumte, oder wachte; der Fremde, der mich
gerettet hatte, ſchloß mich in ſeine Arme, —
ich bin Lovell! keuchte er mir mit erſtickter
Stimme entgegen. — Mein Bewußtſeyn ver-
ließ mich wieder; die ſeltſamſten Bilder, die
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/143>, abgerufen am 17.02.2025.
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