sieht dreymahl öfter in den Spiegel, wenn ihn ein Mädchen angelächelt hat, das ihn bis da- hin kalt betrachtete. -- Nach jedem Betruge glaubt der Mann, das sey nun auch das letzte Weib, das ihn hintergangen habe: er hält am folgenden Tage eine andere für vollständig tu- gendhaft, er schwört darauf, alle übrigen wären nichts werth gewesen, aber diese nur, diese sey ordentlich für ihn gebohren, dann ist er auf je- den Blick eifersüchtig, dann fängt er jedes aus- gesprochene Wort auf, damit es ja kein anders Ohr, als das seinige, beglücke. -- Ein ewiger, rastloser Kampf, beständige Disharmonie, alle Kräfte und Anlagen widersprechen sich, er will herrschen, und ist Sklave, er will lieben und haßt, Blicke lenken ihn gegen seinen Willen, er verachtet die Eitelkeit und ist selbst eitel, -- er, -- o er verdient wahrlich am Ende nicht, daß man sich die Muhe giebt, über ihn zu spre- chen! --
Wenn nun das Blut langsamer durch die Adern fließt, dann treten die Leidenschaften nach und nach in den Hintergrund zurück. Das Hirngespinnst des Stolzes besetzt den Thron al- lein. Vorher konnte der Mann nur von Wei-
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ſieht dreymahl oͤfter in den Spiegel, wenn ihn ein Maͤdchen angelaͤchelt hat, das ihn bis da- hin kalt betrachtete. — Nach jedem Betruge glaubt der Mann, das ſey nun auch das letzte Weib, das ihn hintergangen habe: er haͤlt am folgenden Tage eine andere fuͤr vollſtaͤndig tu- gendhaft, er ſchwoͤrt darauf, alle uͤbrigen waͤren nichts werth geweſen, aber dieſe nur, dieſe ſey ordentlich fuͤr ihn gebohren, dann iſt er auf je- den Blick eiferſuͤchtig, dann faͤngt er jedes aus- geſprochene Wort auf, damit es ja kein anders Ohr, als das ſeinige, begluͤcke. — Ein ewiger, raſtloſer Kampf, beſtaͤndige Disharmonie, alle Kraͤfte und Anlagen widerſprechen ſich, er will herrſchen, und iſt Sklave, er will lieben und haßt, Blicke lenken ihn gegen ſeinen Willen, er verachtet die Eitelkeit und iſt ſelbſt eitel, — er, — o er verdient wahrlich am Ende nicht, daß man ſich die Muhe giebt, uͤber ihn zu ſpre- chen! —
Wenn nun das Blut langſamer durch die Adern fließt, dann treten die Leidenſchaften nach und nach in den Hintergrund zuruͤck. Das Hirngeſpinnſt des Stolzes beſetzt den Thron al- lein. Vorher konnte der Mann nur von Wei-
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ſieht dreymahl oͤfter in den Spiegel, wenn ihn
ein Maͤdchen angelaͤchelt hat, das ihn bis da-
hin kalt betrachtete. — Nach jedem Betruge
glaubt der Mann, das ſey nun auch das letzte
Weib, das ihn hintergangen habe: er haͤlt am
folgenden Tage eine andere fuͤr vollſtaͤndig tu-
gendhaft, er ſchwoͤrt darauf, alle uͤbrigen waͤren
nichts werth geweſen, aber dieſe nur, dieſe ſey
ordentlich fuͤr ihn gebohren, dann iſt er auf je-
den Blick eiferſuͤchtig, dann faͤngt er jedes aus-
geſprochene Wort auf, damit es ja kein anders
Ohr, als das ſeinige, begluͤcke. — Ein ewiger,
raſtloſer Kampf, beſtaͤndige Disharmonie, alle
Kraͤfte und Anlagen widerſprechen ſich, er will
herrſchen, und iſt Sklave, er will lieben und
haßt, Blicke lenken ihn gegen ſeinen Willen,
er verachtet die Eitelkeit und iſt ſelbſt eitel, —
er, — o er verdient wahrlich am Ende nicht,
daß man ſich die Muhe giebt, uͤber ihn zu ſpre-
chen! —
Wenn nun das Blut langſamer durch die
Adern fließt, dann treten die Leidenſchaften
nach und nach in den Hintergrund zuruͤck. Das
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/154>, abgerufen am 21.11.2024.
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