wird vor Freude aus den Wolken fallen, sie wird sich in ihrem Glücke nicht zu finden wis- sen. Doch, das lernt sich bald, leichter als Elend, die menschliche Natur neigt mehr zum Glücke hin, und das ist auch natürlich. Ich bin aber selbst wie im Traume, denn ich flehte freilich wohl oft zu Gott um Lindrung meines Elends, aber doch nicht um so viel Freude und Ehre; dergleichen freche Gedanken sind mir nie in den Sinn gekommen. Ich glaube, daß manche Menschen schon auf dieser Welt zu En- geln werden, und zu solchen Menschen gehören Sie ganz gewiß und ohne Zweifel: solche Men- schen muß es geben, damit man an Gott und an seine Barmherzigkeit glaubt. -- Nehmen Sie meine Schreiberey nicht übel, gnädiger Herr, in der Jugend wußte ich eine Büchse gut loszuschießen, aber mich nicht in Worten gut auszudrücken, und Sie wissen, wie es geht, im Alter holt man so etwas nur selten nach: aber Sie nehmen wohl den guten Willen für die That, und ich wünschte wirklich von Her- zen, es stünde hier eine recht feine und zierliche Antwort, die Hand und Fuß hätte, wie man zu sagen pflegt, und Lebensart verriethe und
wird vor Freude aus den Wolken fallen, ſie wird ſich in ihrem Gluͤcke nicht zu finden wiſ- ſen. Doch, das lernt ſich bald, leichter als Elend, die menſchliche Natur neigt mehr zum Gluͤcke hin, und das iſt auch natuͤrlich. Ich bin aber ſelbſt wie im Traume, denn ich flehte freilich wohl oft zu Gott um Lindrung meines Elends, aber doch nicht um ſo viel Freude und Ehre; dergleichen freche Gedanken ſind mir nie in den Sinn gekommen. Ich glaube, daß manche Menſchen ſchon auf dieſer Welt zu En- geln werden, und zu ſolchen Menſchen gehoͤren Sie ganz gewiß und ohne Zweifel: ſolche Men- ſchen muß es geben, damit man an Gott und an ſeine Barmherzigkeit glaubt. — Nehmen Sie meine Schreiberey nicht uͤbel, gnaͤdiger Herr, in der Jugend wußte ich eine Buͤchſe gut loszuſchießen, aber mich nicht in Worten gut auszudruͤcken, und Sie wiſſen, wie es geht, im Alter holt man ſo etwas nur ſelten nach: aber Sie nehmen wohl den guten Willen fuͤr die That, und ich wuͤnſchte wirklich von Her- zen, es ſtuͤnde hier eine recht feine und zierliche Antwort, die Hand und Fuß haͤtte, wie man zu ſagen pflegt, und Lebensart verriethe und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0246"n="239"/>
wird vor Freude aus den Wolken fallen, ſie<lb/>
wird ſich in ihrem Gluͤcke nicht zu finden wiſ-<lb/>ſen. Doch, das lernt ſich bald, leichter als<lb/>
Elend, die menſchliche Natur neigt mehr zum<lb/>
Gluͤcke hin, und das iſt auch natuͤrlich. Ich<lb/>
bin aber ſelbſt wie im Traume, denn ich flehte<lb/>
freilich wohl oft zu Gott um Lindrung meines<lb/>
Elends, aber doch nicht um ſo viel Freude und<lb/>
Ehre; dergleichen freche Gedanken ſind mir nie<lb/>
in den Sinn gekommen. Ich glaube, daß<lb/>
manche Menſchen ſchon auf dieſer Welt zu En-<lb/>
geln werden, und zu ſolchen Menſchen gehoͤren<lb/>
Sie ganz gewiß und ohne Zweifel: ſolche Men-<lb/>ſchen muß es geben, damit man an Gott und<lb/>
an ſeine Barmherzigkeit glaubt. — Nehmen<lb/>
Sie meine Schreiberey nicht uͤbel, gnaͤdiger<lb/>
Herr, in der Jugend wußte ich eine Buͤchſe<lb/>
gut loszuſchießen, aber mich nicht in Worten<lb/>
gut auszudruͤcken, und Sie wiſſen, wie es geht,<lb/>
im Alter holt man ſo etwas nur ſelten nach:<lb/>
aber Sie nehmen wohl den guten Willen fuͤr<lb/>
die That, und ich wuͤnſchte wirklich von Her-<lb/>
zen, es ſtuͤnde hier eine recht feine und zierliche<lb/>
Antwort, die Hand und Fuß haͤtte, wie man<lb/>
zu ſagen pflegt, und Lebensart verriethe und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[239/0246]
wird vor Freude aus den Wolken fallen, ſie
wird ſich in ihrem Gluͤcke nicht zu finden wiſ-
ſen. Doch, das lernt ſich bald, leichter als
Elend, die menſchliche Natur neigt mehr zum
Gluͤcke hin, und das iſt auch natuͤrlich. Ich
bin aber ſelbſt wie im Traume, denn ich flehte
freilich wohl oft zu Gott um Lindrung meines
Elends, aber doch nicht um ſo viel Freude und
Ehre; dergleichen freche Gedanken ſind mir nie
in den Sinn gekommen. Ich glaube, daß
manche Menſchen ſchon auf dieſer Welt zu En-
geln werden, und zu ſolchen Menſchen gehoͤren
Sie ganz gewiß und ohne Zweifel: ſolche Men-
ſchen muß es geben, damit man an Gott und
an ſeine Barmherzigkeit glaubt. — Nehmen
Sie meine Schreiberey nicht uͤbel, gnaͤdiger
Herr, in der Jugend wußte ich eine Buͤchſe
gut loszuſchießen, aber mich nicht in Worten
gut auszudruͤcken, und Sie wiſſen, wie es geht,
im Alter holt man ſo etwas nur ſelten nach:
aber Sie nehmen wohl den guten Willen fuͤr
die That, und ich wuͤnſchte wirklich von Her-
zen, es ſtuͤnde hier eine recht feine und zierliche
Antwort, die Hand und Fuß haͤtte, wie man
zu ſagen pflegt, und Lebensart verriethe und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/246>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.