res Feuer aufloderte. Ich sah' es, wie er nach meinem Blute lechzte, er sprach den Namen Emilie aus und stürzte wie ein wildes Thier auf mich ein. -- Ich konnte seinen Blick nicht aushalten, er zwang mich unwiderstehlich zu entfliehn: ich hörte ihn hinter mir, indem er gräßliche Flüche ausstieß; mein Haar stand em- por, das Pferd lief mir immer noch nicht schnell genug, eine unbeschreibliche Angst drängte mich vorwärts und ich spornte unbarmherzig das Thier. -- Meine beyden Gefährten waren weit zurück, und als ich mich nachher noch einmal umsah, war auch Wilmont verschwun- den. --
Wo ist er geblieben? -- Soll ich nun nach Rom kommen, soll ich nach Frankreich zurückkehren? Wo bin ich vor diesem Ver- zweifelten sicher? Aller Muth, der mir sonst zu Gebote steht, verläßt mich, wenn ich an ihn denke. Er kömmt, um mich zu suchen; -- und wenn er mich nun findet? -- Wie vermag ich's, ihm Stand zu halten? --
Tausend Zweifel peinigen mich. Verdammt sey diese Unentschlossenheit!
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res Feuer aufloderte. Ich ſah' es, wie er nach meinem Blute lechzte, er ſprach den Namen Emilie aus und ſtuͤrzte wie ein wildes Thier auf mich ein. — Ich konnte ſeinen Blick nicht aushalten, er zwang mich unwiderſtehlich zu entfliehn: ich hoͤrte ihn hinter mir, indem er graͤßliche Fluͤche ausſtieß; mein Haar ſtand em- por, das Pferd lief mir immer noch nicht ſchnell genug, eine unbeſchreibliche Angſt draͤngte mich vorwaͤrts und ich ſpornte unbarmherzig das Thier. — Meine beyden Gefaͤhrten waren weit zuruͤck, und als ich mich nachher noch einmal umſah, war auch Wilmont verſchwun- den. —
Wo iſt er geblieben? — Soll ich nun nach Rom kommen, ſoll ich nach Frankreich zuruͤckkehren? Wo bin ich vor dieſem Ver- zweifelten ſicher? Aller Muth, der mir ſonſt zu Gebote ſteht, verlaͤßt mich, wenn ich an ihn denke. Er koͤmmt, um mich zu ſuchen; — und wenn er mich nun findet? — Wie vermag ich's, ihm Stand zu halten? —
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res Feuer aufloderte. Ich ſah' es, wie er nach
meinem Blute lechzte, er ſprach den Namen
Emilie aus und ſtuͤrzte wie ein wildes Thier
auf mich ein. — Ich konnte ſeinen Blick nicht
aushalten, er zwang mich unwiderſtehlich zu
entfliehn: ich hoͤrte ihn hinter mir, indem er
graͤßliche Fluͤche ausſtieß; mein Haar ſtand em-
por, das Pferd lief mir immer noch nicht
ſchnell genug, eine unbeſchreibliche Angſt draͤngte
mich vorwaͤrts und ich ſpornte unbarmherzig
das Thier. — Meine beyden Gefaͤhrten waren
weit zuruͤck, und als ich mich nachher noch
einmal umſah, war auch Wilmont verſchwun-
den. —
Wo iſt er geblieben? — Soll ich nun
nach Rom kommen, ſoll ich nach Frankreich
zuruͤckkehren? Wo bin ich vor dieſem Ver-
zweifelten ſicher? Aller Muth, der mir ſonſt
zu Gebote ſteht, verlaͤßt mich, wenn ich an
ihn denke. Er koͤmmt, um mich zu ſuchen; —
und wenn er mich nun findet? — Wie vermag
ich's, ihm Stand zu halten? —
Tauſend Zweifel peinigen mich. Verdammt
ſey dieſe Unentſchloſſenheit!
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/314>, abgerufen am 21.11.2024.
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