Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

vertraut, so ist man auch an diese Ueberraschun-
gen so gewöhnt, daß man am Ende nicht mehr
in die Versuchung fällt, sich für vortreflich zu
halten, und -- seltsam! -- eben in dieser
Lage ist man vielleicht am besten. Im Grunde
sind überhaupt die Menschen immer gut, man
sollte sich nicht anmaßen, über die feinen
Nuancen und Schattirungen ein Urtheil zu
sprechen, denn indem mir die eine Thorheit
anklebt, muß ich nothwendig eine andre falsch
beurtheilen, und durch Thorheit sind doch Men-
schen den Menschen verwandt, und man sollte
nicht immer selbst soviel von den Familienfeh-
lern sprechen. -- Leben Sie recht wohl.


vertraut, ſo iſt man auch an dieſe Ueberraſchun-
gen ſo gewoͤhnt, daß man am Ende nicht mehr
in die Verſuchung faͤllt, ſich fuͤr vortreflich zu
halten, und — ſeltſam! — eben in dieſer
Lage iſt man vielleicht am beſten. Im Grunde
ſind uͤberhaupt die Menſchen immer gut, man
ſollte ſich nicht anmaßen, uͤber die feinen
Nuancen und Schattirungen ein Urtheil zu
ſprechen, denn indem mir die eine Thorheit
anklebt, muß ich nothwendig eine andre falſch
beurtheilen, und durch Thorheit ſind doch Men-
ſchen den Menſchen verwandt, und man ſollte
nicht immer ſelbſt ſoviel von den Familienfeh-
lern ſprechen. — Leben Sie recht wohl.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0324" n="317"/>
vertraut, &#x017F;o i&#x017F;t man auch an die&#x017F;e Ueberra&#x017F;chun-<lb/>
gen &#x017F;o gewo&#x0364;hnt, daß man am Ende nicht mehr<lb/>
in die Ver&#x017F;uchung fa&#x0364;llt, &#x017F;ich fu&#x0364;r vortreflich zu<lb/>
halten, und &#x2014; &#x017F;elt&#x017F;am! &#x2014; eben in die&#x017F;er<lb/>
Lage i&#x017F;t man vielleicht am be&#x017F;ten. Im Grunde<lb/>
&#x017F;ind u&#x0364;berhaupt die Men&#x017F;chen immer gut, man<lb/>
&#x017F;ollte &#x017F;ich nicht anmaßen, u&#x0364;ber die feinen<lb/>
Nuancen und Schattirungen ein Urtheil zu<lb/>
&#x017F;prechen, denn indem mir die eine Thorheit<lb/>
anklebt, muß ich nothwendig eine andre fal&#x017F;ch<lb/>
beurtheilen, und durch Thorheit &#x017F;ind doch Men-<lb/>
&#x017F;chen den Men&#x017F;chen verwandt, und man &#x017F;ollte<lb/>
nicht immer &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;oviel von den Familienfeh-<lb/>
lern &#x017F;prechen. &#x2014; Leben Sie recht wohl.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0324] vertraut, ſo iſt man auch an dieſe Ueberraſchun- gen ſo gewoͤhnt, daß man am Ende nicht mehr in die Verſuchung faͤllt, ſich fuͤr vortreflich zu halten, und — ſeltſam! — eben in dieſer Lage iſt man vielleicht am beſten. Im Grunde ſind uͤberhaupt die Menſchen immer gut, man ſollte ſich nicht anmaßen, uͤber die feinen Nuancen und Schattirungen ein Urtheil zu ſprechen, denn indem mir die eine Thorheit anklebt, muß ich nothwendig eine andre falſch beurtheilen, und durch Thorheit ſind doch Men- ſchen den Menſchen verwandt, und man ſollte nicht immer ſelbſt ſoviel von den Familienfeh- lern ſprechen. — Leben Sie recht wohl.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/324
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/324>, abgerufen am 22.11.2024.