sich vor ihnen entsetzen, jeder simple Bauer, der auf dem Felde arbeitet und nachher ein Weib nimmt, ist mir bey weitem ehrwürdiger. Muß denn alles am Menschen schwülstig und aufgedunsen seyn? Will keiner den Weg zu jener Simplicität gehn, die den Menschen zum wahren Menschen macht, und zwar aus [k]einer andern Ursache, als weil uns dieser Weg zu sehr vor den Füßen liegt? Es ist sehr schlimm, daß der feinere Verstand gewöhnlich nur dazu dient, die Einfalt zu verachten, statt daß wir lieber den Versuch machen sollten, ob wir nicht auf einem bessern Wege zu denselben Resultaten kommen könnten. Es ist ein ewiger Streit im ganzen menschlichen Geschlechte, und keiner weiß genau, was er von dem andern verlangt; die Menschen stehn sich wie zwey gedungene Heere gegenüber, die sich einander bekämpfen, ohne daß einer den andern kennt. Ich will dies ganze Leben aufgeben, ich will mich mit mir selbst und mit meinem Verstande zur Ruhe setzen, so weit es sich thun läßt; ich bin es überdrüßig, unnütze Reisen hin und her zu machen. -- Mag mein Leben doch recht pro- saisch weiter laufen, dieser Zweifel soll mich
ſich vor ihnen entſetzen, jeder ſimple Bauer, der auf dem Felde arbeitet und nachher ein Weib nimmt, iſt mir bey weitem ehrwuͤrdiger. Muß denn alles am Menſchen ſchwuͤlſtig und aufgedunſen ſeyn? Will keiner den Weg zu jener Simplicitaͤt gehn, die den Menſchen zum wahren Menſchen macht, und zwar aus [k]einer andern Urſache, als weil uns dieſer Weg zu ſehr vor den Fuͤßen liegt? Es iſt ſehr ſchlimm, daß der feinere Verſtand gewoͤhnlich nur dazu dient, die Einfalt zu verachten, ſtatt daß wir lieber den Verſuch machen ſollten, ob wir nicht auf einem beſſern Wege zu denſelben Reſultaten kommen koͤnnten. Es iſt ein ewiger Streit im ganzen menſchlichen Geſchlechte, und keiner weiß genau, was er von dem andern verlangt; die Menſchen ſtehn ſich wie zwey gedungene Heere gegenuͤber, die ſich einander bekaͤmpfen, ohne daß einer den andern kennt. Ich will dies ganze Leben aufgeben, ich will mich mit mir ſelbſt und mit meinem Verſtande zur Ruhe ſetzen, ſo weit es ſich thun laͤßt; ich bin es uͤberdruͤßig, unnuͤtze Reiſen hin und her zu machen. — Mag mein Leben doch recht pro- ſaiſch weiter laufen, dieſer Zweifel ſoll mich
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ſich vor ihnen entſetzen, jeder ſimple Bauer,
der auf dem Felde arbeitet und nachher ein
Weib nimmt, iſt mir bey weitem ehrwuͤrdiger.
Muß denn alles am Menſchen ſchwuͤlſtig und
aufgedunſen ſeyn? Will keiner den Weg zu
jener Simplicitaͤt gehn, die den Menſchen zum
wahren Menſchen macht, und zwar aus keiner
andern Urſache, als weil uns dieſer Weg zu
ſehr vor den Fuͤßen liegt? Es iſt ſehr ſchlimm,
daß der feinere Verſtand gewoͤhnlich nur dazu
dient, die Einfalt zu verachten, ſtatt daß wir
lieber den Verſuch machen ſollten, ob wir nicht
auf einem beſſern Wege zu denſelben Reſultaten
kommen koͤnnten. Es iſt ein ewiger Streit im
ganzen menſchlichen Geſchlechte, und keiner
weiß genau, was er von dem andern verlangt;
die Menſchen ſtehn ſich wie zwey gedungene
Heere gegenuͤber, die ſich einander bekaͤmpfen,
ohne daß einer den andern kennt. Ich will
dies ganze Leben aufgeben, ich will mich mit
mir ſelbſt und mit meinem Verſtande zur Ruhe
ſetzen, ſo weit es ſich thun laͤßt; ich bin es
uͤberdruͤßig, unnuͤtze Reiſen hin und her zu
machen. — Mag mein Leben doch recht pro-
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/364>, abgerufen am 22.11.2024.
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