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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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seinen Körper nicht empfindet; und wahrhaft
glücklich ist man nur dann, wenn man gar nicht
weiß, daß man glücklich ist.

Betty ist immer wohl und vergnügt; ich
glaube, sie ist jetzt schwanger. Wir werden
in die stilleren Freuden des Lebens einge-
weiht und die Zukunft zeigt uns aus der Ferne
ein großes, bis oben angefülltes Fruchthorn.
Das Schicksal scheint jetzt immer freundlich
gegen uns zu bleiben und wir machen daher
auch dem Schicksale ein freundliches Gesicht.
Mehr kann offenbar von beyden Partheyen nicht
verlangt werden.

Die Freude meines Schwiegervaters macht
mich oft sehr fröhlich und erfüllt mein Herz
mit einer milden, warmen Menschenfreundlich-
keit. Der Anblick von glücklichen Menschen
bessert uns eben so gut, ja vielleicht noch schö-
ner, als der von unglückseeligen; man kann
nichts anders als Wohlwollen empfinden, wenn
man Gesichter gegenüber sieht, bey denen sich
in jeder Thorheit, in jeder kleinen Eitelkeit das
heiterste und wohlwollendste Gemüth abspiegelt.
Wer wollte da auf die Schwächen der Menschen
zürnen, wer seine Feder schärfen, um etwas

ſeinen Koͤrper nicht empfindet; und wahrhaft
gluͤcklich iſt man nur dann, wenn man gar nicht
weiß, daß man gluͤcklich iſt.

Betty iſt immer wohl und vergnuͤgt; ich
glaube, ſie iſt jetzt ſchwanger. Wir werden
in die ſtilleren Freuden des Lebens einge-
weiht und die Zukunft zeigt uns aus der Ferne
ein großes, bis oben angefuͤlltes Fruchthorn.
Das Schickſal ſcheint jetzt immer freundlich
gegen uns zu bleiben und wir machen daher
auch dem Schickſale ein freundliches Geſicht.
Mehr kann offenbar von beyden Partheyen nicht
verlangt werden.

Die Freude meines Schwiegervaters macht
mich oft ſehr froͤhlich und erfuͤllt mein Herz
mit einer milden, warmen Menſchenfreundlich-
keit. Der Anblick von gluͤcklichen Menſchen
beſſert uns eben ſo gut, ja vielleicht noch ſchoͤ-
ner, als der von ungluͤckſeeligen; man kann
nichts anders als Wohlwollen empfinden, wenn
man Geſichter gegenuͤber ſieht, bey denen ſich
in jeder Thorheit, in jeder kleinen Eitelkeit das
heiterſte und wohlwollendſte Gemuͤth abſpiegelt.
Wer wollte da auf die Schwaͤchen der Menſchen
zuͤrnen, wer ſeine Feder ſchaͤrfen, um etwas

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[373/0380] ſeinen Koͤrper nicht empfindet; und wahrhaft gluͤcklich iſt man nur dann, wenn man gar nicht weiß, daß man gluͤcklich iſt. Betty iſt immer wohl und vergnuͤgt; ich glaube, ſie iſt jetzt ſchwanger. Wir werden in die ſtilleren Freuden des Lebens einge- weiht und die Zukunft zeigt uns aus der Ferne ein großes, bis oben angefuͤlltes Fruchthorn. Das Schickſal ſcheint jetzt immer freundlich gegen uns zu bleiben und wir machen daher auch dem Schickſale ein freundliches Geſicht. Mehr kann offenbar von beyden Partheyen nicht verlangt werden. Die Freude meines Schwiegervaters macht mich oft ſehr froͤhlich und erfuͤllt mein Herz mit einer milden, warmen Menſchenfreundlich- keit. Der Anblick von gluͤcklichen Menſchen beſſert uns eben ſo gut, ja vielleicht noch ſchoͤ- ner, als der von ungluͤckſeeligen; man kann nichts anders als Wohlwollen empfinden, wenn man Geſichter gegenuͤber ſieht, bey denen ſich in jeder Thorheit, in jeder kleinen Eitelkeit das heiterſte und wohlwollendſte Gemuͤth abſpiegelt. Wer wollte da auf die Schwaͤchen der Menſchen zuͤrnen, wer ſeine Feder ſchaͤrfen, um etwas

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/380>, abgerufen am 22.11.2024.